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Australien, Neuseeland samt einiger Zwischenlandungen 2019

 

So, 1. September

Das Taxi zum Flughafen holt uns um 7h.

Zunächst fliegen wir nach Belgrad, mit der Air Serbia. Das Flugzeug ist eine kleine Propellermaschine. Ob da unsere großen Koffer überhaupt drin Platz haben?

Nach dieser kurzen Zwischenlandung geht es weiter nach Abu Dhabi, wo wir um 18h ankommen, Lokal Time: 20h. Es ist schon ganz finster.

Beim Zoll gibt es eine Überraschung. Wir dürfen die Drohne nicht einführen. Wir haben uns extra eine ganz kleine für den Koffer gekauft. Hier wollten wir sie ohnehin nicht verwenden, aber in Australien und Neuseeland erhoffen wir uns schöne Aufnahmen. Jedenfalls müssen wir sie dort lassen. Sie wird per Cargo nach Dubai transportiert. Dort können wir sie uns, wenn wir nach Singapur weiterfliegen, abholen. Ob wir dort damit willkommen sein werden?

Bei dem ganzen Papierkram werden wir von den freundlichen Beamten mit Pralinen verwöhnt.

Das Flugzeug war so stark herunter gekühlt, dass wir uns in Decken gehüllt haben. Beim Aussteigen schlägt uns dann die Hitze entgegen, 45°. Es ist wie im Backofen. Im Taxi bläst es dafür wieder aus allen Fugen eisig heraus. Da kann man nur hoffen, dass wir uns nicht verkühlen.

 

Mo, 2. September

Wir haben sehr gut geschlafen. Schließlich hat unser Hotel ja auch Klimaanlage.

Die zwei Stunden Zeitverschiebung haben wir locker weggesteckt.

Das Frühstücksbuffet ist sehr vielfältig und reichhaltig.

Danach suchen wir uns die Abfahrtsstelle des Hop-on Hop-off Busses. Wir geben uns die ganze Tour.

ABU DHABI, „der Vater der Gazelle“ liegt am Fußrist des arabischen Stiefels. Die Stadt ist die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Ihren Kern mit über 1,5 Millionen Einwohnern bildet eine 70 km2 große Insel im Persischen Golf, im Mangrovengürtel. Mit einigen Brücken ist sie mit dem Festland verbunden. Die moderne Skyline mit den Wolkenkratzern aus Glas ist sehr beeindruckend. Der höchste ist The Landmark von César Pelli mit einer Höhe von 324 Metern.

Das einzige alte Gebäude der Stadt ist die Festung Qasr Al Hosn. Sie ist etwa 200 Jahre alt. Alles andere wurde erst ab 1960 erbaut.

Die Hauptinsel ist von einem Kranz kleinerer - teilweise künstlich aufgeschütteter - Inseln umgeben, auf denen immer noch heftig gebaut wird. Luxushotels, Restaurants, Einkaufszentren, Galerien, Sportpaläste, Golfplätze, Freizeitzentren, Yachthäfen und Vergnügungsparks, z.B. die gigantische Ferrari World, wachsen mit erstaunlicher Geschwindigkeit aus dem Sandboden. Auch eine Formel-1-Rennstrecke darf natürlich nicht fehlen.

Die Stimme in unseren Ohrhörern spricht nur von Superlativen.

Einer davon ist unbestritten die riesige Scheich-Zayid-Moschee - benannt nach dem Staatsgründer - mit ihrem riesigen Perserteppich und dem riesigen Kristallkronleuchter von Swarovski. Sie bietet Platz für 41.000 Gläubige. Sie ist aus weißem Marmor gebaut. In den marmornen Fußboden des Innenhofs sind riesigen Blumenmustern aus Halbedelsteinen eingearbeitet. Die Hauptkuppel ist die höchste Moscheekuppel der Welt.

Bevor ich das alles allerdings bewundern darf, muss ich mir einen äußerst kleidsamen ;-) Kaftan mit Kapuze überwerfen. Klaus bleibt unbehelligt.

Alles hier ist prächtig, vieles sogar sehr schön. Und doch werde ich nicht warm. „Gigantomanisch“, kommt mir in den Sinn, und in ihrer Buntheit ein klein wenig „Micky Maus“. Dass man sich hier ins Gebet versenken möchte, erscheint mir mehr als unwahrscheinlich. Der Besuch hat sich aber auf jedem Fall gelohnt.

Das Heritage Village hätten wir uns allerdings schenken können. Außer zwei traditionellen Schilfhütten bietet es nur Souvenirstände. Immerhin können wir hier unsere Zehen in den -sehr warmen - Persischen Golf stecken.

An der, dem offenen Meer zugewandten, nordwestlichen Flanke der Insel befindet sich die ca. 8 km lange Corniche, an der seit 2003 weiter Land gewonnen wurde. Hier kann man nett flanieren oder Rad fahren, und es gibt Cafés, Badestrände und Kinderspielplätze.

Nun fahren wir an naturbelassenen Östlichen Mangrovenwäldern entlang- auf einer mehrspurigen Straße, mitten im Häuserdschungel. Gleich hinter dem üppigen Grün erheben sich die Hochhäuser. Es ist irgendwie unwirklich. Aber zweifellos sind diese Küstenwälder sehr gut für die Umwelt und das Klima. Außerdem schützen sie die Küste vor Wellen und Meeresströmungen, und dämmen so die Küstenerosion ein. Inmitten von Wolkenkratzern sind sie ein Paradies für Vögel und Meereslebewesen. 

Immer wieder vergessen wir fast, dass wir uns eigentlich mitten in der Wüste befinden. Die vielen Palmen, Parks und Grünanlagen werden täglich mit Unmengen von entsalztem Meerwasser gegossen. Allerdings sind alle abgestellten Fahrzeuge mit einer Sandschicht überzogen, und auch die Hitze gibt uns deutlich darüber Auskunft, wo wir uns befinden. Der Wüstensturm macht sie zwar einerseits etwas erträglicher. Andererseits hat das Ganze dadurch etwas von Sauna mit Wacheln. Das aride subtropische Klima beschert im Sommer bis zu 48° und im Winter bis zu 24°.

Die VAE bestehen aus sieben Emiraten, die sich 1971 zu einem Staat zusammengeschlossen haben. Abu Dhabi ist das größte, Dubai das zweitgrößte und das kommerzielle Zentrum. Die ganzen VAE haben mittlerweile 4 Millionen Einwohner.

Vorher waren die Emirate britische Protektorate. Hier trieben nämlich die Piraten ihr Unwesen. Ansonsten lebten einige Perlentaucher und Dattelfarmer auf den Inseln, und einige Schilf- oder Lehmhütten standen rum. Unglaublich, dass das vor knapp 50 Jahren noch so war. 

Bis in die 1930er-Jahre war der Handel mit Perlen die Haupteinnahmequelle. Dann liefen ihnen die billigeren Zuchtperlen den Rang ab, und ein wirtschaftlicher Niedergang begann.

Dann allerdings wurde Öl gefunden...

Was ich in der Stadt lustig finde, sind die vielen wohlbekannten Logos, die hier mit arabischen Schriftzeichen geschrieben werden. Mit ein wenig Rätselraten erkennen wir Coca Cola, Burger King, Subway, IKEA, usw. Das „M“ von McDonalds ist ja ohnehin unverkennbar. Und wieder einmal suchen wir hier Zuflucht- ausschließlich zu seinem Internet, versteht sich. 

Erfreulicherweise ist sehr vieles auch auf Englisch angeschrieben.

Man sieht viele Frauen mit Kopftuch und Kaftan. Einige sind auch ganz verschleiert. Aber gar nicht wenige sind westlich gekleidet. Viele Männer tragen ein weißes bodenlanges Hemd, die Dschallabija, und auf dem Kopf die Kufiya, ein weißes Kopftuch mit schwarzer Kordel. So sehen sie allesamt aus wie Scheichs. Die jungen Burschen laufen meist in Jeans und T-Shirt herum.

Wir haben jedenfalls für heute genug. Völlig durchgeschwitzt nehmen wir uns ein Taxi nach Hause. Klaus, das Schanierl, entdeckt, wo man das Eisgebläse abstellen kann. 

Wir sind so froh, wieder in unserem Zimmer und frisch geduscht zu sein. Wir wollen nicht nochmals hinaus in die Hitze. Also gönnen wir uns zum ersten Mal in unserem Leben Zimmerservice fürs Abendessen- so wie man das aus Filmen kennt. Wir speisen köstlich am weiß gedeckten Servierwagerl.

 

Di, 3. September

Heute wartet das Highlight unseres Wüstenbesuchs auf uns, der Louvre Abu Dhabi. Die große Kuppel haben wir ja schon gestern gesehen.

Wir warten und warten auf den Bus- im klimatisierten Wartehäuschen. Åber er kummt net. Allerdings kummt ein Taxi. Das leisten wir uns.

Das Museum ist natürlich auch riesengroß. 55 neben- und übereinander angeordnete weiße Quaderbauten stehen im Wasser, und alles wird von einer Ornamentkuppel von 180 m2 gekrönt. Sie besteht aus einem achtlagigen Netz aus sternförmigen Metallprofilen, durch dessen Aussparungen die Sonne scheint. Das soll an die mit Flechtwerken gedeckten Gassen eines orientalischen Basars erinnern. Die Kuppel scheint über dem Wasser zu schweben. Da hat sich der französische Architekt Jean Nouvel wirklich etwas einfallen lassen. 2017 wurde der Bau fertiggestellt.

Wir bewundern Kunstwerke verschiedener Art, Epochen und Herkunft. Wir machen also eine Art Zeitreise durch die Mannigfaltigkeit menschlicher Kreativität und Kunstfertigkeit. 

Laut Flyer versteht sich die Sammlung als ein Universalmuseum. Die ausgestellten Kunstwerke sollen kreativen Fäden offenbaren, die verschiedene Kulturen über Jahrtausende hinweg umspannen und verbinden.

Zu einem vorgegeben Thema sind jeweils Werke aus der ganzen Welt aus verschiedenen Zeitepochen ausgestellt. Der Bogen spannt sich von der Urgeschichte bis zur Moderne.

Z.B. sehen wir zum Thema „Mutterschaft“ eine Madonna aus dem 14. Jhd., eine ägyptische Isis mit dem Horusknaben und eine Mutterdarstellung aus dem Kongo.

Weitere Themen sind z.B. Goldmasken, Keramik, Münzen, usw.

Sehr interessant finde ich die Gegenüberstellung von Kleidung, die im 17. Jhd. in verschiedenen Weltgegenden getragen wurde. Es sind Kulturen dabei, von denen wir noch nie etwas gehört haben.

Das alles wird anhand von Kunstwerken veranschaulicht.

Es soll der Fokus darauf gelegt werden, was uns alle verbindet.

Diese Art von Ausstellung haben wir noch nie gesehen, und es gefällt uns sehr gut.

Hier drin ist es richtig kalt. Klaus prägt den Ausdruck der „gut gekühlten Kunst“. Ich hole mir zwischendurch Jacke und Socken aus meinem Rucksack, den ich in der Garderobe abgeben musste.

In der Cafeteria gönnen wir uns einen Salat, und danach nehmen wir den Bus zum Flughafen, um nach unserer Drohne zu sehen.

Die vorderen Plätze in den öffentlichen Bussen sind übrigens nur für Frauen reserviert.

Auch auf dem Flughafen gibt es eigene Wartezonen für Frauen.

Unser Drohnenabenteuer ist noch nicht zu Ende. Man hat uns beim Zoll ja aufgetragen, heute wieder zu kommen, um den Weitertransport des Geräts klar zu machen. Nun schickt man uns zum Cargo-Terminal. Der Chef der Cargo-Firma ist sehr nett und hilfsbereit. Er ist einverstanden, die Drohne nach Sydney zu schicken, um nicht in Singapur wieder Probleme mit ihr zu haben. Es könnte sich allerdings die Security quer stellen, und deren oberster Chef hat bereits Feierabend. Wir sollen also morgen um 9h wieder kommen. Da müssen wir früh aufstehen, weil der Weg zum Flughafen ziemlich weit ist. Zwischendurch haben wir schon überlegt, dass sie sich das Graffel sonst wohin schieben sollen. Aber wir wollen dem Ganzen nun doch noch eine Chance geben. Jedenfalls verbuchen wir die Geschichte zu unseren Reiseabenteuern und interessanten Erfahrungen.

 

Mi, 4. September

Um 9h sitzen wir wieder im Chefbüro des Cargo-Terminals. Wieder versuchen uns die sehr freundlichen Mitarbeiter zu helfen. Aber nach mehreren Stunden stellt sich schließlich heraus, dass unsere Drohne nur dorthin zurückgeschickt werden kann, von wo wir eingereist sind, also nach Belgrad. Wir hauen endgültig den Hut drauf. Irgendwie fühlen wir un schon ein wenig hilflos, den Behörden ausgeliefert. Das gute Stück war ganz neu. Wir haben es noch nie benutzt.

Wir machen einen Haken hinter den tragischen Ausgang der Drohnentrilogie und setzen uns in den Bus nach Norden. 

Zwei Stunden später kommen wir in DUBAI an. Die Stadt gefällt uns auf Anhieb besser als Abu Dhabi.

Die Hochhäuser scheinen hier allerdings noch dichter zu stehen, ein Glaspalast neben dem anderen. Da toben sie sich richtig aus. Denn es wird noch immer weiter gebaut. Auf den Baustellen wird Tag und Nacht gearbeitet.

Einige dieser Wolkenkratzer sind schon etwas älter und zeigen ein ansprechendes Farbenspiel. Gleich einer der ersten, den wir zu Gesicht bekommen ist der hellblaue, segelförmige Burj al Arab. Es ist schon allein wegen seiner ausgesetzten Lage auf einer kleinen Insel das Wahrzeichen der Stadt.

Wir ruhen uns ein wenig im Zimmer aus und machen dann einen Abendspaziergang. Die beleuchtete Stadt macht für den Fotografen Klaus ordentlich was her.

Das Museum of The Future, das unmittelbar vor unserem Hotel steht, hat seinen Namen leider zu Recht. Man kann es nämlich erst in der Zukunft besuchen. Es ist noch nicht fertig. Schade, es hätte uns sehr interessiert. Was man bereits sehen kann, sieht toll aus. Den Architekten fällt ja doch immer  wieder was Neues ein. Sehr ungewöhnlich ist seine elliptische Form mit seitlich versetzter Öffnung- inspiriert von Feng Shui. Das Gebäude ist mit arabischen Schriftzeichen übersät, die zugleich die Fenster sind. Der Bau ist schon ziemlich weit fortgeschritten, aber eben noch nicht ganz vollendet.

Wir nehmen die U-Bahn zum dünnen, spitzen Burj Khalifa, dem höchstes Gebäude der Welt. Es ist 828m hoch. Beim Aussteigen können wir gar nicht umhin, durch die riesige Dubai Mall zu gehen, bevor man die Station wieder verlassen kann. Immerhin nennt sie sich „Customers Happiness Center“. Alles ist hell erleuchtet, und die Musikberieselung ist allgegenwärtig. Zu jeder halben Stunde kann man eine Springbrunnen- und Lichtershow vor dem Turm bewundern. Das Alles hier erinnert mich frappant an Las Vegas- künstlich romantisch.

Hier im Freien ist es immer noch sehr heiß. Die eisgekühlte U-Bahn bringt uns nach Hause ins kühle Hotel. In unserem Zimmer haben wir die Steuerung der Klimaanlage ja selbst in der Hand. 

 

Do, 5. September

Nach dem Frühstück fahren wir mit U-Bahn und Taxi zum Burj al Arab, dem Wahrzeichen von Dubai. Es steht auf einer kleinen Insel, und weil es die Form eines Segels hat, erinnert es an eine Yacht. Ein 7-Sterne-Hotel ist darin untergebracht. Ich wusste gar nicht, dass es das gibt. Unsere „bescheidene“ Unterkunft bringt es „nur“ auf 4 Sterne.

Weitere Wahrzeichen von Dubai sind die vorgelagerten künstlichen Inseln, die dicht mit Strandhotels bebaut sind. Zwei haben die Form einer Palme und eine Inselgruppe soll die Weltkugel darstellen. Die speziellen Formen könnte man aber nur aus der Luft erkennen.

Wir kehren in unser mittelhohes Hotel zurück- es hat nur 49 Stockwerke - machen noch etwas Bildschirmarbeit und fahren am Nachmittag zum Flughafen, wo wir uns mit unseren E-Books gemütlich bei Starbucks niederlassen. Zwischendurch erfüllt der Ruf des Muezzins die Airport-Hallen, so wie wir ihn ja auch in Malls und U-Bahn-Stationen gehört haben.

Unser Flugzeug nach Singapur hebt um 20h pünktlich ab.

Abschließend zu unserem Abstecher in die VAE möchte ich noch bemerken, dass die Leute hier üblicherweise sehr freundlich und höflich sind. Hotels, Restaurants Geschäfte haben sehr viele äußerst eilfertige Angestellte. Und es ist ein sehr sauberes und sicheres Land.

Klaus meint übrigens, dass die italienischen Sportwägen fast ausschließlich für den  hiesigen Markt produziert werden ;-). Lamborghinis sehen wir erstaunlich oft, und Mercedes sowieso.

 

Fr, 6. September

SINGAPUR, der Stadtstaat südlich von Malaysia hat ca. 5,6 Mio Einwohner. Er ist ein globales Finanzzentrum mit multikultureller Bevölkerung. Chinesen, Malaien und Inder haben den größten Bevölkerungsanteil. Es wird vor allem Englisch gesprochen, und das ist auch die Unterrichtssprache an den Schulen. Aber auch Chinesisch, Malaiisch und Tamil sind Amtssprachen. Im Alltag werden die Sprachen oft miteinander vermischt. Man spricht „Singlisch“. Singapur ist also ein „Schmelztiegel“ der Kulturen- kein Wunder bei der Hitze.

Man merkt sofort, dass wir uns ganz in der Nähe des Äquators befinden. Hier ist es zwar etwas kühler als in Dubai, aber die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch- typisch tropisch eben.

Um 7h30 Ortszeit landen wir. Wir haben weitere 4 Stunden zugelegt. Es ist jetzt hier um 6 Stunden später als zu Hause.

Im Taxi vom Flughafen zum Hotel fällt uns auf, dass hier Linksverkehr herrscht. Singapur war ja zusammen mit Malaysia eine britische Kronkolonie. Wir können uns hier also bereits langsam auf Australien einstimmen.

Geschlafen haben wir im Flugzeug fast gar nichts und sind daher sehr müde und reduziert.

Wie erwartet ist unser Hotelzimmer noch nicht bereit für uns. Also schleppen wir uns noch ein wenig durch die Stadt.

Auch Singapur gehört zu den reichsten Städten der Welt. Hier ist es womöglich noch sauberer als in den VAE. Es sind für Verunreinigung ja auch hohe Strafen angedroht- bis zu Stockhieben. Die werden auch tatsächlich immer noch vollzogen. Auch Rauchen, Essen und Trinken in der U-Bahn und überhaupt Kaugummi kauen sind strengsten verboten. Für so ein Vergehen kann man ordentlich Strafe bezahlen. Auch die Todesstrafe wird erstaunlich oft verhängt und auch exekutiert- allerdings nur für Mord und Drogenhandel. Wie heißt es so schön: „Singapore is a FINE country“. Irgendwie beschleicht mich da ein unangenehmes Gefühl. Wir benehmen uns also besonders brav.

Bei den knallbunten, figurenreichen buddhistischen und hinduistischen Tempeln in Bugis und Little India tauchen wir in eine völlig andere Welt ein. Erstaunlich viele fromme Gläubige mit roten Punkten auf der Stirn bringen unter einer Vielzahl von Verbeugungen Opfergaben dar, die man in den zahlreichen „Devotionalienläden“ kaufen kann: Kerzen, Blumenketten, Obst, Süßigkeiten, usw. Es riecht intensiv nach Räucherstäbchen. Halbnackte Mönche singen, läuten Glöckchen und führen Zeremonien durch. „Die meinen das offenbar ernst“, meint Klaus. Wir wundern uns. Touristen finden sich hier kaum.

Der angeschlossene Markt bietet eine Fülle von Obst- und Gemüsesorten, die wir noch nie gesehen haben. Der unangenehme Geruch von Durian steigt uns in die Nase.

Die modernen Hochhäuser an der Bayfront, wo der Singapur River ins Meer mündet, könnte man als richtig cool bezeichnen, wenn es nicht so heiß wäre. Der Kontrast zu Little India könnte nicht größer sein. Das ArtScience Museum in Form einer Seerose liegt mitten in einem Teich, in dem jede Menge lebendige Vorbilder für die Formgebung blühen. Das riesengroße Marina Bay Sands Casino-Hotel - 2010 eröffnet - besteht aus 3 Wolkenkratzern über denen ganz oben quer ein Boot zu liegen scheint. Da oben, in 200m Höhe, im Skypark, wachsen Palmen, gibt es eine Aussichtsplattform, ein Restaurant und einen Pool. Durch die gegenüberliegende Einkaufs-Mall fließt ein Kanal, auf dem man Boot fahren kann.

Es gibt aber auch Gegenden mit kleineren Häusern und Geschäften in der Stadt. Das finde ich anheimelnder. Von unserem Hotelzimmerfenster aus sehen wir z.B. auf ein rotes Häusermeer hinunter. 

Wir ruhen uns in unserem neuen Zuhause etwas aus, aber gegen Abend ziehen wir nochmals los. Wir wollen die Aussicht bei Nacht samt Wassershow vom Dach des Marina Bay Sands Hotels aus sehen. Den Blick auf die Gardens by the Bay finde ich besonders schön.

Tagsüber sind unsere Lebensgeister ja wieder etwas erwacht. Aber jetzt spüren wir nach der durchwachten Nacht die Bettschwere sehr stark.

 

Sa, 7. September

Wir haben wunderbar geschlafen, und den Zeitunterschied gut aufgearbeitet.

Unser erster touristischer Weg führt uns heute in die Nationalgalerie. Sie ist mit der City Hall zusammengewachsen. Vor allen südostasiatische Kunst ist hier ausgestellt. Von den Künstlern haben wir noch nie etwas gehört. Die interessantesten Entdeckungen sind Georgette Chen, Wu Guanzhong aus China und vor allem Dede Eri Supria aus Vietnam. Sein fotorealistisch gemaltes Kartonlabyrinth fasziniert uns besonders. Die Namen bekannter Marken sind auf den Verpackungen aufgedruckt. Zwei Knaben, die am Verhungern sind, sind darin gefangen. Der Künstler zeigt in seinen Bildern die Armut in einer von Konsumgütern überschwemmten Welt.

Die Spezialausstellung „Awakening“ widmet sich der modernen Kunst in der asiatischen Gesellschaft.

Wir sind hier offenbar im Regierungsviertel, denn das Parlament steht gleich neben dem Rathaus. Beide Gebäude sind uninteressant und wenig ansprechend.

Singapur ist der Verfassung nach eine parlamentarische Demokratie, deren Präsident alle vier Jahre gewählt wird. De facto regiert aber seit der Unabhängigkeit immer nur ein und dieselbe Partei. Opposition gibt es kaum.

Die Regierung zeigt sich progressiv und sorgt für das Wohlergehen des Landes. Singapur soll immer wohlhabender, sauberer, perfekter und attraktiver für ausländische Investoren und Touristen werden. Andererseits trägt das alles auch die Züge eines Überwachungsstaates. Kritik wird nur in Maßen gern gesehen. Die Medien sind fest in Regierungshand. Sie unterliegen der Zensur und dienen auch dazu, die Meinung der Bevölkerung in die gewünschte Richtung zu schubsen. „Sie meinen’s ja nur gut“, und der wirtschaftliche Fortschritt macht alle Nachteile wett. Das meint wenigsten der allergrößte Teil der Bewohner. Singapur ist nach Hongkong der wichtigste Finanzplatz Asiens. Hier herrscht die größte Millionärsdichte der Welt, aber auch die Lebenshaltungskosten sind in dieser Stadt weltweit die höchsten.

Der britische Forscher Sir Stanford Raffles, nach dem vieles in der Stadt benannt ist, gilt als der Begründer des modernen Singapur. Anfang des 19. Jhd. bereiste er die sehr dünn besiedelte Insel vor der Südspitze Malaysias, nahm sie für Großbritannien in Besitz und übernahm die Regierung. Es wurde ein Handelsposten der Ostindien-Kompanie eingerichtet.

Nach dem Abzug der Briten war Singapur einige Zeit ein Teil Malaysias. 1965 spaltete es sich ab und ist seither selbständig.

Die Singapurer werden als die Deutschen Südostasiens bezeichnet, wegen des singapurischen Wirtschaftswunders. Die Leute sind sehr zielstrebig und fleißig, nörgeln aber auch gern.

Wir wenden uns nun den schönen Dingen des Lebens zu und besuchen die Gardens by the Bay, die 2012 angelegt wurden. Ganz allgemein bietet die Stadt ja eine üppige Vegetation mit vielen Palmen und Blumen. Das ist uns gleich bei der Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel aufgefallen. Wir sind nicht mehr in der Wüste.

Der Weg ist nicht weit. Daher gehen wir zu Fuß. Sehr bald rinnen uns allerdings dir Schweißbäche übers Gesicht. Jeder Schritt ist bei dieser Hitze anstrengend.

Unterwegs kommen wir am Wahrzeichen der Stadt vorbei, dem wasserspeienden Löwen, der in die Bucht spuckt. Singapur bedeutet nämlich „Stadt der Löwen“, obwohl in dieser Gegend nie welche gelebt haben. Der sogenannte Merlion ist ein Fabelwesen, eine Mischung aus Löwe und Fisch- eine Anspielung darauf, dass die Menschen in dieser Gegend ursprünglich vom Fischfang lebten.

Den üppigen tropischen Palmengarten können wir nach dem Fußmarsch nun gar nicht mehr so richtig genießen. „Es ist viel  zu heiß...“

Sehr originell sind die künstlichen Supertrees. Sie sind 25m - 50m hoch und bestehen aus Stahl-Beton-Stämmen und Metallgeflechten, die mit blühenden Pflanzen bewachsen sind. Nachts sind sie beleuchtet. Da sehen sie magisch aus. Wir haben sie ja gestern Abend von oben gesehen.

„Lass uns in die Mall flüchten“. Dass ich jemals so etwas sagen würde... Aber wir sind ja so froh, wieder in klimatisierte Innenräume zu kommen- dekadent, nicht wahr? 

Wir essen im Foodcourt zu Abend. Das ist recht lustig, weil wir aus einer Vielzahl von Restaurants wählen können.

Und jetzt nichts wie nach Hause zu unseren Computern.

 

So, 8. September

Wir schlafen wieder aus uns bleiben bis zum Auschecken um 12h im Hotel.

Nun fehlt nur noch Chinatown in unserem Besichtigungsprogramm.

Auch hier gibt es einige Tempel und auch Pagoden. In einem der Buddhistischen Tempel, im Temple of the Sacred Tooth wird voller Stolz ein Zahn Buddhas bewahrt. Jetzt haben doch tatsächlich auch die Buddhisten Reliquien.

Die kleinen Häuser sind bunt und sehr schön restauriert. Die Pagoda Street ist eine Fußgängerzone voller Restaurants und Souvenierläden. Es werden aber auch TCM-Behandlungen, Fußreflexzonen-Massagen und Yogakurse angeboten.

Wir sind schon wieder erschöpft und dringen in das Foyer der Chinese Methodist Church ein. Hier lassen wir uns im Kühlen nieder und schlafen sogar ein bisschen.

Die Gläubigen verschiedener Religionen leben ja in Singapur friedlich zusammen. Neben den Pagoden und den buddhistischen und hinduistischen Tempeln gibt es auch Moscheen - eine recht große steht direkt neben unserem Hotel - und christliche Kirchen. Die größte ist die anglikanische Kathedrale Saint Andrews, die aus der Kolonialzeit übrig geblieben ist. Wir haben sie gestern in der Nähe der Town Hall gesehen- und im Nachtkastel in unserem Zimmer liegt eine Bibel.

Wir sind nach diesem geistlichen Beistand wieder einigermaßen gestärkt und suchen nun einen Apple Store. Mein Uhrband ist nämlich kaputt. Dafür suchen wir den Stadtteil Orchard auf, der sich als überraschend nett herausstellt. Eine Flaniermeile voller Blumen, Musik, edler Geschäfte und netter Lokale. Da passt unser Store ja richtig gut dazu.

Diese Stadt haben wir ziemlich gut abgearbeitet.

Unser Flug geht ja erst spät in der Nacht. Die Zeit bis dahin müssen wir noch irgendwie herum bringen. Wir fahren also zurück ins Hotel und machen es uns im Poolbereich gemütlich, ehe wir um ca. 22h zum Flughafen aufbrechen.

Mo, 9. September

Unser Flug geht um 2h früh. Diesmal können wir sogar ein wenig schlafen. Sehr viel ist es allerdings nicht. Als wir gegen Mittag in Sydney landen, sind wir doch ziemlich übernachtig.

Wir haben ja auch schon wieder zwei Stunden mehr auf unserem Zeitkonto. Der Unterschied gegenüber zu Hause ist beträgt jetzt 8 Stunden.

Ui, es ist kalt. Es hat nur 13°. „Jetz is a wieder net recht“. In der letzten Woche war es zu heiß, jetzt ist es zu kühl. Da der Frühling in AUSTRALIEN ja gerade beginnt, können wir voller Hoffnung sein, dass es wärmer wird.

Wir nehmen den Airport Train zu unserem Hotel. In den Stationen sieht es aus wie in der Londoner U-Bahn. Überhaupt kommt uns vieles „very british“ vor. 

Wow, diesmal haben wir ein richtiges Apartment, mit Bad, Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Balkon. Wir wohnen im 37. Stockwerk- so hoch wie noch nie. Das Hotel hat aber über 50 Stockwerke.

Hinter Türen versteckt finden wir eine Waschmaschine samt Trockner. Die befüllen wir gleich einmal.

Dann ziehen wir uns warm an und erkunden unsere Wohngegend. Unser erster Weg dient dem Kauf einer neuen Drohne. Wir haben in den letzten Tagen immer wieder hin und her überlegt, ob wir das wirklich brauchen und wollen. Aber schließlich haben wir uns doch dazu entschlossen, unseren herben Verlust zu ersetzen.

Nun gehen wir ein wenig spazieren. Darling Habour ist ein nettes Erholungsgebiet am Wasser, westlich des Stadtzentrums.

Schließlich kaufen wir uns unser Abendessen in einer malaiischen Garküche. Das verspeisen wir dann gemütlich zu Hause in unserer kleinen Wohnung. Wir haben hier nämlich sogar eine Mikrowelle.

 

Di, 10. September

Wir haben wunderbar ausgeschlafen. Nach dem Frühstück „zu Hause“ marschieren wir los.

Das Wetter ist heute viel freundlicher als gestern. Die Sonne scheint und die Temperatur ist auf 17° gestiegen. Den Spaziergang in den Royal Botanic Gardens können wir also richtig genießen. Sie wurden an der Stelle angelegt, wo die erste Farm Australiens war.

Viele Spaziergänger und Jogger sind unterwegs und freuen sich am erwachenden Frühling.

Spring is coming up. Es fängt gerade alles an zu blühen.

Wir sehen viele Pflanzen, die es nur in Australien gibt. Das Herz eines Botanikers würde hier wohl lachen. Unsere Herzen lachen auch, weil’s so schön ist, aber wir kennen uns halt in dieser Materie nicht so gut aus.

Lustig finden wir den Florettseidenbaum mit seinen Stacheln am Stamm, und besonders interessant ist ein gewaltiger Ficus Columnaris, eine Feigenart, die Luftwurzeln bildet, die bis zum Boden reichen. Daraus entstehen neue Stämme. Die größte ihrer Art bedeckt auf diese Art einen ganzen Hektar.

In einem ihrer Astlöcher entdecken wir unser erstes Beuteltier. Es handelt sich um einen Fuchskusu = Common Brushtail Possum, wie wir später aus dem Internet erfahren. Er schläft in sich zusammengerollt, und wir müssen ziemlich viel Geduld aufbringen, ehe er sich - kurz - zeigt.

Von der Promenade am Wasser aus hat man einen wunderbaren Blick hinüber zum Opera House. Der dänische Architekt Jørn Utzon überschritt die vereinbarten Baukosten um mehr als das 14-fache und wurde daher aus dem Bauprojekt entlassen. Aber so wurde eines der markantesten und berühmtesten Bauwerke des 20. Jhd. geschaffen, und Jørn Utzon wurde trotzdem berühmt und bekam in der Folge viele Aufträge auf der ganzen Welt. 1973 wurde die Oper eröffnet, und mittlerweile gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ihre Dachkonstruktion leuchtet in der Sonne. Wir sind tatsächlich berührt. Niemals hätten wir uns in unserer Jugend träumen lassen, dass wir die Oper von Sydney einmal wirklich in natura zu sehen bekommen werden.

Wir wandern bis zum Circular Quay. Er verläuft rings um den Sydney Cove, die Bucht, in der das Opernhaus und die Habour Bridge stehen. Diese Brücke ist die Hauptverbindung zwischen Sydneys Nord- und Südküste. Sie wurde 1932 eröffnet und wurde von den Bewohnern der Stadt sofort liebevoll „Kleiderbügel“ genannt.

Hier stehen auch das ehemalige Zollgebäude und noch andere Backsteinbauten, die früher als Speicher dienten. Sie waren ziemlich verfallen und wurden in den letzten Jahren wieder schön hergerichtet. Edle Restaurants und Läden sollen hier einziehen.

Und hier befindet sich auch das Museum of Contemporary Art, das wir jetzt besuchen werden.

Was mich hier am meisten fasziniert ist ein Makrofilm von Maria Fernanda Cardoso über ein prächtig gefärbtes 3-4mm großes, achtäugiges Spinnenmännchen, das sein Weibchen mit allerhand Imponiergehabe beeindrucken will. Sogar die Geräusche werden so stark verstärkt, dass wir die Vibrationen spüren.

In diesem Museum wird auch Kunst von Aborigines gezeigt, die ja sonst in der australischen Kultur kaum sichtbar sind. Diesem Volk wurde ja in der Pionierzeit unglaublich viel Leid zugefügt. Sehr viele starben an eingeschleppten Krankheiten. Man durfte sie ungestraft umbringen und es gab in den Jahrzehnten der massiven Assimilationspolitik - bis in die 1970er-Jahre hinein - viele Zwangsadoptionen- ein ganz trauriges Kapitel der australischen Geschichte. All das wird in den hier ausgestellten Werken zum Thema gemacht. Wir sind beeindruckt.

Der letzte Punkt auf unserer Liste für heute ist eine Fahrt mit der Fähre - einer Art Vaporetto - auf die andere Seite der Bucht. Vom Wasser aus sieht man das Opera House auch von hinten- eine besonders schöne Ansicht. Das haben wir jetzt praktisch umkreist.

Auf dem Heimweg stellen wir fest, dass auch in dieser Stadt heftig gebaut wird. Zwischen den Hochhäusern stehen immer wieder ältere, kleine Häuser, die oft sehr nett aussehen. Wir fragen uns, wie lange noch. Viele werden vielleicht schon bald zu Baulücken werden.

Das Backsteingebäude der Town Hall, in viktorianischem Stil, werden die Bagger aber wahrscheinlich auslassen.

Was uns in dieser Stadt noch gefallen hat, sind die freundlichen Leute, die zum Plaudern aufgelegt sind. Das erinnert uns an die USA, wogegen wir ansonsten manchmal glauben, dass wir in England sind. Hier wird mit unverkennbar britischem Akzent geknödelt. Manchmal ist das schwer verständlich. Außerdem lernen wir lokale Feinheiten der Sprache kennen: Gegrüßt wird mit „G'day = Good Day“ und „Mittag“ heißt „Midday“.

Sprachspielereien machen mir ja immer Spaß. So steht z.B. an manchen Fastford-Laden "Fast & Ezy". Ich nehme an, das soll "Easy" heißen.

Um 17h30 geht die Sonne unter und danach wird es sehr rasch dunkel. Es gibt fast keine Dämmerung. Australien liegt halt viel näher am Äquator als Europa. In Abu Dhabi, Dubai und Singapur ist uns das Phänomen noch deutlich aufgefallen.

 

Mi, 11. September

Wir haben gut geschlafen, das letzte Mal für längere Zeit in einem Bett.

Klaus geht fürs Frühstück einkaufen, und wir genießen es in unserer Wohnung.

Um 10h checken wir aus, lassen unsere Koffer im Hotel und machen uns mit Bahn und Taxi auf den Weg zum Autovermieter. Fast zwei Stunden sind wir unterwegs. Er hat seinen Standort südlich außerhalb der Stadt. 

Zwischendurch überlegen wir, ob wir vielleicht in die falsche Richtung fahren.

Wie haben wir in der Volksschule gelernt:

„Im Osten geht die Sonne aus.

Im Süden nimmt sie ihren Lauf.

Im Westen muss sie untergeh’n.

Im Norden ist sie nie zu seh’n.“

Aber hier in Australien ist eben verkehrte Welt. Da steht die Sonne zu Mittag im Norden.

Eigentlich weiß man das ja, aber es macht doch einen Unterschied, so etwas selbst zu erleben.

Die junge Dame in der Autovermietung ist reizend und beantwortet all unsere Fragen zu unserem Häuschen für die nächsten drei Wochen. Wir sind ein bisschen aufgeregt.

Das ausgeborgte Wohnmobil ist zwar außen größer als unser eigenes, aber lange nicht so geschickt eingerichtet. Das Raumkonzept ist wirklich bei unserem Hymer ganz besonders gut gelöst. Hoffentlich werden wir alles unterbringen.

Als erstes fahren wir in einen Supermarkt und decken uns für die nächste Zeit ein.

Jetzt müssen wir nur noch unsere Koffer aus dem Hotel holen und dann geht es endlich wirklich los. 

Unser Abendteuer in Down Under beginnt. Wir fahren nach Westen durch NEW SOUTH WALES in die Blue Mountains.

Der Linksverkehr ist gewöhnungsbedürftig. Wir haben ihn zwar schon einmal in England genossen, da waren wir aber im eigenen Auto unterwegs. Als Fahrer auf der rechten Seite zu sitzen empfindet Klaus anfangs als recht anstrengend. 

Leider geraten wir auf der Autobahn in einen Stau, sodass wir doch in die Dunkelheit geraten, was wir nicht wollten. Wenn es finster ist, gibt es nämlich oft Zusammenstöße mit Kängurus. Gott sei Dank geht alles gut, und wir kommen um ca. 18h30 in Katoomba an, auf den Campingplatz, den Klaus bereits in Wien ausgesucht hat.

Wir kochen Abendessen. Alles ist neu. Alles müssen wir zusammensuchen. Das ist aber recht lustig.

Jetzt wird es spannend. Wir packen unsere Koffer aus. Wie und wo werden wir unsere Siebensachen verstauen. Aber auch das meistern wir mit Bravour.

Nachdem wir heute den ganzen Tag angenehmes Frühlingswetter hatten, ist es hier in 1000m Seehöhe, abends ziemlich kalt. Wir durchschauen die Heizung und fangen an, unser geliebtes Campingleben zu genießen.

131 km

 

Do, 12. September

Die erste Nacht im neuen Bett war sehr angenehm und gemütlich.

Der Morgen ist sehr schön. Wir stehen hier mitten im Wald. Dir Sonne lacht, wir auch.

Nun wollen wir den Blue Mountains National Park näher erkunden. Zunächst fahren wir zum Echo Point, einem Aussichtspunkt. Viele Touristen haben dieselbe Idee. Auch einige Brüder und Schwestern unseres Autos parken hier. Wir müssen aufpassen, später nicht ins falsche einzusteigen.

Wir schauen auf eindrucksvolle Felsformationen hinunter, z.B. auf die Three Sisters. Ein Foto von ihnen schickt Klaus natürlich gleich an seine drei Töchter. 

Der Fluss, der jetzt tief unter uns durchs Tal fließt, hat sich in vielen tausend Jahren hier eingegraben und senkrechte Felswände mit markanten Querrillen hinterlassen. Für die ersten Forscher und Siedler, die hierher kamen, war diese Great Dividing Range schier unüberwindlich. Viele ließen auf der Suche nach einer Route hindurch ihr Leben. Wir, auf unserer Aussichtsplattform aus Beton, tun uns da wesentlich leichter.

Dann machen wir eine kleine Wanderung. Und kaum haben wir die asphaltierten Wege verlassen, sind wir wieder einmal ganz allein. Wir sind umgeben von blühenden Pflanzen, die wir nicht kennen, Riesenfarnen und Eukalyptuswäldern, von deren ätherischen Ölen der blaue Dunst aufsteigt, der den hiesigen Bergen ihren Namen gab. Wir genießen es sehr, dass wir hier in der Natur sind. In den letzten Tagen sind wir ja immer nur von einer Stadt in die nächste gefahren.

Bei der Weiterfahrt kommen wir durch eine Villengegend. Märzenbecher, andere Frühlingsblumen und große Rhododendronbäume blühen prächtig. Für mich ist der Frühling die schönste Jahreszeit.

Unser nächstes Ziel ist der Sublime Point, der seinen Namen zu Recht hat. Die Aussicht von hier ist womöglich noch spektakulärer.

Sehenswerte Wasserfälle, die Wentworth Falls, werden uns noch verheißen. Sie stellen sich allerdings als dünnes Rinnsal heraus. Das heurige Jahr war in Australien extrem trocken. Deshalb wüten ja auch in Queensland, nördlich von uns, große Waldbrände.

Auch die hiesige Vogelwelt ist für uns ganz neu. Wir sehen z.B. ganz weiße Kakadus mit schwefelgelben Federbüscheln, sulphur-crested. Ein lustiger schwarzer Vogel mit weißen Flecken ist der Australian Magpie. Der Name passt zu dieser Plaudertasche. Die Deutschen sind da höflicher. Sie nennen ihn Flötenvogel. Auch ein kräftig rot und blau gefärbter Sittich mit dem klingenden Namen Crimson Rosella fällt uns auf. Klaus studiert eifrig seine Apps über die Tierwelt Australiens.

Nun wenden wir uns den praktischen Dingen des Alltags zu. Wieder einmal ist Internet gefragt. Wir erwarten nämlich sehnlich das E-Mail, mit dem wir unsere bereits zu Hause gekaufte SIM-Card aktivieren können. Also steuern wir die kleine Stadt Leura an. In einem großen Woolworths-Markt klappt die Verbindung. Das erwähnte E-Mail ist allerdings leider noch nicht da. Weil schon mal da sind, kaufen wir gleich ein.

Nun geht’s nach Hause, zurück auf unseren Campingplatz, wo Bildschirmarbeit auf uns wartet.

32,5 km

Fr, 13. September

Wir sind schon um 7h wach. Daher stehen wir relativ zeitig auf und sind bereits um 9h auf Achse. Zuvor haben wir noch unseren Wassertank nachgefüllt. Das mussten wir auch erst lernen. Außerdem haben wir unsere GoPro-Kamera aufgebaut, damit wir während der Fahrt filmen können.

Niemand ist gekommen, um Geld von uns zu verlangen. Wir waren ja zahlungswillig, aber haben jetzt auch nichts dagegen, hier zwei Gratisnächte verbracht zu haben.

Wir fahren nach Südosten, an den Pazifik. Bis jetzt haben wir ihn nur von der anderen Seite aus gesehen, Von Costa Rica, Kalifornien und Vancover Island aus.

McDonalds bietet uns wieder seine Internet-Dienste an. Hurra, besagtes E-Mail ist gekommen und wir basteln uns mittels Hotspot unser hausgemachtes WLAN.

Über das Essen in diesem Etablissement können und wollen wir keine Aussagen machen. Aber die Infrastruktur ist hervorragend.

Weiter geht die Fahrt durch eine trockene, hügelige Graslandschaft mit Pferde- und Viehwirtschaft. Felder sehen wir aber überhaupt keine.

Wir kommen an Wollongong vorbei und sehen auf den größten australischen Buddhistentempel hinüber.

Gerade haben wir unser erstes Känguru gesehen. Aber leider liegt es tot neben der Straße.

Ich fürchte, mit diesem Anblick müssen wir noch öfter rechnen. Viele Wildtiere kommen im Straßenverkehr um. 

Die kleine Stadt Kiama bietet eine besonders reizvolle Küstenszenerie. Wir sitzen mit Blick aufs Wasser in unserem Wohnmobil und genießen unseren Mittagssalat. Am Ufer stehen Palmen, ein Pelikan stapft im Wasser herum. Die Gischt bildet weiße Schaumkronen und der Frühling zeigt, was er kann.

Die größte Attraktion dieser Gegend ist das Blowhole, ein Felsloch in den Klippen, in dem sich anbrandende Wellen fangen und mit einem lauten Knall meterhoch in die Luft geschleudert werden. Wir haben so etwas schon einmal im Acadia National Park in Maine gesehen, aber hier ist es um einiges spektakulärer. Ein guter Platz für den ersten Flugversuch mit der neuen Drohne. 

Dann nimmt uns der hiesige Campingplatz auf. Mittlerweile ist Routine in unseren Camping-Alltag eingezogen, und wir haben uns an die neuen Gegebenheiten gewöhnt.

247 km

 

Sa, 14. September

Gleich in der Früh ist es heute ziemlich warm, 19°. Im Pool planschen die Kinder. Wir sind nicht mehr in den Bergen, und der Frühling schreitet voran.

Wir fahren weiter nach Süden, die Küste entlang. Obwohl wir ja noch im Osten sind, wird das hier touristisch bereits zur South Beach gezählt.

Die Straße führt uns durch Weinberge. Klaus hat ja die südaustralischen Weine immer schon sehr geschätzt. In dieser Gegend stehen viele Einfamilienhäuser, die mich an die USA erinnern. In den blühenden Gärten wachsen bunte Büsche, die uns ganz fremd sind, aber darum nicht weniger hübsch.

Im Seven-Mile-Beach National Park tauchen wir in den Busch ein. Eine Erkundigung des Outbacks also- auf einer Asphaltstraße. In den Eukalyptuswäldern wachsen riesige Farne und üppiges „Palmenunterholz“- eigene Wortschöpfung.

Immer wieder haben wir den Eindruck, dass man in diesem Land viel Platz hat. Es gibt ja in Australien tatsächlich Landstriche, die bis heute noch nicht richtig kartographiert sind, weiße Flecken auf der Landkarte sozusagen. Aber dorthin werden wir ja hoffentlich nicht geraten. 

Zurückgekehrt in die Zivilisation halten wir Bürostunden im McDonalds von Ulladulla ab, und dann gehen wir zum Aldi einkaufen.

Unser heutiges Tagesziel ist die Pebbly Beach- benannt nach Fred Feuersteins Tochter. Auf dem wunderschönen Sandstrand grasen friedlich einige Kängurus. Tatsächlich, unsere ersten Kängurus, einige sogar mit Baby im Beutel- sehr süß. Ein Kleines hüpft sogar hinaus. Die fotografierenden Touristen stören sie gar nicht. Es handelt sich genauer gesagt um Wallabys. Sie sind ziemlich klein, und ihr seidiges Fell lädt zum Streicheln ein. Das tun wir aber natürlich nicht. Es sind ja Wildtiere. Manche Leute scheint das allerdings nicht zu stören, und die füttern sie sogar.

Die Wallabys sind hier die Stars, aber es gibt auch noch jede Menge bunter Vögel am Strand, z.B. die bunten Regenbogenpapageien.

Der hiesige Campingplatz ist idyllisch und erinnert uns an die Stellplätze in den amerikanischen State Parks. Jeder Camper hat seine eigene Bucht, und man hat fast den Eindruck, ganz allein im Grünen zu stehen. Allerdings gibt es keinen Stromanschluss. Mit unserem eigenen Wohnmobil wäre das kein Problem, aber im Mietmobil haben wir keinen Trafo. Wir saugen also unsere MacBooks fast ganz aus. Heizen können wir auch nicht, weil die  Klimaanlage nur elektrisch funktioniert. Das ist unangenehm, denn so schön warm es tagsüber auch ist, abends wird es doch immer ziemlich kühl.

Es ist finster geworden. Und wenn es hier schon so romantisch ist, betrachten wir den Sternenhimmel. Auch der sieht auf der Südhalbkugel anders aus, als bei uns. Es gibt andere Sternbilder, und die uns bekannten stehen auf dem Kopf. Den großen Wagen sucht man hier vergebens. Ehrfürchtig schauen wir zum Kreuz des Südens hinauf. Es war uns nicht an der Wiege gesungen, dass wir jemals unter dem australischen Nachthimmel stehen werden. 

158 km

 

So, 15. September

Klaus ist es gelungen, sein Handy über Bluetooth mit dem Autoradio zu verbinden. So können wir ab heute unsere eigene Musik spielen. Schließlich hat Australien ja bereits auf Hubert von Goisern und Broadlahn gewartet.

Wir sind jetzt wirklich im Camping-Flow angekommen und könnten ewig so weiterfahren.

Es geht weiter nach Süden, durch eine trockene, hügelige Landschaft, vorbei an großen Termitenbauten, die mich an gemauerte Backöfen erinnern. Im Birdland Animal Park in Batemans Bay bekommen wir noch andere Tiere zu sehen, die es nur in Australien gibt. Die Wombats sehen ein wenig aus wie überdimensionale Meerschweinchen. Sie heißen auch Plumpbeutler, zu Recht. Wir haben sie uns nicht so groß vorgestellt. Der Schnabeligel mit der hübschen Zeichnung auf den Stacheln gefällt uns besonders gut. Bei diesem Kloakentier handelt es sich um den seltenen Fall eines eierlegenden Säugetiers. Außerdem leben mehrere Sorten Kängurus, einige Schlangen und viele Vögel hier. Den Laughing Kookaburra - zu deutsch Lachender Hans - kennen wir aus dem Kanon. Leider hat er hier nicht viel zu lachen.

Koalas gibt es leider keine. Für sie ist das ein Glück. Wir haben uns diesen Tierpark nämlich netter vorgestellt. Die Käfige sind ziemlich klein, und alles wirkt ein wenig armselig.

Unser heutiges Ziel ist die Mystery Bay, der Name ist Programm. Jetzt in der Vorsaison ist der romantische, felsengesäumte Strand menschenleer.

Nun suchen wir uns einen „richtigen“ Campingplatz, der alle Stückeln spielt, damit wir wieder alles aufladen können, und wir nicht so frieren müssen.

121,3  km

Mo, 16. September

Dieses Holiday-Resort ist bestens ausgestattet- alles nur für uns, denn wir stehen hier allein auf weiter Flur. Die Saison hat ganz eindeutig noch nicht begonnen.

Es geht immer noch weiter nach Süden, immer noch auf dem Princes Highway, durch den Eurobodalla National Park.

Je weiter man nach Süden fährt, desto kälter wird es, ist doch logisch- in Australien. Mittlerweile hat es 9°- kein Wunder, schließlich sind wir gerade durch den Ort End of the Rainbow gefahren. Jetzt fängt es auch noch zu regnen an. Für uns ist das unangenehm, aber für das Land höchst notwendig. Wir fahren seit Tagen durch Gebiete von großer Trockenheit. Australien erfährt gerade die größte Dürre seit vielen Jahren. Die Städte im Südosten haben bereits Probleme mit der Wasserversorgung- und das jetzt schon im Frühling. Wie wird das erst im Sommer sein?

In Merimbula ziehen wir uns so warm und regenfest wie möglich an und machen eine kleine Wanderung zum Strand, durch den „Mini-Outback“, auf einem deutlich sichtbaren Weg wohlgemerkt. Man hat den Eindruck, als würde in den dichten Wäldern keine Forstwirtschaft betrieben werden. Das sind wirklich Urwälder.

Wir frieren. Mit diesen Temperaturen haben wir zu Hause beim Einpacken nicht gerechnet. Wir fahren also in die kleine Stadt hinein und kaufen uns warmes Gewand: Jeans, langärmelige Leiberln und dicke Socken.

Am frühen Nachmittag überschreiten wir die Grenze zum nächsten Bundesstaat und sind jetzt in VICTORIA, von den Einwohnern liebevoll Vic genannt.

An der Straßen sehen wir jede Menge große Termitenbauten, einen neben dem anderen. So ähnlich verhält es sich leider auch mit toten Kängurus und Wombats auf und neben der Fahrbahn. Müll liegt allerdings fast überhaupt keiner herum.

Eigentlich haben wir vorgehabt, heute auf einem wilden Stellplatz zu übernachten. Aber angesichts der Temperaturen entscheiden wir uns doch wieder für den Luxus eines Stromanschlusses. Wir brauchen einfach die Heizung. Der Campingplatz in Mallakoota bietet uns zu unserer Überraschung eine Koalabärin mit einem Jungen, die hoch oben in einem gewaltigen Eukalyptusbaum sitzt- wo auch sonst. Außerdem werden wir Zeuge eines „Boxkampfs“ zweier großer, grauer Felsenkängurus, bezeichnenderweise auf einem Sportplatz. Wenn die Tiere aufrecht stehen, sind sie mannshoch. Ich habe ja gehofft, dass ich auf dieser Reise mindestens ein Känguru sehen werde, und dabei sind diese Tiere nun ein alltäglicher Anblick für uns.

223 km

 

Di, 17. September

Jetzt legen wir uns in die Kurve und fahren um das rechte untere Eck von Australien herum- da, wo der Pazifik die Tasmanische See küsst. Ab nun geht es die Südküste entlang nach Westen. 

In der Nacht hat es geregnet. Aber in der Früh begrüßt uns die Sonne.

Die Straße führt stundenlang durch Urwälder, die den Eindruck machen, als hätte sie noch nie ein Mensch betreten- eine einsame Gegend. Auch die Spuren von Bränden sind an vielen Stellen zu sehen. Das Unterholz brennt ab, und die großen Bäume halten es aus. 

Es ist sehr wenig Verkehr. Da kann ich mir schon vorstellen, dass die Gefahr, als Fahrer einzuschlafen hoch ist. Immer wieder warnen Schilder davor, z.B. „Micro-Sleep can kill within a Second“. Es gibt viele Rest Areas, auf denen ein „Power Nap“ empfohlen wird.

Auch vor querenden Kängurus und Wombats wird gewarnt, aber wir sehen leider wieder nur tote Exemplare, die überfahren wurden.

Ganz plötzlich wird das Land offener und grüner. Hier gibt es Farmen mit Viehwirtschaft - vor allem Rinder - und kleine Städte. Steigungsregen machen das Land hier offenbar fruchtbar.

In Lakes Entrance öffnet sich eine Art Nehrung, die die langgestreckten, brackigen Gippsland Lakes und einige Inseln einschließt- eine sehr ansprechende Landschaft mit schier endlosen Sandstränden. Morgen werden wir eine dieser Inseln besuchen. 

Für heute richten wir uns auf dem hiesigen Campingplatz ein.

Gerade lesen wir in den Nachrichten, dass das Ozonloch über der Antarktis heuer so klein ist, wie vor 30 Jahren. Da haben wir ja Glück.

206 km

Mi, 18. September

Sehr sonnig aber morgens recht kühl, 12°- immerhin zweistellig.

Lakes Entrance ist ein richtiger Urlaubsort. Von einem Aussichtspunkt aus haben wir einen guten Blick auf die reizvolle Seenlandschaft. Man kann genau die einzige, schmale Verbindung zum Meer sehen, nach der das Städtchen benannt ist. 

Wir fahren zunächst noch ca. 15 km nach Westen, auf dem Princes Highway.

In Paynesville gehen wir an Bord der kleinen Fähre und fahren auf die kleine Raymond Island hinüber. Dort soll es bis zu 300 Koalas geben. Der Fährmann gibt uns gute Tipps, wo wir wahrscheinlich welche sehen werden. Die Insel ist idyllisch, ein richtiges Dorf samt Kirche, mit gar nicht wenigen Wohnhäusern. Wir sind die einzigen Touristen. In einem kleinen Eukalyptushain entdecken wir die süßen, knuddeligen Pezibären. Auch eine Mama mit Baby ist dabei. Man muss allerdings genau schauen, dass man sie in den Bäumen sitzen sieht. Wir sind ganz hin und weg, weil sie wirklich so herzig sind. 

Nachdem wir noch die Drohne in die Lüfte geschickt haben und den schwarzen Schwänen mit den knallroten Schnäbeln einige Aufmerksamkeit geschenkt haben, fahren wir wieder zurück aufs Festland.

Und dann geht es wieder stundenlang auf dem Highway dahin, vorbei an Ranches mit riesigen Weideflächen, auf denen vor allem Schafe und schwarze Rinder grasen.

Zwischen den einzelnen Ortschaften liegen jeweils ca. 100 km. Uns begegnet ein Traktor, einige Lastwägen, hin und wieder ein Pickup, ein kleines dunkelbraunes Sumpfwallaby - diese Sorte hatten wir noch nicht - und ein Schnabeligel. Außerdem begleitet uns der Gebirgszug der Great Dividing Range bereits seit Tagen.

Die Temperaturen sind während des Tages auf ungeahnte 18° geklettert.

Unser heutiges Ziel ist Wilsons Promontory National Park, der eine ganze Halbinsel einnimmt- ein wunderbares Wandergebiet. Hier liegt auch der südlichste Punkt des australischen Festlands.

Uns interessiert heute nur noch der Campingplatz in Tidal River, der uns neben elektrischem Strom, einem zerzausten Emu und zwei großen Wombats auch einen besonders schönen Sternenhimmel bietet. Leider muss man sich eisiger Kälte aussetzen, wenn man ihn betrachten oder gar fotografieren will.

Wir hatten großes Glück, hier noch den letzten „powered place“ zu kriegen. Dieser Nationalpark ist nämlich sehr beliebt, und nur ganz wenige Stellplätze bieten Strom. Während der Saison und am Wochenende sollte man unbedingt reservieren. 

319,3 km

 

Do, 19. September

Sonniges, warmes Wetter lädt uns zum Wandern ein. Wir sind vier Stunden unterwegs und lassen unsere Blicke über dichte, unberührte Wälder schweifen, so weit das Auge reicht. Die vielen verschiedenen Eukalyptusarten schimmern in unzähligen Grüntönen. Wir wandern an Blumen, Büschen und Bäumen vorbei, die wir noch nie in unserem Leben gesehen haben. Aber es gibt auch glatte Felswände, große Granitblöcke und einsame Buchten. Besonders idyllisch sind die Squeaky Beach und die Picnic Bay. Die weißen Sandstrände wirken während der Ebbe völlig unberührt, und wir hinterlassen unsere Fußspuren wie in frisch gefallenem Schnee. Das Wasser glitzert. Wir erfreuen uns an den weißen Schaumkronen und den feinen Sprühnebeln oben auf den Wellenkämmen, die manchmal in allen Regenbogenfarben schimmern.

Wir schauen aufs Meer hinaus. Dort drüben, das was man nicht sieht, ist Tasmanien - es ist ca. 130 km entfernt - und dahinter liegt bereits die Antarktis.

Was bewegt sich dort im Wasser? Da springen doch tatsächlich Delphine.

Wir sind ganz begeistert von unserem Ausflug. Es ist auch erfreulich, dass hier nirgendwo Müll herumliegt.

Wieder zum Auto zurückgekehrt, genießen wir unseren Kaffee in der Sonne. Die Temperaturen sind sommerlich, und es ist das erste Mal auf dieser Reise, dass wir im Freien sitzen.

Auch am Abend kühlt es heute nicht so stark ab. Wir brauchen gar keine Heizung.

Was scheppert da? Ein böser Wombat hat im Schutz der Dunkelheit einen Mistkübel umgeworfen, um darin nach Leckerbissen zu suchen.

 

Fr, 20. September

Heute Nacht sind wir ohne Pullover, Schiunterwäsche und Socken ausgekommen, und auch der Morgen präsentiert sich uns angenehm warm. Jetzt kommt wohl wirklich der Frühling.

Weiter geht es nach Westen bis auf Phillip Island. Da  führt eine Brücke hinüber.

Wir fahren aber zunächst gleich über die Brücke, weiter auf Churchill Island. Hier machen wir eine nette Vogelwanderung. Große, graue Gänse, schwarzblaue Hühner mit rotem Schnäbeln, rosarote Kakadus, Ibisse, Kormorane, Silberreiher und die, uns inzwischen wohlbekannten, schwarz-weißen Magpies weisen uns den Weg.

Hier leben aber auch noch sehr zottige Schottische Hochlandrinder mit langen Hörnern, ebenso zottige Pferde und viele Schafe. Auf dieser Insel wird nämlich auch eine historische Farm betrieben. Alte Haustierrassen werden nachgezüchtet. Außerdem wird versucht, auf dieser Insel die ursprünglich Fauna und Flora wiederherzustellen. Die Siedler haben hier ja alles gerodet und Weideland daraus gemacht. Nur die eine - bereits erwähnte - „Heritage Farm“ wurde erhalten, um zu zeigen, wie die ersten Siedler gelebt und gearbeitet haben.

Wir fahren zurück auf Phillip Island und checken auf dem Campingplatz ein. 

Profane Dinge wie Wäsche waschen müssen auch einmal sein. Aber am späteren Nachmittag fahren wir nochmals los, bis zur Spitze der Insel, und werfen einen Blick auf die kleinen vorgelagerten Inseln, die Nobbies

Der Höhepunkt des heutigen Tages ist aber eindeutig die Penguin Parade. Gegen Abend - pünktlich zur angegeben Zeit - kommen nämlich hunderte von Zwergpinguinen aus dem Wasser, um an Land zu schlafen. Man kann sie von Aussichtsplattformen aus beobachten- gegen Eintrittsgeld natürlich. Sie sind sehr, sehr süß: „Ma voi liab!“ Ich habe gar nicht vermutet, dass sie so klein sind, ca. 35cm groß.

Bei der Heimfahrt in der Dunkelheit ist Klaus besonders vorsichtig. Wir sind heilfroh, dass wir kein unliebsames Zusammentreffen mit einem Wildtier haben.

179 km

 

Sa, 21. September

Wir fahren zurück aufs Festland. Auf unserem heutigen Weg liegen zwei große Buchten. Die erste umfahren wir und die zweite, die Port Phillip Bay, überqueren wir mit der Fähre. Dabei schauen wir auf die Mornington Peninsula hinüber, das Naherholungsgebiet der Stadt Melbourne. An ihrer Spitze stieg 1967 der damalige Premierminister Harold Holt ins Wasser und tauchte nie wieder auf, auch seine Leiche nicht. Alles sieht so friedlich aus, aber es gibt dort – quod erat demonstrandum - äußerst tückische Strömungen. 

Nach ca. 45 Minuten landen wir in Queenscliff. Viele große Villen stehen hier, die uns an amerikanische Südstaatenvillen erinnern. Das war hier in den 1880er-Jahren ein Urlaubsort der Reichen.

Am Stadtrand von Geelong beziehen wir den Campingplatz. 

Heute haben sich den ganzen Tag Regen und Sonnenschein abgewechselt. Die Fahrt ging ziemlich eintönig an Marschland und Weideland vorbei. Und dann sahen wir - wir waren ganz überrascht - die ersten Felder dieser Reise. Da wird doch tatsächlich Gemüse angebaut.

183 km

So, 22. September

Es ist in der Früh zwar sonnig, aber doch recht kühl. Wir ziehen uns also warm an.

Heute geht es mit dem Zug nach Melbourne, der Hauptstadt Victorias, des kleinsten Bundesstaates Australiens. Die Fahrt dauert ca. 45 Minuten.

Mit ihren fast 5 Mio Einwohnern in der Metropolregion ist sie die zweitgrößte Stadt Australiens und die Kunst- und Kulturmetropole. In der Kernstadt, Melbourne City wohnen nur 136.000 Leute. Die Bevölkerung der Stadt besteht zum größten Teil aus Einwanderern, die u. a. chinesischer, britischer, griechischer, italienischer, irischer, kroatischer oder vietnamesischer Herkunft sind- sehr multikulti also.

Uns fällt als erstes die ungewöhnliche Skyline auf- ganz bunt zusammengewürfelt aus modernsten Glaspalästen, kleineren Häusern in viktorianischem Stil, neugotischen Kirchen. Nichts scheint zusammen zu passen. Ich bin nicht ganz sicher, ob mir das gefällt. Klaus nennt das: „Melbourne findet stadt“.

Toll und nachahmenswert finden wir, dass die Straßenbahnen im Zentrum gratis verkehren.

Das nützen wir gleich aus und fahren zur National Gallery of Victoria = NGV. Sie besteht aus mehreren Gebäuden. Uns interessiert heute besonders das Ian Potter Centre, das seinen Schwerpunkt auf Aboriginal and Modern Australian Art legt.

Wir sind ziemlich beeindruckt, und sehr vieles gefällt mir sehr gut. Die „Sacred Nation“ wird zur „Scared Nation“ durch „Indoctri Nation“ der modernen Welt. „Respect the Umma"- die Mutter Erde - rappen einige junge Aboriginal-Frauen sehr eindrucksvoll.

Und wieder entdecken wir Künstler, von denen wir noch nie etwas gehört haben, z.B. von Roger Kemp, dem Visionär und Modernisten, der in Australien einen großen Namen hat.

Sehr interessant ist auch Lucy McRae mit ihrer Körperkunst, die sie „Body Architecture“ nennt. „How We Live Now“ heißt eine weitere Sonderschau, eine sehr gelungene Fotoausstellung über unsere moderne Zivilisation. Wir werden von einer Aufnahme der Stiftsbibliothek St. Florian überrascht.

Das moderne Gebäude selbst ist auch schon sehenswert, sehr ungewöhnlich. Was für ein Kontrast zur neugotischen und hässlichen St Paul’s Cathedral, die gegenüber steht. Die bietet übrigens ihre Services in allen möglichen Sprachen an, z.B. in Chinesisch und Mandarin.

Wir gehen nun noch ein wenig am Fluss Yarra entlang spazieren. Hier liegt eine nette Kneipe neben der anderen. Ehe wir vollends zu erfrieren drohen, steigen wir in den Zug nach Hause. Wie gut, dass wir im Wohnmobil eine Heizung haben.

8 km + Zug + Straßenbahn

 

Mo, 23. September

Frühlingsbeginn, zu Hause beginnt der Herbst, und die Temperaturen scheinen da wie dort sehr ähnlich zu sein- ziemlich kalt.

Außerdem ist Regen angesagt.

In entsprechender Ausrüstung fahren wir wieder mit dem Zug in die Stadt. Die lange Bahnfahrt macht uns nichts aus. Schließlich haben wir genug Lesestoff auf unseren eBooks.

Solange die Sonne noch scheint, spazieren wir in der City herum und landen unvermutet in China Town. Plötzlich ist alles auf Chinesisch angeschrieben.

In einem Souvenirladen kaufen wir Bumerangs für die Enkelkinder, What else?!

Das Architekturchaos, das ich bereits gestern beschrieben habe, zieht sich durch ganz Melbourne. Z.B biegt man von einer Hauptstraße, direkt neben einem großen, superstylischem Einkaufszentrum in eine kleine Nebengasse mit völlig heruntergekommenen, besprühten Hausfassaden ein. Aber irgendwie passt das zur Stadt. Die ist eben ganz gemischt, nicht nur, was die Bevölkerung betrifft. Wir erkennen in der Zwischenzeit einen gewissen Charme darin und beginnen Melbourne zu mögen.

Es beginnt zu regnen, und wir flüchten ins Museum, in die NGV International (National Gallery of Victoria). Mein Interesse an der ständigen Ausstellung hält sich anfangs in Grenzen. Immerhin ist es hier drin trocken. Nachdem wir allerdings das Mittelalter und die Alten Meister überwunden haben, entdecken wir zu unserer Überraschung einige Rembrandts. Und da sind ja noch ein paar Werke von unseren Lieblingen: Renoir, Pissarro, Sisley, Cézanne, Manet, Monet, Degas, Camille Corot, usw. Auch ein interessanter Francis Bacon ist dabei. Von diesen Künstlern haben wir schon so vieles gesehen, dass es mir fast merkwürdig vorkommt, dass es ausgerechnet hier in Australien immer noch Werke von ihnen gibt, die wir noch nicht kennen. Wir freuen uns, ein Bild von Françoise Gilot, der langjährigen Lebensgefährtin Picassos, zu sehen. Von ihr kenne ich eigentlich nur den Film „Mein Mann Picasso“. Schließlich entdecken wir auch ein eher unpraktisches Essbesteck von Josef Hoffmann aus den Wiener Werkstätten

Es gibt auch eine chinesische und eine ägyptische Abteilung. Sie haben halt aus der ganzen Welt etwas zusammengetragen.

Wir sind reif für eine Kaffeepause, und weil wir danach noch ein bisschen Energie verspüren, schauen wir uns auch noch die Sonderausstellung an: „Companionship in the Age of Loneliness“ vom amerikanischen Pop-Art-Künstler, Brian Donnelly, der sich KAWS nennt.

Sein "Companion" ist ein sympathischer, pummeliger Kerl mit einem Gesicht mit durchkreuzten Augen und großen Ohren. Diesen typischen Kopf, der wohl an einen Totenschädel erinnern soll, setzt er aber auch Models auf Plakaten und bekannten Zeichentrick-Figuren auf. Die Simpsons haben es ihm offenbar besonders angetan. Aber auch die Schlümpfe, die Peanuts und sogar Walt Disney’s Schneewittchen kommen dran. Unter dem Label „Original Fake“ gestaltete der Künstler auch Designer Toys mit diesem wiedererkennbaren Motiv. Wir finden es lustig.

Es gibt auch noch andere Ausstellungen in diesem Haus, aber Klaus spricht mir aus der Seele als er meint: „We let them out. It reaches.“

Wir eilen durch den Regen zum Bahnhof und fahren nach Hause zu unserem Auto.

Wir wollen heute noch ein paar Kilometer Richtung Süden machen, auf der Great Ocean Road. Vor uns liegen die grünen Hügel von Victoria im Abendlicht. Die Sonne steht rechts von uns. Gott sei Dank geht sie ordnungsgemäß in Westen unter. Sonst würden wir uns überhaupt nicht mehr auskennen.

Wir sind nämlich draufgekommen, dass in Australien auch das Mondkipferl seitenverkehrt ist.

Kurz bevor es ganz dunkel wird, checken wir in Anglesea auf einem sehr schönen Campingplatz ein.

58 km + Zug + Straßenbahn

Di, 24. September

Unsere heutige Campsite bietet blitzsaubere Luxus-Badezimmer mit Heizung. Ach, ist das angenehm! Fast schade, dass wir wieder weiterreisen.

Nicht nur der Campingplatz ist toll, sondern auch die ganze Ortschaft ist sehr schmuck. Die netten kleinen Häuser haben Gärten voller bunter Blumen.

Wir fahren weiter auf der Great Ocean Road die Küste entlang. Auf dieser spektakulären Küstenstraße, die übrigens heuer ihren 100. Geburtstag feiert, kommen wir uns ein bisschen so vor wie auf dem Highway #1 in Kalifornien.

Wir bewundern die Surfkünste der Wellenreiter, und ihre Tapferkeit, bei diesen kühlen Temperaturen im Wasser auszuharren.

Der Höhepunkt des heutigen Tages sind die Twelve Apostles, bis zu 60 Meter hohe, im Meer stehende Felsen aus Kalkstein. Sie sollen nach dem Uluru (Ayers Rock) die meistfotografierte Touristenattraktion Australiens sein. Den Namen bekamen die unterschiedlich hohen Steinsäulen in den 1950er-Jahren, obwohl es bereits damals nur 9 Stück davon gab. 2002 ist ein Apostel durch natürlich Erosion in sich zusammengestürzt, und 2009 ein weiterer. Da waren’s nur noch 7. Es macht sich eh keiner die Mühe, sie zu zählen. Sie stehen wunderschön beleuchtet vor uns und hunderten anderen Touristen. Das Wasser ist türkisblau.

Unser heutiger Campingplatz in Port Campbell ist im Vergleich zu gestern sehr einfach und daher auch sehr günstig. Er bietet uns Strom zum Heizen, was begehrt das Herz mehr.

217 km

Mi, 25. September

Wir stehen hier ganz alleine im Wald, das ist nett.

Weniger nett ist es, dass es nachts immer so kalt wird. Trotz vieler Zusatzgewänder dauert es eine ganze Weile, bis es unter der Bettdecke gemütlich wird.

Aber jeder Morgen begrüßt uns mit versöhnlichem Sonnenschein. Alles sieht wieder freundlicher aus. STS singen „Då kummt die Sunn, i g’frei mi“.

Wir fahren heute noch ein kleines Stück der Küste entlang bis zu weiteren Felsformationen aus wunderschönem orangerotem Sandstein. Beim Arch startet Klaus die Drohne. 

Die London Bridge ist schon lange keine Brücke mehr. Ursprünglich bestand sie aus zwei Bögen und sah ihrer Namensgeberin tatsächlich sehr ähnlich. Aber die Verbindung zum Festland ist 1990 eingestürzt. Der eine übriggebliebene Bogen wurde offiziell in „London Arch“ umbenannt. Aber auf allen Hinweisschildern ist immer noch der alte, klingendere Name zu lesen.

„London Bridge is falling down, my fair Lady“, heißt es ja bereits im alten Kinderlied.

Nun wenden wir uns schnurstracks nach Norden und fahren in die Grampian Mountains.

Diese westlichen Ausläufer der Great Dividing Range steigen vom Westen her langsam an und fallen dann im Osten dramatisch ab. Da wollen wir hin. Natürlich sind diese Berge nach dem schottischen Gebirge benannt. Dort hat es uns 2003 auf unserer ersten gemeinsamen Campingreise besonders gut gefallen. Die Aboriginals haben das Gebirge hier schon immer Gariwerd genannt.

Bei der Weiterfahrt sehen wir unsere ersten Roadtrains, große Lastwägen mit mehreren Anhängern. Leider liegen auch hier immer wieder tote, überfahrene Kängurus herum. Meist sind sie bereits halb aufgefressen. Geier haben wir in Australien noch nie gesehen. Die Raben scheinen hier deren Aufgaben zu übernehmen. 

Am kleinen Lake Bolac machen wir unsere Mittagspause. Hier ist ein typischer Road Point. Die Tankstelle ist zugleich General Store, Diner, Café und Post Office. Daneben steht die Bank, die zugleich Informationszentrum, Internet Point, Gift Shop, Bücherei und Apotheke ist. Zwischen den beiden Gebäuden gibt es einen netten Kinderspielplatz. Ach, da ist ja auch noch ein Friseur. Und jetzt kommt wieder über viele, viele Kilometer überhaupt nichts.

Außer riesigen, leuchtend gelben Rapsfeldern, und wir stellen Studien über die verschiedenen australischen Baumarten an.

Unser heutiges Tagesziel ist der Campingplatz in Halls Gap, das touristische Zentrum des Grampians-Nationalparks

233 km

Do, 26. September

Heute Nacht war es gar nicht kalt, und gestern Abend mussten wir gar nicht einheizen.

Das Wetter zum Wandern verspricht wunderbar zu werden, und es hält sein Versprechen.

Im Nationalpark erwartet uns angeblich eine außergewöhnlich Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Die Tiere halten sich bedeckt. Dazu sind einfach zu viele Touristen hier. Aber die Pflanzenvielfalt können wir bewundern.

Vom Wonderland Carpark aus marschieren wir los. Wir steigen steil durch den Grand Canyon bergauf. Im Vergleich zum amerikanischen Namensgeber ist es zwar ein „Very Little Canyon“, aber sehr schön und durchaus spektakulär. Weiter geht es durch einen nur schulterbreiten Felsgang, die Silent Street, durch lichte Bergwälder und über große, bizarre Felsbrocken hinauf zu einer exponierten Felsnadel oberhalb einer senkrechten Wand. Der überhängende Aussichtspunkt Pinnacle ist mit einem Geländer gut abgesichert. Die Aussicht entschädigt für die Anstrengung. Und nun geht es wieder bergab, zurück zum Auto.

So richtig ausruhen können wir uns aber noch nicht, denn wir wollen noch andere Highlights sehen. Der Weg zu den Balconies, spektakulären Felsüberhängen, ist vergleichsweise nur ein netter Spaziergang. Aber zu den McKenzie Falls müssen wir viele, viele Stufen hinunter - und dann natürlich wieder hinauf - steigen. Der Wasserfall stürzt in mehreren Stufen über schwarzen Basalt hinunter und beschert uns einen wunderschönen Regenbogen.

Die Wege sind alle sehr gut angelegt und in Schuss gehalten, wie das halt in Nationalparks so der Fall ist. 

Jetzt sind wir rechtschaffen müde. Ca. 50 km sind es noch bis zum Campingplatz in Horsham. Wir fahren über viele Serpentinen auf einer Art „Wiener Höhenstraße“. Allerdings schauen die Bäume hier ganz anders aus. Die hiesigen Grampians sind übrigens um einiges felsiger als die schottischen.

Wir freuen uns jetzt jedenfalls auf einen gemütlichen Abend.

75 km

Do, 27. September

Gestern Nacht war es sternklar. Es hat wieder merklich abgekühlt. Der gestrige fast sommerliche Tag war also nur ein kleines Zwischenspiel. Jetzt ist es wieder kühl, wie gehabt.

Die Grampians haben wir bereits überwunden, und jetzt geht es in der Ebene auf dem Western Highway dahin.

Wir machen heute einfach Kilometer nach Westen, vor allem durch Farmland, und erwarten keine Highlights.

Aber es gibt halt doch immer etwas Interessantes zu sehen, z.B. die riesigen sonnengelben Rapsfelder, die bis zum Horizont reichen. Die begleiten uns ja schon seit einigen Tagen.

Und jetzt trauen wir unseren Augen kaum. War das jetzt wirklich ein rosaroter See, an dem wir da vorbeigerauscht sind? Wir drehen um. Das müssen wir uns genauer anschauen. Es handelt sich um den Loch iel, auch Pink Lake genannt. Und er ist wirklich richtig pink. Die Farbe hat er vom rosa Salz. Da ist also nichts Chemisches im Spiel. Er sieht aber ziemlich unwirklich aus. Angeblich ist er nicht der einzige seiner Sorte in Australien. Wir lassen die Drohne fliegen. Das gehört einfach dokumentiert.

Noch etwas Nettes entdecken wir auf unserem Weg: Das Reich eines offenbar kreativen Messies. Wir nennen dieses offenbar private Sammelsurium „Messie Wonderland“. Auf einem großen Areal wurde alles, was man sich nur vorstellen kann, zusammengetragen und in einer fast künstlerischen Weise, inmitten von vielen Pflanzen angeordnet. Den Teekannenbaum finde ich besonders gelungen, aber auch das Gartenzwergeland und die viele bunten, verrosteten Scheibtruhen, in denen es grünt und blüht. Der Zaun besteht aus lauter alten Fahrrädern. Uns gefällt das bunte, lustige Durcheinander. Der Besitzer oder die Besitzerin hätte uns interessiert, aber leider kriegen wir niemanden zu sehen.

Gegen Mittag verlassen wir das schöne, grüne Victoria und überschreiten die Grenze nach SOUTH AUSTRALIA. Schon im Vorfeld haben wir große Tafeln gesehen, dass wir kein Obst und Gemüse einführen dürfen. Es besteht nämlich die Sorge, dass eine bestimmte Sorte von Fruchtfliegen die Südaustralische Weinindustrie lahmlegen könnte Wir machen also unsere Mittagspause auf einem Rastplatz kurz vor der Grenze und essen einen großen Salat und zum Nachtisch Obst. Einige Äpfel und Bananen bringen wir beim besten Willen nicht weg und lassen sie auf einem der Jausentische zurück. Hoffentlich freut sich jemand daran.

Wir wollen uns auf keine Konflikte einlassen. Schließlich haben wir einschlägige Erfahrungen in den USA und besonders in Kalifornien gemacht, wo unser Auto gründlich durchsucht wurde, sogar mit Hunden. Diesmal passiert nichts dergleichen. Wir werden überhaupt nicht kontrolliert. Immerhin haben wir die guten südaustralischen Weine gerettet.

Wir müssen die Uhren umstellen, erstaunlicherweise um eine halbe Stunde. Der Zeitunterschied zu Mitteleuropa hat sich auf 7½ Stunden verringert.

Unseren heutigen Campingplatz finden wir in Keith, wo wir gleich unsere Obst- und Gemüsevorräte wieder auffüllen.

208 km

Sa, 28. September

So kalt wie heute Früh war es auf dieser Reise noch nie, obwohl wir doch weiter im Norden und auch nicht mehr in den Bergen sind. Leider müssen wir trotzdem unter den warmen Decken hervorkriechen.

Gestern Abend haben wir ja noch spontan beschlossen, uns einen Film anzuschauen- einen Bericht über eine Winterreise nach Island.

Vor diesem Hintergrund, haben ich mir, wie ich jetzt auf dem Weg zum Waschraum so gefroren habe gedacht: „Ich Weichei!“

Wir gleiten auf dem Dukes Highway gemütlich weiter nach Westen. Es ist sehr wenig Verkehr. Zu unserer Freude und Überraschung finden wir eher zufällig den bemalten Silokomplex, den wir schon auf Postkarten gesehen haben. Das Thema des Coonalpyn Silo Mural ist „Hope for the Future“. Immer mehr Menschen verlassen die kleinen Gemeinden und immer mehr ländliche Betriebe siedeln ab. Deshalb hat der Künstler, Guido van Helten, auf den ca. 30m hohen Silos fünf Grundschulkinder verewigt, die hoffentlich die Zukunft der kleinen Stadt mitgestalten werden. Uns gefällt das Kunstwerk sehr gut, und wir freuen uns, dass wir ein weiteres Highlight zu unserer Mural-Sammlung hinzufügen können.

Es fällt auf, dass das Land nicht mehr so grün ist. Es wird immer steppenartiger.

In Meningie haben wir einen Platz im Caravan Park gebucht, und dort wartet auch bereits sehnsüchtig die Waschmaschine auf uns.

Wir stehen hier direkt am Lake Albert, einem Süßwassersee, der mit dem größeren Lake Alexandrina durch eine natürlichen Kanal verbunden ist. Mit dem Meer haben diese beiden Lower Lakes keine Verbindung, aber es liegt nur ein schmaler Streifen Wetlands zwischen ihnen und dem Indischen Ozean. Wir haben also hier wie schon so oft einen wunderbaren „Ruheplatz am Wasser“ (Psalm 23) gefunden. 

Es ist jetzt wieder sehr sonnig und warm geworden, sodass man sich gut im Freien aufhalten kann. Klaus setzt sich im wahrsten Sinn des Wortes in seinen Regiesessel und wartet mit der Kamera im Anschlag darauf, die Pelikane und Reiher im richtigen Moment zu erwischen und möglichst wirkungsvoll auf die Linse zu bannen.

116 km

So, 29. September

Wir haben gut geschlafen. Aber ich freue mich schon auf die Zeit, in der das ohne Pullover und dicken Socken möglich sein wird.

Heute ist zu Hause Nationalratswahl- ohne uns, denn wir haben keine Wahlkarten bekommen. Die hätte es erst ab dem 7. September gegeben, und wir hatten unsere Flüge ja schon gebucht, bevor noch von Neuwahlen die Rede war.

Mal sehen was die ohne uns zusammenbringen. Noch schlafen die Wähler friedlich.

Wir umrunden heute die Lower Lakes. Es geht bretteleben dahin. Rechts und links von uns ist es eher sumpfig. Auf einer Rollfähre überqueren wir den Murray River.

Nun fahren wir durch ein ausgedehntes Weinbaugebiet. An den Stöcken sind die ersten zaghaften grünen Blättchen zu sehen. Zwischen den einzelnen Weingärten grasen unzählige Schafe. Über uns fliegen Formationen von Zugvögeln. Sie kehren nach dem Winter aus dem warmen Norden heim- wieder verkehrte Welt eben.

Und dann liegt er vor uns, der Indische Ozean. Ich sehe ihn zum ersten Mal.

Unser heutiger Campingplatz liegt in Cape Jervis.

Seit Tagen sind wir dabei, unsere Lebensmittelvorräte aufzuessen, weil wir bald unser Wohnmobil zurückgeben müssen. Unsere Menüs werden also immer kreativer. Das macht aber Spaß.

Bevor wir endgültig Feierabend machen können, wartet wie jeden Abend Bildschirmarbeit auf uns.

241 km

 

Mo, 30. September

Heute geht’s mit der Fähre auf die vielgepriesene Kangaroo Island, die drittgrößte Insel Australiens- 450.000 km2 groß. Sie liegt südwestlich von Adelaide im Indischen Ozean und ist ca.150 Kilometer lang und zwischen 900 Metern und 57 Kilometern breit.

Sie hat etwas mehr als 4000 Einwohner. Ungefähr ein Drittel lebt in den drei größeren Orten, die anderen auf den vielen Farmen. Man lebt hier von der Landwirtschaft, vom Weinbau, von der Imkerei, vom Pressen von Eukalyptusöl und natürlich vom Fremdenverkehr. Ca. 200.000 Touristen kommen jedes Jahr.

Die Kinder gehen hier zur Schule bis sie 12 Jahre alt sind. Wenn sie eine weiterführende Schule besuchen wollen, müssen sie ins Internat nach Adelaide. 

Vor ca. 10.000 Jahren wurde die Insel durch den Anstieg des Meeresspiegels vom Australischen Festland getrennt. Die Ureinwohner waren bereits - aus unbekannten Gründen - ausgestorben, als die ersten europäischen Forscher und Siedler kamen.

Das besondere an dieser Insel ist, dass sie über weite Strecken ihre üppige Ursprungsvegetation bewahren konnte. Dafür sorgen Nationalparks und Schutzgebiete. Aufgrund ihrer Isolation vom Festland ist es eine Insel ohne eingeschleppte Tierarten. Es gibt also keine Füchse und keine Kaninchen

Im übrigen Australien sind diese Tiere ja leider eine wahre Plage. Irgendwann im 19. Jhd. wollte ein verschrobener englischer Adeliger auch fern der Heimat nicht auf sein Jagdvergnügen verzichten und brachte ein Dutzend Kaninchen und einige Füchse mit und setzte sie aus. Natürlich hat der wackere Waidmann nicht alle erwischt, und die Überlebenden vermehren sich seither munter weiter und verdrängen bzw. bedrohen die einheimischen Tiere,

Dieses Schicksal ist Kangaroo Island also erspart geblieben.

Unser Schiff legt um 9h ab, und ist ca. eine Stunde unterwegs. Wir checken auf dem Campingplatz im Hauptort Kingscote ein. Für morgen haben wir eine Guided Tour gebucht. 

Die Insel hat viele Highlights zu bieten. Von den Sehenswürdigkeiten, die morgen nicht auf dem Programm stehen, wollen wir uns heute einige auf eigene Faust anschauen.

Wir peilen also das Besucherzentrum des Flinders-Chase-Nationalparks an. Hier machen wir eine sehr schöne zweistündige Rundwanderung, auch mit der vagen Hoffnung, vielleicht ein Schnabeltier zu sehen. Ziemlich lange harren wir ganz leise am Platypus-Pool aus und achten sorgfältig auf aufsteigende Luftbläschen, aber leider haben wir kein Glück. Diese Tiere sind einfach sehr scheu.

Immerhin erfahren wir auf den unzähligen Schautafeln viel Interessantes und wir können einen Koala, vier ziemlich kleine Wallabys, einige graue Hühnergänse mit gelben Gesichtsmasken, einen großen Flusskrebs und viele fleißige Termiten bewundern.

Uns gefallen auch die vielen uns unbekannten Blümchen und die Büsche mit zarten bunten Blüten. Besonders ungewöhnlich sind aber die vielen Yaccas, auch Grasbäume genannt. Sie wachsen auf hohen Stämmen und bilden oben einen ebenmäßig runden Bubikopf aus langen, harten Blättern aus. Klaus nennt sie „Riesen-Klobürsten“. Jedes Jahr kommt ein neues „Stamm-Stockwerk“ dazu. Bis zu 6m können sie hoch werden. Es gibt sie nur in Australien, wo sie oft den Unterwuchs in den Eukalyptuswäldern bilden. Besonders an ihnen ist, dass sie Buschbrände unversehrt überstehen. Die Brände sind für das Gedeihen der Grasbäume sogar notwendig. Sie zählen zu den Pyrophyten, deren Verbreitung und Reproduktion durch Feuer gefördert wird.

Nun steht noch der Höhepunkt des Tages auf unserem Programm, die bizarren Felsen der Remarkable Rocks. Auf einem runden Inselberg, der durch Eisenoxyde und Flechten orange erscheint, stehen die riesigen Granitblöcke, die in den letzten 200 Millionen Jahren durch Wind , Regen und Sand ausgewaschen wurden. Teilweise sind sie richtig ausgehöhlt. Manche erinnern mich an wilde Tiere mit aufgerissenen Mäulern. Auf jeden Fall sind sie tolle Fotomotive.

Jetzt haben wir es aber schon recht eilig, nach Hause auf den Campingplatz zu kommen. Wir wollen nicht in der Dunkelheit unterwegs sein, um keine Zusammenstöße mit Tieren zu riskieren.

Alles geht gut, und schon bald sitzen wir mit einer Tasse heißem Tee hinter unseren Bildschirmen.

299 km + ca. 20 km Fähre

Di, 1. Oktober

Gestern Abend habe ich mich ein bisschen krank gefühlt- Halsweh, Kopfweh, rinnende Nase. Ich bin also früh schlafen gegangen- mit Schal. Erfreulicherweise habe ich sehr gut geschlafen und fühle mich heute wieder fit.

Um 8h45 holt uns Vicky vom Campingplatz ab. Sie wird für heute unser Guide sein.

Ein wunderbarer Tag beginnt. Wir haben wirklich Glück. Die Sonne scheint. Es ist sommerlich warm. Die anderen vier Teilnehmer unserer kleinen Gruppe passen zu uns, und wir verstehen uns gut. Vicky ist sehr nett und kompetent und spricht so deutlich, dass wir sie gut verstehen können. Wir sind mit einem Allradauto unterwegs, mit dem wir auch auf unbefestigten Nebenstraßen fahren können. Bei so einer Tour kann man ja nie wissen, welche Tiere man zu Gesicht bekommen wird, und ob man überhaupt welche zu sehen kriegt. Wir sind aber auch da „extremely lucky“.

Natürlich gibt es überall Wallabys und Kängurus, nach denen die Insel ja benannt ist. Aber wir sehen auch einen Waran und sogar eine sehr scheue und sehr giftige schwarze Tigerotter. Zwei niedliche Schnabeligel laufen uns buchstäblich über den Weg, und Koalas gibt es ja sowieso sehr viele auf der Insel. Eine Mutter mit Baby ist so süß und so gut zu sehen, dass sogar Vicky Fotos macht, obwohl sie solche Anblicke ja gewohnt sein muss, weil sie auf der Insel geboren ist.1923 beschloss man, einige Koalas auf der Insel anzusiedeln. Es hatte hier zwar schon vorher welche gegeben, aber die waren leider ausgestorben. Ihr Fell war einfach zu hübsch und warm. Man kaufte also 18 Stück vom australischen Festland. Mittlerweile gibt es ca. 40.000 von diesen possierlichen Tieren. Das ist aber eigentlich schon zu viel. Manche fast kahl gefressenen Eukalyptusbäume werden mit Metallringen geschützt, damit die Koalas nicht hinaufklettern. So können sich diese Bäume wieder erholen. Außerdem wird Geburtenkontrolle betrieben. So viele Koalas, wie die Ranger nur erwischen können, werden gefangen und sterilisiert.

Wir bekommen zusätzliche Informationen über die Yaccas, die Grasbäume, die uns ja gestern schon so gut gefallen haben. Sie wachsen nur ca. einen Zentimeter pro Jahr. Wenn sie also einen Meter hoch sind, sind sie bereits hundert Jahre alt. Heute sehen wir auch einige von diesen erstaunlichen Gewächsen, die Blüten ausgebildet haben. In der Mitte des „Blattschopfs“ schiebt sich eine braune Spitze empor und ein Blütenstand entwickelt sich. So ein Schaft kann bis zu zwei Meter hoch werden und ist über und über mit hellgelben sternförmigen Blüten bedeckt. Die Bienen lieben diese winzigen Blütchen, weil sie voller Nektar sind. Unsere Freude ist groß, denn diese Pflanzen blühen keineswegs jedes Jahr. Es kann manchmal sogar bis zu 25 Jahre dauern, ehe sich die nächste Blüte entwickelt. 

Wir sehen auch weiße Strände, die an diesem sonnigen Tag mit einigen Badegästen und natürlich mit Surfern bevölkert sind.

Unseren Lunch nehmen wir mitten in der Wildnis unter einem Zelt, an einem nett gedeckten Tisch ein. 

Gleich nebenan ist ein typischer Billabong. So wird ein natürliches Wasserloch oder eines, das zum Auffangen von Regenwasser gegraben wird, genannt. Ein solcher spielt in der heimlichen Hymne Australiens „Waltzing Matilda“ eine Rolle.

Ein weiterer Höhepunkt folgt noch. Wir besuchen die Seelöwenkolonie. Die meisten Tiere liegen träge am Strand in der Sonne. Die süßen Babys robben allerdings recht aktiv herum. Die erwachsenen Tiere verbringen drei Tage und drei Nächte im Meer. Dann ruhen sie sich für drei Tage und drei Nächte am Strand aus. Auch die Mütter lassen ihre Jungen immer wieder tagelang allein. Es gibt keine natürlichen Feinde, also ist das ungefährlich für sie, und die Muttermilch ist so nahrhaft, dass sie für mehre Tage reicht. Die Bullen haben tatsächlich eine silberne Mähne am Rücken.

Auf dem Heimweg können wir nochmals einer Kängurumutter mit ihrem Jungen aus der Nähe zuschauen. Es kommt jeweils ein Junges zur Welt. Mehr Platz ist im Beutel nicht. Das Neugeborene ist so groß wie das oberste Glied eines kleinen Fingers. „It looks like a pink jelly bean“. Die Mutter leckt ihr Fell und baut so einen feuchten Weg für das Baby in ihren Beutel. Dort saugt es sich an einer kleinen Zitze fest. Im Beutel befindet sich aber auch noch eine längere Zitze. Die ist für das größere Junge, das zwischen 6 Monaten und einem Jahr alt ist und immer noch gerne seinen Kopf in den Beutel steckt, um zu trinken. Die Mutter produziert zwei Sorten von Milch, eine fettere für das Baby und eine dünnere für das größere Kind. Ist das nicht toll? Wenn die männlichen Jungen ein Jahr als sind, werden sie von der Mutter verscheucht. Die weiblichen Jungen bleiben bei der Mutter und lernen „How to be a Mum“. Die genießen sogar noch den mütterlichen Beistand, wenn sie selbst das erste Mal Nachwuchs bekommen.

Das haben wir wieder einmal gut getimed. Nach diesem schönen Frühsommertag, beginnt es am Abend zu regnen. Da sitzen wir aber schon längst vor unseren Computern.

 

Mi, 2. Oktober

Obwohl es fast die ganze Nacht geregnet hat, ist es heute Früh wieder sehr sonnig. Es scheint so, als wären die kalten Tage jetzt vorbei.

Wir fahren in den Fährhafen. Heute geht es zurück aufs australische Festland. Wir verabschieden uns also von Kangaroo Island, einem wirklich schöne Fleckchen Erde. Hier gibt es sehr viel unberührte Natur und viele Wildtiere, fruchtbare Böden, kaum Umweltverschmutzung, keine gentechnisch veränderten Pflanzen, keine Bienenkrankheiten, kaum Verbrechen. Die Winter sind recht mild und die Sommer nicht zu heißt. „Like paradise“, wie unsere Rangerin Vicky gestern meinte. Uns hat es hier ganz besonders gut gefallen.

Um 11h30 steigen wir nach der Überfahrt wieder in unser Auto und spulen die letzten 100 km mit diesem Wohnmobil bis Adelaide ab. Ein letztes Mal geht es an großen Weingärten vorbei. Hier wächst der beste südaustralische Wein. Deutsche Siedler haben einst die ersten Reben gepflanzt. Übrigens war Südaustralien als einziger Bundesstaat niemals eine Strafkolonie. Darauf sind die Einwohner stolz.

Wir werfen letzte Blicke auf die wunderschönen Eukalyptusbäume und die Vegetation, an deren Anblick wir uns mittlerweile gewöhnt haben.

Adelaide ist nach der deutschen Prinzessin Adelheid benannt, der Gattin von König Wilhelm IV, dem seine Nichte, die spätere Königin Victoria auf den Thron folgte.

Die Stadt hat etwas mehr als eine Million Einwohner.

Unser erster Weg führt uns zu unserem Autovermieter Apollo. Wir kündigen die Rückgabe des Wohnmobils für morgen an. Ganz in der Nähe ist ein Campingplatz, auf dem wir die letzte Nacht in diesem Auto verbringen werden.

Wirwohnen nahe dem Stadtzentrum und können einfach zu Fuß losmarschieren. Das ist ein netter Spaziergang am River Torrens entlang. Hier sind auch viele Radfahrer unterwegs. Es ist sommerlich warm bei 26°.

Als die Stadt im 19. Jhd. gegründet wurde, legte man rundherum einen breiten Grüngürtel an. Natürlich wuchs die Stadt. Man baute einfach außerhalb dieses Gürtels weiter. Es befinden sich also im Zentrum viele Parks, der Zoo und ein wunderschöner Botanischer Garten. Was quietscht und schnattert da über unseren Köpfen? Die Bäume sind voller Flughunde. Es müssen hunderte sein. Sie hängen mit den Köpfen nach unten da und ruhen sich aus. In der Nacht werden sie dann auf Futtersuche bis zu 50 km unterwegs sein. Ihre schwarzen Flughäute können eine Spannweite von bis zu einem Meter erreichen.

Wir landen im Universitätsviertel mit vielen Lokalen und einem netten Flair. Viele Häuser an der North Terrace vermitteln mit ihren geschnitzten Holzbalkonen so etwas wie Südstaatenromantik. Hier herrscht eindeutig der Kolonialstil vor. Wir flanieren ein wenig herum. Der Heimweg führt uns durch den Botanischen Garten. Wir sind begeistert von der Vielfalt und Üppigkeit der Pflanzen, von denen uns die meisten wieder ganz fremd sind- „In the heart of the city but another world away“. Manche Bäume, meist Ficusarten, sind gigantisch. Die Baobabs, die Affenbrotbäume mit ihrem Wasserreservoirs im Stamm, kennen wir ja aus Afrika.

Zu Hause, in unserem Wohnmobil heißt es jetzt Koffer packen. Unsere Lebensmittel haben wir ja alle aufgegessen. Heute zum Frühstück gab es z.B. Butterbrot mit Datteln.

Wie schön, dass wir in unserer letzten Nacht in diesem Auto nicht frieren müssen.

175 km + ca. 20 km Fähre

Do, 3. Oktober

Unser heutiges Frühstück besteht aus Butterbrot mit Apfelscheiben. So, und jetzt ist wirklich alles weg.

Wir fahren zum Apollo-Autovermieter und nehmen Abschied von unserem Motorhome, das für die letzten Wochen unser Zuhause war. Hoffentlich werden wir mit den nächsten Mietautos auch so gut zurechtkommen.

Es ist auch ein Abschied von South Australia mit seinen Tieren und seinen schönen Eukalyptusbäumen. 

Das Taxi bringt uns zum Flughafen. Der Flug über ca. 1200 km nach Nordwesten dauert ca. 2 Stunden. Zeitverschiebung haben wir keine. Um a. 16h landen wir in Alice Springs, im NORTHERN TERRITORY, Wir kommen in den „Hohen Norden“. Ganz klar, dass es hier heiß ist ;-). 35° sind eigentlich auszuhalten. In der Flughafenhalle arbeitet natürlich die Klimaanlage heftig. Die Inneneinrichtung im Aborigine-Stil gefällt uns sehr gut.

Das Taxi bringt uns zu einer sehr hübschen Hotelanlage mit vielen Palmen und Pool. Hier haben wir für heute Nacht einen der Bungalows gemietet. Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir einen Spaziergang durch den nahegelegenen Botanischen Garten. Eine karge, steinige, trockene Angelegenheit. Einige Bäume wachsen tatsächlich hier, vor allem Eukalyptusbäume und Palmen. Das Flussbett des River Todd ist vollkommen ausgetrocknet. Auch mit lästigen Fliegen haben wir bereits Bekanntschaft gemacht. Aber zu unserer Überraschung entdecken wir eine Pflanze mit knallroten Blüten, die uns mit vielen Augen anzustarren scheint, die Wüstenerbse. „Ma, he’s making eyes at me...“

Wir sind nun mitten im Zentrum von Australien. Den Namen „The Red Center“ finden wir sehr passend. Die steinige Erde hat wirklich diese Farbe. Die Stadt ist ca. 1500 km von allen anderen größeren Städten entfernt. Im Golf-Club essen wir zu Abend. Offenbar besteht eine Kooperation mit unserem Hotel. Dekadent kommt uns das vor, dass wir hier neben einem grünen Golfplatz mitten in der Wüste sitzen. Die Sonne geht unter, und der Aufenthalt im Freien ist jetzt sehr angenehm.

Heute Nacht können wir wieder einmal in einem richtigen Bett schlafen.

16 km + Flug

 

Fr, 4. Oktober

In aller Frühe lassen wir uns im Taxi zum Apollo-Autoverleiher bringen. 

Alice Springs präsentiert sich bei der Durchfahrt als „ganz normale“ Stadt, mit Supermärkten, McDonalds und KFC. Von Outback-Romantik ist überhaupt nichts zu spüren. Den ca. 28.000 Einwohnern ist es wahrscheinlich bedeutend lieber so.

Wir sind ja auch froh, dass wir ein schönes Hotel hatten und komfortabel hierher fliegen konnten, statt ca. 1500 km durch gnadenlose Einöde zu fahren. Noch 1954 gab es hierher einmal pro Woche einen Zug aus Adelaide, der zusammen mit der Telegraphenstation die einzige Verbindung mit der Außenwelt darstellte. Heute ist die Stadt nicht mehr nur erreichbar, sondern sogar ein richtiges Reiseziel für Touristen geworden.

Vom Old Ghan Train, der bis 1980 verkehrte, ist nur noch eine alte Lok übrig, die dekorativ herumsteht. Der moderne Ghan verkehrt immer noch. Er verbindet Adelaide, Alice Springs und Darwin, ganz im Norden. Der Name des Zugs kommt von „Afghan“, als Erinnerung an die afghanischen Kameltreiber, die die Karawanen im australischen Zentrum führten. Das waren die Vorgänger der Bahn sozusagen.

Das Northern Territory hat sich eine Art Grenzlandmentalität bewahrt. 1998 wurde es eingeladen, der siebente Bundesstaat Australiens zu werden. Aber die Bewohner lehnten das ab. Sie waren offensichtlich gerne Außenseiter. Das Land liegt zwar in Australien, aber nicht richtig.

Es hat keine Sitze im Parlament. Es sendet seine Repräsentanten nach Canberra, aber die dürfen nicht mit abstimmen. Besonders kurios ist es, dass bei landesweiten Volksabstimmungen die Bürger des Territory dazu aufgerufen sind, ihre Stimme abzugeben, die werden aber nicht mitgezählt. Offenbar sind die Leute hier damit zufrieden.

Den Papierkram bei Apollo können wir ziemlich rasch hinter uns bringen. Hurra, wir haben wieder das gleiche Automodell, bei dem man die Betten nicht jeden Abend neu machen muss. Es ist wie nach Hause kommen. Wir können unsere Dinge dorthin räumen, wo sie „hingehören“.

Wir fahren nun durch das ausgedörrte rote Herz Australiens, das manchmal auch das grausame genannt wird. Es präsentiert sich uns wunderschön. Die leuchtend rote Erde und die trockenen, dornigen Büsche und Bäumchen in vielen Grüntönen bieten einen bezaubernden Kontrast. 

Wir rauschen ja auch in unserem klimatisierten Auto auf einer gut ausgebauten Asphaltstraße dahin. Unser Wasser- und unser Treibstofftank sind voll. Als sich die Forscher des 19. Jhd. einen Weg durchs Dornengebüsch bahnten, mussten sie nicht nur die unsägliche Hitze und die Wasserknappheit ertragen. Sie wurden auch von Stechameisen, giftigen Spinnen und Eingeborenen attackiert. Viele dieser mutigen Reisenden kamen um. Die Gegend übt unbestritten eine große Faszination aus, denn trotz der Widrigkeiten und der Lebensgefahr kamen immer wieder Abenteurer hierher. Einige von ihnen hatten Kamele dabei. Wenn die Menschen starben, machten sich die Tiere selbständig. Seit damals gibt es wilde Kamele in dieser Gegend. Es sind ja Wüstentiere und halten es hier offenbar aus. Wir haben allerdings keine gesehen.

Der Weg zum Ayers Rock ist ziemlich weit. Der Sandsteinmonolith, der nach einem ehemaligen Premierminister benannt wurde, hat jetzt auch offiziell seinen Aborigine-Namen Uluru zurückbekommen. Es ist ein Inselberg, der sich 350m über sein Umland erhebt.

Zuerst geht es ca. 200 km nach Süden und dann biegen wir nach Westen ab. Die Roadtrains, die uns hier entgegenkommen, sind andere Kaliber als diejenigen, die wir bis jetzt gesehen haben. Sie können bis zu 53m lang sein. Sie haben vier bis fünf lange Anhänger. Sonst begegnen uns aber nur wenige Autos. Manchmal stehen Autowracks am Straßenrand, die offenbar völlig ausgeschlachtet wurden. Was sich da wohl für Dramen abgespielt haben. Gerade sind wir über eine Brücke über ein breites aber völlig trockenes Flussbett gefahren. Wir sind ganz alleine auf der Welt, mitten im australischen Busch, ohne Handyempfang ... aber mit Rastplätzen und Tankstellen alle hundert Kilometer. Ein wenig erinnert uns das alles an New Mexico.

Am frühen Nachmittag erreichen die Temperaturen ihren Höhepunkt, 38°. 

In Yulara, dem „Ayers Rock Resort“ tummeln sich tausende Touristen. Wo kommen die alle auf einmal her? Wo doch auf der Straße hierher kaum Verkehr geherrscht hat. Vor der Campingplatz-Rezeption steht eine lange Schlange. Wir haben Glück. Nach ca. einer Stunde Warten können wir noch einen der letzten Plätze erhaschen- auf dem Overflow-Platz, ohne Strom und weit weg von allen Amenities. Wir sind’s zufrieden. Es ist immerhin ein legaler Platz für die Nacht.

Wir eilen gleich weiter in den Ayers Rock Nationalpark. Zunächst besuchen wir die Felsformation der Olgas. Sie sind nach Königin Olga von Württemberg benannt. Ihr Entdecker wollte so seiner Förderin huldigen. Der Aborigine-Name ist Kata Tjuta. Das bedeutet „Viele Köpfe“, und so sehen die 36 Berge auch wirklich aus. Sie sind auf die gleiche Weise entstanden, wie der Uluru. Vor 550 Mio Jahren wurden sie emporgedrückt. Ich finde sie nicht weniger faszinierend als ihren viel berühmteren Bruder. Bei einer kleinen Wanderung setzen uns die Millionen von kleinen Fliegen heftig zu. Sie kriechen in Ohren, Nasen und Augen. Zum ersten Mal kommen unsere Fliegennetze, die man sich über den Kopf ziehen kann, zum Einsatz. Sie erweisen sich als wahrer Segen. Viele der anderen Wanderer sind ähnlich ausgerüstet. So macht das Ganze den Eindruck eines Betriebsausflugs der Imkervereinigung. 

Nun geht es aber zum Star der Gegend. Wir wollen den Uluru bei Sonnenuntergang sehen. Er steht sehr beeindruckend mitten in der Ebene. Man kann gut verstehen, dass er den indigenen Völkern heilig ist. Wir sind hingerissen von den Farben, die von violett zu rosa und dann zu orange übergehen. So wie wir bestaunen auch unzählige andere Touristen am Sunset Point fast andächtig das Schauspiel. Viele sitzen auf den Autodächern. Natürlich ist auch Klaus auf die Kühlerhaube geklettert. Wir haben das Abendlicht perfekt erwischt.

Jetzt wollen wir aber nach Hause, zurück zu unserem Campingplatz.

Klaus ist heute immerhin 576 km gefahren, eine starke Leistung.

 

Sa, 5. Oktober

Um 3h Früh ist es sehr kalt geworden. Wir holen die warmen Decken hervor, was wir uns am Abend niemals hätten vorstellen können.

Wir fahren heute schon um 7h30 los. Bis 11h sind die Temperaturen nämlich noch sehr angenehm. Wir haben ja wieder eine Fahrt durch das Outback vor uns, auf dem Weg zum Kings Canyon. Er liegt ca. 300 km weiter im Norden. Das ist ein lohnender Umweg auf unserem Rückweg nach Alice Springs. 

Der Mount Conner bietet ebenfalls einen beeindruckenden Anblick. Das ist ein Tafelberg, oben ganz flach, mit senkrechten Wänden. Er erinnert uns ein wenig an Monument Valley. Obwohl er sogar älter ist, steht er hier halt im Schatten von Uluru und Kata Tjuta. Geologisch hat er nichts mit ihnen zu tun. Auch wir schenken ihm nur einen kurzen Blick im Vorbeifahren.

Es scheint hier im Busch auch immer wieder zu brennen. Man sieht viele verkohlte Reste von Bäumen und Büschen, und kohlschwarze Stämme, die wieder grün ausgetrieben haben. 

Wir machen uns frühzeitig auf Quartiersuche, aber alles scheint ausgebucht zu sein. Schließlich, als wir es schon gar nicht mehr erwartet haben sind wir doch noch erfolgreich. 

Wir haben sogar Strom, was bedeutet, dass wir alle unsere Geräte aufladen können, und sich unsere Klimaanlage anwerfen lässt. Sie schafft es schließlich, uns das Saunafeeling etwas zu nehmen. Der Campingplatz hat ja auch einen Pool. Unter diesen hervorragenden Bedingungen wollen wir die Zeit hier genießen und den Canyon erst morgen in aller Frühe besuchen. Wir schieben also einen Büronachmittag ein, allerdings ohne Internet. Man kann eben nicht alles haben. 

Am Abend ist es dann wieder sehr angenehm, im Freien zu sitzen. Und so machen wir Bekanntschaft mit unserem ersten Dingo. Ich finde ja, dass er wie ein normaler Hund aussieht. Er streift über den Campingplatz, in der Hoffnung, dass ihm jemand einen Happen abgibt. Obwohl überall darauf hingewiesen wird, dass man Wildtiere nicht füttern soll, wird das eben doch immer wieder gemacht. Wir beschließen, uns nicht zu fürchten und genießen den „lauen Sommerabend“.

303 km

 

So, 6. Oktober

Wir stehen um 6h auf und fahren noch vor 7h los. Es ist stockdunkel und angenehm kühl. Die anderen Camper schlafen noch alle. Ganz hinten am Horizont zeigt sich ein schwacher Schimmer. Eos, die Morgenröte, beginnt bereits ihre Rosenfinger auszustrecken.

20 Minuten später sind wir beim Ausgangspunkt unserer kleine Wanderung in den Kings Canyon. Es ist rasch hell geworden. Auch die Fliegen sind schon munter und warten auf uns. Wir dachten ja bis jetzt, das Inter-Net wäre auf Reisen so wichtig. Jetzt wissen wir, dass es das Insect-Net ist, das man noch dringender braucht. Es schützt uns so gut, dass wir unsere Wanderung so richtig genießen können. Um diese Uhrzeit ist es herrlich hier draußen, und wir sind ganz alleine unterwegs. Wir können uns kaum satt sehen an der Farbenpracht. Eukalyptusbäume mit schneeweißen Stämmen und hellgrünen Blättern, verschiedene Büsche in unzähligen Grüntönen, und das Ganze in reizvollem Kontrast zur roten Erde und den roten, steilen Felswänden. Dazwischen stehen tiefschwarze verkohlte Stämme, die vom letzten Buschfeuer übrig geblieben sind. Zusammengefasst: „it’s gorgeous“. 

Der Weg führt unten im der Schlucht am Kings Creek entlang, der natürlich auch völlig ausgetrocknet ist. Wir sind hier im Watarrka National Park, der auf Aborigine-Gebiet liegt. Wir sind willkommen, steht auf eine Tafel, aber wir sollen das Land mit Respekt betreten und es nicht zerstören. Die bereits erwähnten weißen Bäume, die Ghost Gums, sind heilig. Das können wir gut nachvollziehen. Sie sind wirklich sehr eindrucksvoll.

Jetzt machen wir uns auf den Rückweg nach Alice Springs. Da haben wir noch einige Kilometer vor uns. Es ist ungefähr 9h, und die Sonne beginnt bereits zu knallen.

Wie wir so auf dem „Endless Highway“ dahin fahren, fällt uns auf, dass unser GPS eine andere Uhrzeit anzeigt, als unsere Uhren. Des Rätsels Lösung, heute Nacht war die Umstellung auf Sommerzeit. Wir sind also eigentlich bereits um 5h aufgestanden.

Mark Knopfler singt: „The long Road“, und da hat er recht. Zwei vollbepackte Radfahrerinnen nötigen uns tiefsten Respekt ab. Auf dieser langen heißen Durststrecke muss die Fahrt mörderisch sein. Es gibt vielleicht alle 100 km eine Tankstelle.

Klaus fallen plötzlich Bäume auf, in denen es verdächtig dunkel aus. Das müssen wir uns näher anschauen. Da sitzen dutzende schwarze Kakadus. Im Auffliegen können wir ihre roten Schwanzfedern leuchten sehen. Diese Sorte gibt es nur an ganz wenigen Stellen in Australien. Wie schön, dass wir sie gesehen haben.

In der Ferne können wir immer wieder Windhosen - kleine Mini-Wirbelstürme - erkennen. Der rote Sand wird hoch aufgewirbelt.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Alice Springs, einen Tag früher als erwartet. Unser Hotelzimmer haben wir erst für morgen gebucht. Wir haben Glück. Es ist auch für heute Nacht etwas frei. Wir kommen also in unseren vertrauten Bungalow nach Hause. Er hat zwar eine andere Nummer als der vor drei Tagen, aber die sind ja alle gleich. Welch ein Luxus.

484 km

 

Mo, 7. Oktober

Wir können unser Häuschen diesmal besonders genießen, weil mir mehr Zeit haben. Wir frühstücken auf unserer Veranda, im Schatten von Palmen mit Blick auf den Pool. „Wie ein Karibikurlaub“, meint Klaus. Wenn man bedenkt, dass wir hier in derselben Wüste sind, die wir in den letzten Tagen durchquert haben.

Wir nützen unser Wohnmobil noch aus und fahren auf den Anzac Hill hinauf. Von hier aus haben wir eine gute Aussicht auf die Stadt und bis in die Wüste hinein. Klaus lässt die Drohne fliegen, und es gelingt ihm tatsächlich, zwei große Roadtrains mit mehreren Anhängern zu filmen. Von oben sehen sie tatsächlich wie Züge aus. Allerdings gerät unser Fluggerät in Gefahr, weil es von Vögeln angegriffen wird. Klaus lässt es zur Rettung steil in die Luft steigen. ANZAC ist das Akronym für Australian and New Zealand Army Corps, das im Ersten Weltkrieg, besonders in der Schlacht von Gallipoli, sehr große Verluste zu verzeichnen hatte. Heute wird auf diesem Hügel der Gefallenen aller Kriege gedacht.

Nun treten wir unsere letzte Fahrt mit dem hiesigen Wohnmobil an und geben es bei Apollo zurück. Wir haben es ja schon gestern Abend ausgeräumt.

Den Weg zurück zum Hotel gehen wir zu Fuß. Wir machen also eine Wüstenwanderung von ca. 3,5 km mitten in der Stadt. Wir spazieren den nicht vorhandenen Fluss entlang und teilweise sogar mitten im Flussbett. Dabei begegnen uns viele bizarre Bäume, aber auch viele Aborigines. Wir vermuten, dass sie arbeitslos sind, und hier tagsüber herumstreifen. Ganze Familien scheinen im Schatten von Eukalyptusbäumen zu „wohnen“ „Coolibah Trees“, wie sie sie nennen- nachzulesen im Text von „Waltzing Matilda“. Allerdings haben wir auch Aborigines als Gäste in unserer Hotelanlage gesehen.

Auf unserem Weg sehen wir Verkehrsschilder, die vor der Überflutung von Straßen warnen. Offenbar führt der River Todd manchmal doch Wasser und tritt sogar über die Ufer. Das kann man sich jetzt überhaupt nicht vorstellen.

Als Gegensatz zu den Obdachlosen und der Dürre kommen wir auch an Villen vorbei, die mit Mauern umgeben sind, über die üppig Bougainvillea in allen Farben wuchert. Dahinter mag es wohl ähnlich edel aussehen, wie in unserer Hotelanlage, die sich wie eine Oase in der staubigen Umgebung ausnimmt. Der Name „Desert Palms“ könnte nicht besser passen. So lässt es sich natürlich auch in der Wüste leben, wenn man reich genug ist.

Den Nachmittag und Abend verbringen wir gemütlich auf unserer Veranda und im Pool.

Für das Abendessen sind wir wieder kreativ. Herd haben wir keinen, aber eine Mikrowelle. Also werfen wir alle unsere Reste zusammen, und zaubern mit Salz und etwas Öl ein erstaunlich köstliches Gemüsegericht. Ein paar Scheiben Brot haben wir ja auch noch. Wir kratzen das letzte Joghurt aus dem Becher. Da ist noch ein Apfel. So haben wir auch noch einen Nachtisch. Wir entwickeln uns auf dieser Reise zu echten Koch-Schanierln, weil wir ständig Reste vertilgen müssen.

Morgen fliegen wir ja wieder- nach Norden, nach Cairns.

8 km

Di, 8. Oktober

Um 10h müssen wir unser Häuschen räumen. Der Taxifahrer, der uns zum Flughafen bringt, ist ein „Redhaus“. Aber eine Information, die wir von ihm bekommen, ist doch interessant: Für die Aborigine-Kinder gilt die Schulpflicht nicht. Die Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken, oder nicht. Das erklärt wohl auch den niedrigen Bildungsstand vieler und ihre hohe Arbeitslosenrate.

Auf dem Flug in den Norden macht unser Flugzeug einen Umweg und in Ayers Rock Resort eine Zwischenlandung. Wir können also auf das Outback hinunterschauen, das wir in den letzten Tagen durchquert haben. Wir sehen die Straße, die kerzengerade hindurchführt, einen ausgetrockneten Fluss mit stark mäanderndem Flussbett und einige ebenfalls ganz trockene Salzseen. Ein letztes Mal schauen wir auf Uluru und Kata Tjuta hinunter. In der Ferne erkennen wir auch den Mount Conner

In derselben Maschine geht es dann weiter nach Cairns in QUEENSLAND. Wir sind jetzt im rechten oberen Eck von Australien. Unsere Uhren müssen wir um ½ Stunde weiter drehen. Es ist bei der Landung also kurz nach 17h. 

In unserem Hotel, das den passenden Namen „Queenslander“ trägt, begrüßt uns an der Rezeption eine Schweizerin.

Sehr nett ist es hier, nicht luxuriös, aber wir mögen es auf Anhieb. Wir haben wieder eine kleine Küchenzeile und außerdem einen Balkon mit Blick auf den Garten. Auf dem Gang, direkt vor unserem Zimmer stehen Waschmaschine und Trockner, die wir sofort befüllen.

Hier werden wir einige Tage verbringen. Wie gut, dass wir uns wohlfühlen. 

Flug: 1453 km

 

Mi, 9. Oktober

Cairns hat ca. 135.000 Einwohner. Tropisches Klima herrscht vor. Als Kontrastprogramm zur Wüste gibt es hier üppige Vegetation, sogar Mangroven und Regenwald. Die leuchtenden Farben der Pflanzen kennen wir von Costa Rica. Die Stadt ist ein beliebtes Touristenziel wegen des Great Barrier Reef, dem wir uns morgen widmen werden. 

Heute genießen wir einfach einen gemütlichen Ruhetag, da die Stadt - Gott sei Dank - keine besonderen Highlights zu bieten hat. Wir gehen ein bisschen spazieren, um einen kleinen Eindruck zu bekommen. Die Temperaturen sich richtig angenehm, zumal ein kühles Lüftchen weht. Spontan beschließen wir, das Aquarium zu besuchen, als Einstimmung auf unseren morgigen Ausflug in die Coral Sea. Es ist gut aufbereitet und interessant. Auf der Esplanade - am Meeresufer entlang - flanieren wir zum Hotel zurück.

Do, 10. Oktober

Für heute haben wir eine Tour zum Great Barrier Reef gebucht. 

Das ist eine zusammenhängende Ansammlung von ca. 3000 einzelnen Korallenriffen. Es handelt sich um die größte von Lebewesen geschaffene Struktur der Welt und bietet einen Lebensraum für über 60.000 andere Arten- Fische, Wasserschildkröten, Schwämme, Weichtiere, usw. Seinen Ursprung hatte das Riff vor rund 600.000 Jahren. Die Korallen bauten es durch ihre Kalkskelette auf. Im Laufe seiner Evolution hat es eine Länge von über 2.000 Kilometern erreicht und eine Fläche, die ca. so groß ist, wie ganz Deutschland. Man kann es sogar vom Weltraum aus sehen.

Im Jahr 1981 wurde es von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.

Korallenriffe sind sehr empfindliche Ökosysteme. Korallen können nur in einem klaren, sonnendurchfluteten Gewässer mit sehr eingeschränktem Temperaturbereich gedeihen und überleben. Eine Erhöhung der Wassertemperatur führt zum Abstoßen und anschließenden Absterben des lebensnotwendigen Algenbewuchses der Korallen und zu sogenannten Korallenbleichen. Große Teile sind leider bereits geschädigt. 

Der Klimawandel ist also auch hier ein Riesenproblem. In dieser Gegend ist das Riff angeblich dabei, sich wieder zu erholen. Für uns hat es intakt ausgesehen.

Es gibt engagierte, kreative Rettungsversuche. Z.B. werden spezielle Betonbälle zur Riffneubildung versenkt. Hoffen wir, dass die von Wissenschaftlern gegründete Global Coral Reef Alliance erfolgreich ist.

Unser Treffpunkt für den Shuttle zum Schiff ist um 7h25 angesetzt. Wir sind pünktlich da und warten bis 7h45. Niemand kommt, um uns abzuholen. Immer wieder versuchen wir im Büro des Veranstalters anzurufen, aber dort schlafen sie offenbar noch. Niemand  hebt ab.

Wie halten ein Taxi auf und lassen uns in den Hafen bringen. Dort stehen unzählige Ausflugsschiffe und warten auf ihre Gäste. Welches könnte unseres sein? Klaus steuert einfach irgendeins an und zeigt unsere Buchung- „He played by Intuition...“, wieder einmal. Es ist tatsächlich unser Schiff. Wir können kaum glauben, dass wir es noch erreicht haben. Eigentlich haben wir damit nicht mehr gerechnet.

Ein toller Tag mit unvergleichlichen Eindrücken wartet auf uns und die rund anderen 100 Teilnehmer. Klaus genießt das Ganze ohne Einschränkungen. Mir allerdings ist zwischendurch soooo schlecht, und ich füttere mehrmals die Fische. Auch eine Methode, dass mir die Herzen der Crew zufliegen. Dauernd werde ich gefragt, wie es mir geht und ob ich etwas brauche. Das schöne vegane Essen, das für mich vorbereitet wurde, rühre ich lieber nicht an. Nachdem ich völlig entleert bin, und eine Tablette gegen Seekrankheit eingenommen habe, geht es mir besser, und der Genussfaktor kehrt zurück.

Das Schnorcheln im angenehm warmen Wasser macht viel Spaß, und es ist halt doch etwas anderes, diese bunte, unvergleichliche Welt unmittelbar zu erleben, und nicht nur, trockenen Fußes, durch die Glasscheibe eines Aquariums zu bewundern. Wir wussten gar nicht, dass es so viele verschiedene Arten von Korallen gibt, die alle unterschiedlich aussehen und unterschiedliche Farben haben. Von den vielen Fischarten haben uns besonders die leuchtend blauen Papageienfische gefallen. Sie hacken mit ihren harten „Schnäbeln“ auf die Korallen. Das sieht aggressiv aus, aber sie tragen dadurch zur natürlichen Erosion der Korallenriffe bei, sodass das Gleichgewicht zwischen Korallen, Seetang und Algen erhalten bleibt, gleichzeitig schaffen sie die Grundlage für das Wachstum neuer Korallen. 

Rochen, Haie, Clownfische = „Nemos“ und Wasserschildkröten haben wir leider keine gesehen, obwohl es die hier angeblich geben soll.

Wir drehen auch eine Runde mit einem Glasbodenboot. Mit dem „echten“ Erlebnis konnte das aber gar nicht mithalten.

Gegen 17h30 kommen wir in unser Hotel zurück. Heute Abend heißt es wieder Packen. 

Morgen werden wir Australien verlassen. Wir werden wunderbare, vielfältige Eindrücke mitnehmen. Es hat uns hier sehr gut gefallen. Westaustralien und Tasmanien mussten wir allerdings aus Zeitgründen auslassen.

Fr, 11. Oktober

Der Tag beginnt gut, mit einem köstlichen Frühstück.

Wir fahren rechtzeitig zum Flughafen. Während unseres ganzen Australien-Aufenthalts haben wir nach hübschen T-Shirts mit Aborigine-Design gesucht und nur Ramsch und Kitsch gefunden. Hier werden wir fündig und freuen uns. Entspannt geben wir unser letztes australisches Bargeld aus.

Frohgemut begeben wir uns zu unserem Abflug-Gate und müssen feststellen, dass unser Flug nach Sidney um zwei Stunden delayed ist. Unseren Anschlussflug nach Neuseeland können wir so nicht kriegen. Ein netter Leidensgenosse weist uns den Weg in ein Office, wo unser Flug umgebucht wird. Wir werden also am Nachmittag nach Melbourne fliegen, und von dort aus spätabends zu unserem geplanten Bestimmungsort. Wir informieren unser Hotel in Christchurch, dass wir erst um 5h früh kommen werden. Sogar einen Voucher für einen Lunch in einem Lokal unserer Wahl am Flughafen bekommen wir. Zu unserer Freude finden wir erstaunlich gute vegane Panini und Müsli als Nachtisch.

Unser Gepäck, das ja schon eingecheckt war, haben wir uns vorher wieder zurückgeholt.

Im Flugzeug nach Melbourne gibt es eigentlich nur Essen, das man bezahlen muss. Aber wir dürfen uns aus der Speisekarte gratis etwas aussuchen. 

Wir fliegen übers Meer und können vom Flugzeug aus ganze Bänder von Korallenriffen erahnen. Kein Wunder, wenn man sie sogar vom Weltraum aus sieht. 

Landung in Melbourne, VICTORIA. Unser Gepäck ist auch da. Wir müssen in den Internationalen Flughafen wechseln. Alles läuft perfekt ... Allerdings, das dicke Ende kommt noch:

Beim Einchecken erfahren wir, dass es seit ein paar Tagen neue Einreisebedingungen für Neuseeland gibt. Wir müssen online ein Visum beantragen und auf die Bestätigung per E-Mail warten. Wir warten und warten. Schließlich haben wir Zeit, denn unser Flug geht erst in drei Stunden, und zum Lesen haben wir ja dank unserer E-Books auch genug dabei. 

Ein Leidensgenosse hat in Erfahrung gebracht, dass die Erledigung unseres Antrags bis zu 72 Stunden dauern kann, besonders am Wochenende. Unser Flugzeug fliegt jedenfalls ohne uns. Die freundliche Dame am Schalter bucht uns für den morgigen Nachtflug um. Vielleicht geht sich das ja aus, oder wir haben ein wunderbares Wochenende in Melbourne vor uns.

Wir stornieren unser Hotel in Christchurch- wahrscheinlich werden wir es trotzdem zahlen müssen. Am Sonntag in der Früh haben wir einen Termin beim Autovermieter. Es ist auch nicht klar, ob wir das schaffen können.

Jetzt haben wir allerdings unmittelbarere Bedürfnisse. Es ist Mitternacht, und wir brauchen einen Platz zum Schlafen. Ein freundlicher Taxifahrer führt uns eine Stunde lang von einem Hotel zum anderen, alles ausgebucht- Stadtrundfahrt „Melbourne by Night“. Endlich haben wir Erfolg und können uns gegen 1h früh in ein komfortables Bett legen. Dankbarkeit stellt sich ein. Ein tolles Appartement haben wir, sogar mit Herd, Backrohr und Geschirrspüler. Nichts davon werden wir brauchen. 

Sa, 12. Oktober

Nach dem Ausschlafen finden wir zu unserer Freude die heiß ersehnten Bestätigungsmails aus Neuseeland vor. Wenn ab jetzt alles glatt geht, können wir heute Nacht fliegen und morgen rechtzeitig unser Wohnmobil mieten. Unser Zimmer in Christchurch müssen wir - so wie es aussieht - doch nicht bezahlen.

Wir haben also einen entspannten Tag in Melbourne vor uns. Klaus kauft sich einen neuen Tragegurt für den Fotoapparat. Eine Schnalle ist nämlich gebrochen. Das Fotogeschäft  kennen wir schon. Hier haben wir vor ca. drei Wochen unsere GoPro-Kamera gekauft. Hätten wir aber dafür wirklich durch den ganzen Kontinent reisen müssen ;-)?

Viel Polizeiaufgebot fällt uns auf. Bald erfahren wir den Grund dafür: Eine Demo gegen den Klimawandel zieht an uns vorbei. Die Teilnehmer sind fast alle nackt oder halbnackt. Nicht alle sind jung. 

Wir landen schließlich bei Starbucks, mit Steckdosen, Internet und gutem Kaffee.

Gestern habe ich noch zu Klaus gesagt, dass es einen Teil des Reizes dieser Reise ausmacht, dass sie so vielfältig ist. Diese Erfahrung jetzt hat uns halt einfach noch gefehlt.

Und wir haben wieder etwas gelernt: Kurz vor der Einreise in ein Land checken, ob sich die Einreisebestimmungen geändert haben. Für Hongkong und Thailand werden wir das jedenfalls machen. Das Hotel von heute Nacht hat uns noch eine Lernerfahrung beschert: In Australien laufen auch die Drehtüren andersrum. Für diese Info haben wir allerdings recht viel Lehrgeld bezahlt.

Am frühen Abend nehmen wir den „Skybus“ zum Flughafen. Diesmal können wir ohne Probleme einchecken. Die Zeit bis zum Abflug vertreiben wir uns wieder mit Lesen. Wir haben uns ein paar weitere Bücher auf unsere E-Books geladen. 

Um Mitternacht geht es los. Der Flug dauert drei Stunden. Zwei Stunden müssen wir in Neuseeland dazuzählen.

So, 13. Oktober

Wir landen um 5h früh in Christchurch auf der Südinsel von NEUSEELAND. Der Zeitunterschied zu Wien beträgt jetzt elf Stunden. Geschlafen haben wir fast gar nicht.

Heute ist der 13., und wir sind in der 13. Reihe gesessen. Das hat uns wohl Glück gebracht. 

Ca. zwei Stunden dösen wir noch auf dem Flughafen herum, ehe der Autovermieter aufsperrt. Um 8h sind wir bei Apollo verabredet. Wir haben gestern kaum noch daran geglaubt, dass wir diesen Termin wahrnehmen werden können.

Wir holen unser Wohnmobil ab. Es ist den Modellen, die wir schon hatten, sehr ähnlich. Also finden wir uns gut zurecht. 

Ein Großeinkauf im Supermarkt ist fällig, und dann widmen wir uns der Stadt.

Christchurch liegt in der Region Canterbury- tatsächlich. Es ist die älteste Stadt Neuseelands. Wir fahren ins Stadtzentrum, wo 2011 bei einem Erdbeben einige Gebäude schwer beschädigt wurden. Die neugotische - eigentlich recht hübsche - Kathedrale wurde besonders in Mitleidenschaft gezogen. Der komplette Turm ist eingestürzt, und auch die anderen Gebäudeteile zeigen große Schäden. Die Kirche war wohl kein architektonisches Meisterwerk, aber es ist schon sehr berührend, so eine Ruine aus jüngster Zeit zu sehen. Nach einigem Hin und Her wurde beschlossen, die Kathedrale wieder aufzubauen. Den Bewohnern bedeutet sie wohl viel. Sie hat ja auch der Stadt den Namen gegeben.

Neuseeland liegt auf einer tektonischen Platte, die vom Pazifischen Feuerring - mit vielen Vulkanen - umgeben ist. Hier gibt es also immer wieder Erdbeben.

Wir verlassen nun die Stadt, und unser Inselabenteuer beginnt jetzt richtig.

Wir fahren nach Südwesten. Im Hintergrund sehen wir hohe Berge. Auf die fahren wir zu. Im Winter kann man hier Schi fahren.

Es ist ziemlich kalt. Wie gut, dass wir diesmal einen Heizlüfter fürs Auto mit-gemietet haben. Es sind nicht mehr die Eukalyptusbäume, die vorherrschen. Hier sind es mächtige Kiefern. An vielen riesengroßen Schafherden mit süßen Lämmchen und an einigen Rinderherden fahren wir vorbei. Alles grünt und blüht üppig.

In Windwhistle - was für ein passender Name - biegen wir nach Süden ab und fahren durch die malerische Rakaia Gorge. Die Straße führt über viele einspurige Brücken

Unser heutiges Ziel ist der Campingplatz in Geraldine.

Wir packen unsere Koffer aus und richten alles in unserem Häuschen nach unseren Bedürfnissen ein. Wir sind wieder zu Hause, und endlich können wir uns schlafen legen.

175 km

Mo, 14. Oktober

Wir haben wunderbar und lange geschlafen.

In der Nacht hat es offenbar geregnet, und es nieselt immer noch. Es hat 10°, Gott sei Dank nur draußen. Wir kramen also wieder unser warmes Gewand hervor. Man muss sich halt ordentlich ausrüsten. Offenbar regnet es hier öfter, denn alles ist grün, und die Flüsse führen Wasser.

Wir sind auch wieder munter genug, um das neue Auto immer besser zu durchschauen. Gerade haben wir gelernt, wie wir hier unsere Musik abspielen können.

Wir fahren weiter nach Westen, bis ins Zentrum, ins Kerngebiet der Südinsel

In den Vorgärten blüht es in allen Farben, tiefrote Rhododendronbüsche, leuchtend gelber Ginster, bunte Tulpen und weiße Narzissen. Die „September“-Becher sind teilweise schon verblüht.

Wieder geht es an sehr großen Feldern und Weiden vorbei, die durch hohe, dichte Hecken voneinander abgegrenzt sind. Es verwundert uns, dass sie penibel glatt gestutzt sind. Manchmal bestehen sie aus richtigen Bäumen. Ob sie dafür spezielle fahrbare Gestelle mit Richtplatten verwenden, wie im Schlosspark von Schönbrunn? Auf jeden Fall ein großer Aufwand, der da betrieben wird- und wofür?

Wir kommen nun ins „Alpenvorland“. Die schneebedeckten Berge  vor uns werden wirklich die „Südlichen Alpen“ genannt. Hier trainieren unsere Schirennläufer im Sommer.

„Schnee“, ruft Klaus begeistert aus. An der Aussprache hört man deutlich, dass das „n“ auch in Klammern zu setzen wäre.

Wir biegen um eine Kurve, und unmittelbar und sehr malerisch liegt der Lake Tekapo vor uns. Der Ausblick ist regenverhangen und dadurch sehr begrenzt. 

Es ist nur ein Stückchen weiter zum Lake Pukaki. Er ist ein bisschen größer ebenso langgestreckt. Wir fahren eine Zeitlang an ihm entlang. Die Landschaft wird immer alpiner, sehr ansprechend. Sie hat etwas Vertrautes. Allerdings, Yuccas gibt es bei uns in den Bergen nicht. Der Aoraki NP ist nach dem höchsten Berg Neuseelands benannt. So nennen die Maori den Mount Cook. Er ist immerhin 3724m hoch.

Die Wolken reißen auf. Es wird heller. Die Temperaturen steigen auf 13°. Ein atemberaubendes Bergpanorama tut sich vor uns auf. Die Gletscher glänzen in der Sonne. Grund genug für eine kleine Wanderung zum Mueller Lake, einem grünen Gletschersee. Der Mount Cook verbirgt sich leider in den Wolken, aber direkt vor uns steht sehr eindrucksvoll der Mount Sefton, hoch aufragend und glitzernd weiß.

Kaum sind wir beim Auto zurück, zieht sich der Wolkenvorhang wieder zu und es beginnt von neuem zu regnen. Unser Timing war wieder einmal perfekt.

Schon allein wegen des Wetters entscheiden wir uns gegen einen Hubschrauberflug über die Gletschergipfel. Bei Sonnenschein wäre das wahrscheinlich schon geil. Auch in einen offenen Doppeldecker könnten wir steigen- brrr, kalt!

Wir fahren heute nur noch einige Kilometer - zurück zum Lake Pukaki - bis zu unserem Campingplatz.

Unser neues Auto hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern eine Gasheizung. Die probieren wir jetzt aus. Wir haben es also schön warm, sitzen an unseren Notebooks und recherchieren ein wenig über das Land, in dem wir uns gerade befinden.

Neuseeland ist fast so groß wie Deutschland, aber viel dünner besiedelt. Es gibt 7,6 Millionen „Kiwis“, wie die Neuseeländer liebevoll genannt werden. Allerdings lebt eine Million davon im Ausland. 

Vor der Ankunft der Menschen gab es hier nahezu keine Säugetiere, nur einige Fledermäuse. Eine wahre Plage sind auch hier die Katzen und Kaninchen, aber auch die Possums, die aus Australien zur Rattenvertilgung geholt wurden. Deren Anzahl wird allerdings durch den Straßenverkehr dezimiert, wie wir immer wieder feststellen müssen. Erstaunlicherweise richtet auch das Rotwild verheerende Schäden an. Die Engländer brauchten schließlich etwas zum Jagen und holten sich im 19. Jhd. prächtige Hirsche aus den Schottischen Highlands- immer wieder dieselben Geschichten.

Die Maori sind die indigene Bevölkerung der Inseln und machen ca. 15% der Bewohner aus. Ursprünglich sind sie aus Polynesien gekommen.

Wenn wir von hier aus ein Loch durch die Erde bohren würden, kämen wir ungefähr in Monaco heraus. Uns gefällt es hier besser.

Ein Symbol Neuseelands ist der Silberfarn. Man sieht sehr oft Abbildungen von ihm, z.B. sogar auf den Reisepässen. Viele Firmen haben ihn in ihrem Markenzeichen, und er ist das Logo der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft, der „All Blacks“. Außerdem ziert er die inoffizielle Fahne Neuseelands. Die offizielle schaut ja fast so aus wie die australische und hat auch immer noch den Union Jack im linken oberen Eck.

So, und jetzt freue ich mich aufs Bett und mein spannendes Buch.

218 km

Di, 15. Oktober

Heute Nacht war es sehr kalt. Ich bin mehrmals aufgestanden, um mir immer noch eine Gewandschicht mehr anzuziehen.

In der Früh scheint die Sonne, und der Mount Cook zeigt uns sein oberstes Spitzel, das über den Wolken zu schweben scheint. Jetzt haben wir ihn doch auch noch gesehen.

Wir haben schon wieder so lange geschlafen. Vielleicht konnten wir die drei Stunden Zeitunterschied, die wir seit Cairns haben, noch nicht ganz wegstecken.

Unsere Reise geht weiter nach Südosten, bis zur Pazifikküste.

Wir verlassen Canterbury und kommen nun in die Region Otago

Ein richtiges Seengebiet tut sich auf, und eine grüne, hügelige, liebliche Landschaft. Das ist sehr romantisch. Sind wir jetzt schon im Auenland...? Wir philosophieren über das Paradies Neuseeland, ohne Säugetiere, und vor allem ohne Menschen.

In Takiroa gibt es neben der Straße, in ausgewaschenen Felshöhlen Maori-Felszeichnungen. Wir sind nicht ganz überzeugt, ob die wirklich alt sind, oder ob sie erst vor kurzem eingeritzt wurden. Immerhin bescheren sie uns bei einem Spaziergang etwas Bewegung.

Immer wieder erscheint uns die Landschaft vertraut und erinnert frappant an zu Hause. Hier scheinen wir z.B. in Niederösterreich oder in der Steiermark zu sein. Ein großer Unterschied ist allerdings, dass alle Flüsse naturbelassen sind und sich mit mehreren Armen dahinwinden. Dadurch bilden sie schöne Aulandschaften, mit Schotterbänken und Auwäldern. Außerdem gibt es hier eindeutig zu viele Schafe.

Unser heutiges Tagesziel ist Oamaru, wo wir am frühen Nachmittag ankommen. Hier wartet ein „Pinguin-Schwerpunkt“ auf uns. Zuerst melden wir uns allerdings auf dem Campingplatz an. Sehr seltene und sehr scheue Gelbaugenpinguine kann man an einem bestimmten Strand beobachten, wenn man besonders großes Glück hat. Das haben wir. Wir bekommen tatsächlich einen zu Gesicht. Mir scheint es so, als hätte er einen gelben Heiligenschein.

Zufrieden fahren wir zurück zum Campingplatz, kochen uns etwas Gutes und brechen am Abend zu den kleinen Blauen Pinguinen auf. Dahin ist es nicht weit, daher gehen wir zu Fuß. Hier wird eine ähnliche Show abgezogen, wie auf Phillip Island. Die Zwerglein sind halt sooo süß. Über hundert der possierlichen Tiere watscheln an uns vorbei zu ihren Schlafplätzen. Um 22h sind wir wieder zu Hause.

195 km

Mi, 16. Oktober

Ein Schreckmoment in aller Frühe. Der Wagen lässt sich nicht starten. Die Anzeige möchte, dass wir den Schlüssel an den „Marked Place“ halten sollen. Wo ist der bloß? In der Betriebsanleitung werden wir schließlich fündig, und es kann endlich losgehen. So etwas kann einem mit einem ganz normalen Startschlüssel zum Anstecken nicht passieren.

Klaus möchte sich eine warme Jacke kaufen. Gestern Abend war ihm recht kalt.

Im „Warehouse“ findet er rasch ein fesches Stück. An der Kassa staunen wir nicht schlecht, dass es nur knapp 7,00 NZD kosten soll. Wir und auch die Kassierin glauben zunächst an einen Irrtum. Aber der Barcode zeigt hartnäckig diesen Preis. Da hat Klaus die Jacke doch tatsächlich um nicht einmal € 5,00 bekommen. Er ist halt an einem Sonntag geboren. Und süß ist er auch. Er meint nämlich, dass es sich schon allein daran zeigt, dass er ein Sonntagskind ist, dass er sich mich „gekrallt“ hat...

Bei der Durchfahrt durch die Stadt Oamaru können wir repräsentative Kolonialbauten aus den 1880er-Jahren bewundern.

Uns zieht es weiter an der Ostküste nach Süden zu den Moeraki Boulders. Diese Gruppe ungewöhnlich großer kugelförmiger Steine sind nur bei Ebbe zu sehen. Selbstredend sind wir zur richtigen Zeit dort und lassen die Drohne über den Strand fliegen. Die Kugeln haben Durchmesser zwischen einem und drei Metern. Manche sind bereits geborsten. Erstaunlich, was den verspielten Göttern immer wieder einfällt. Unser Reiseführer erklärt das Phänomen ganz profan. Um ein kristallisiertes Zentrum herum - eine fossile Muschel oder ein Stück Holz - lagerte sich auf chemischen Weg im lehmigen Meeresboden Calcit und Eisenoxyde ab. Die Ionen stießen von allen Seiten zum Kern der Verhärtung vor- daher die kreisrunde Form. Um so eine große Kugel zu formen, hat es etwa vier Millionen Jahre gedauert. Früher lagen auch noch kleinere Exemplare rum. Die sind aber offensichtlich in diversen Vorgärten gelandet. Von einem deutschen Paar erfahren wir, dass es auf der Südinsel in den letzten Wochen sehr viel geregnet hat. Wie wir angekommen sind, haben wir ja noch die letzten Spritzer mitbekommen, aber seither haben wir großes Glück mit dem Wetter gehabt- Sonntagskind eben. Wir sind sehr dankbar, denn so etwas kann man trotz größter Sorgfalt nicht planen.

Wir fahren weiter die Südküste entlang- wunderschöne Strände, auf denen ebenfalls Steinkugeln liegen. Sie sind kleiner und sehen wie Kanonenkugeln aus. Dunedin ist eine verhältnismäßig große Stadt, die Hauptstadt der Region Otago. Ihr Name klingt schottisch. Er geht auch wirklich auf schottische Einwanderer zurück. Auf dem Stadtwappen stehen ein Schotte mit Rock und ein Maori nebeneinander. 

Wir fahren weiter zur Otago Peninsula. Die ca. 30 km lange und bis zu12 km breite Halbinsel liegt besonders malerisch. Ab 1885 wurde Taiaora Head an ihrer nordöstlichsten Spitze zu einer Festung ausgebaut und spielte im japanisch-chinesischen Krieg, 1894-1895, und im russisch-japanischen Krieg,1905-1906, eine strategisch wichtige Rolle.

1920 nisteten hier die ersten Königsalbatrosse. Man begann diese majestätischen Vögel zu studieren und vor Fremdeinwirkung zu schützen. Heute steht hier das Royal Albatross Centre. Wir werden uns diesen Seevögeln morgen widmen.

Heute Abend stehen noch einmal die blauen Zwergpinguine auf dem Programm. Wir haben diese Tour bereits von Wien aus gebucht und auch schon bezahlt. Wir überlegen kurz, ob wir uns so eine Show wirklich nochmals geben wollen. Schließlich entscheiden wir uns doch dafür, mitzumachen. Sehr zu unserer Freude, können wir heute am allermeisten sehen, und hier ist sogar das Fotografieren erlaubt, ohne Blitz natürlich. Klaus gelingen ein paar tolle Bilder und er filmt die kleinen Kerlchen sogar. Offensichtlich sind es soziale Tiere. Sie halten nach ihren Freunden oder Partnern Ausschau, warten aufeinander und klettern dann gemeinsam den Hang hoch.

Unser heutiger Campingplatz liegt in der Portobello Road. Und ich dachte bisher, die ist in Notting Hill, in London.

170 km

Do, 17. Oktober

Eine kalte Nacht und ein sonniger Morgen- wie immer in den letzten Tagen. Tagsüber kann es bis zu 20° kriegen, aber nachts muss man sich warm anziehen.

Am Vormittag fahren wir wieder zurück auf die Halbinsel und nehmen an einer geführten Albatros-Tour teil. Die weißen Vögel haben schwarze Flügel mit einer Spannweite bis zu drei Metern. Wenn sie sich hinsetzen, müssen sie sie sorgfältig doppelt falten. Sie sind ziemlich groß und wiegen ca. 9-10 kg. Ihre Fluggeschwindigkeit beträgt bis zu 120km/h. Die Seevögel leben auf dem Meer und kommen nur an Land, um sich zu paaren und zu brüten. Jetzt im Oktober kommen sie herein und treffen sich mit ihren Partnern oder sind auf Partnersuche. Die Paare bleiben ein Leben lang zusammen und brüten auch abwechselnd, aber außerhalb der Brutzeit, die 79 Tage dauert - von November bis Jänner - führt jeder sein eigenes Leben. Die Weibchen legen nur jedes zweite Jahr ein Ei. Daher ist es umso wichtiger, dass die Jungen durchkommen. Wildhüter sind rund um die Uhr tätig, um die Kolonie zu schützen. Man darf sich auch nur innerhalb einer geführten Tour nähern. Nachdem die Kleinen flügge geworden sind - mit ca. 8 Monaten - verbringen sie fünf Jahre auf See und kehren dann zu ihrem Geburtsort zurück, um einen Partner zu finden und zum ersten Mal zu brüten. Albatrosse werden ca. 25 Jahre alt, aber manche erreichen auch ein viel höheres Alter.

Wir haben Glück und können einige prächtige Exemplare von der Beobachtungsstation aus sehen. Auch einen, allerdings erfolglosen, Annäherungsversuch eines Männchens beobachten wir. Es ist sehr imposant, wie sich ein großer Albatros schließlich in die Lüfte erhebt.

Die letzten Sommer waren so heiß, dass mache Eltern ihre Nester verlassen haben, weil es zu unerträglich für sie wurde. Daher wurden Sprinkleranlagen eingebaut, um den Tiere hin und wieder eine kühle Dusche zu verpassen. Falls es trotzdem verlassene Eier gibt, werden sie in den Brutkasten gelegt. Die Fliegen sind eine besonders große Gefahr für die ganz kleinen Küken. Wenn sie beim Schlüpfen die Eier von innen her aufpecken, dauert es mehrere Stunden oder sogar Tage, bis sie fertig ausgeschlüpft sind. Die Fliegen kommen in Schwärmen und legen ihre Eier hinein. Die Albatros-Babies überleben das nicht. So etwas haben die grausligen Viecher in der australischen Wüste ja auch bei unseren Augen und Nasen versucht. Die haben es gerne schleimig. Die Ranger legen Pfefferminzduft in die Nester. Den Geruch mögen die Fliegen nämlich nicht. Da hätten wir mit einem Hustenzuckerl ja vielleicht auch Erfolg gehabt. 

Ganz nebenbei können wir vor dem Centre auch noch den allgegenwärtigen Möwen beim Brüten zusehen. Wir sind erstaunt zu hören, dass diese hübschen Rotschnabel-Möwen zu den bedrohten Arten gehören. Daran ist wieder einmal der Klimawandel schuld. Sie ernähren sich nämlich hauptsächlich von Krill, der nur in kaltem Wasser leben kann. Wenn sich das Wasser erwärmt, wandert er in tiefere Regionen, und so tief können die Vögle nicht tauchen.

Den ersten Programmpunkt für heute haben wir bereits abgearbeitet. Jetzt gibt es erst mal  ein Frühstück. Dann fahren wir nochmals in die Stadt Dunedin. Die nächsten Tage werden wir in einsameren, entlegeneren Gegenden verbringe. Wir kaufen also nochmals ein und füllen unseren Tank und die Gasflasche. Auch eine Wolldecke habe ich erstanden, weil ich in den letzten Nächten so gefroren habe. Es geht ja auch noch weiter nach Süden.

Bei Kaka Point gehen wir nicht nur auf Klo ;-), sondern wir fahren weiter auf eine Halbinsel hinaus, an deren Spitze und zugleich am höchsten Punkt, am Nugget Point, ein Leuchtturm steht. Romantischer könnte der Platz inmitten gewaltiger Wellen nicht gewählt sein. Wir machen einen Spaziergang dorthin. Der Weg verläuft oben auf einem schmalen Grat. Die vielen kleinen vorgelagerten Felsinseln leuchten angeblich in der Sonne golden, wie Nuggets. Uns erinnern sie eher an die „Apostel“ von der australischen Great Ocean Road, die uns vor ca. drei Wochen begegnet sind. Eigentlich wollten wir wild übernachten. Das ist leider verboten, also fahren wir doch zum nahe gelegenen Campingplatz.

160 km

 

Fr, 18. Oktober

Dank der neu erworbenen Decke war die heutige Nachtruhe nicht durch Kälte gestört.

Ein neuer, schöner Tag beginnt. 

Wir sind nun ganz im Südosten der Neuseeländischen Südinsel angekommen, in den Catlins. Das ist ein zerklüftetes, sehr dünn besiedeltes Gebiet, eine malerische Küstenlandschaft. Es ist hier oft sehr windig- wir merken es. Die Brandung ist dementsprechend stark.

Wir folgen einem Schild zu den Purakaunui Falls. Natürlich stammt dieser Name von den Maoris. Die kleine Wanderung dorthin entpuppt sich als richtige Überraschung. Plötzlich umgibt uns ein dichter Regenwald. Ein richtiger Märchenwald oder Zauberwald ist das, mit großen Farnbäumen, moosbedeckten Baumstämmen und viel Totholz. Wir sind ganz begeistert, dass wir ganz unvermutet einen Höhepunkt unserer ganzen Reise gefunden haben. Auch der Wasserfall selbst ist spektakulär, aber das tollste ist eindeutig der Dschungel, der ihn umgibt. So etwas haben wir hier niemals erwartet, schon gar nicht bei diesen kühlen Temperaturen.

Und weil’s so schön war, wandern wir auch noch zum Lake Wilkie. Teilweise müssen wir auf Stege gehen, weil der See von Sumpf umgeben ist.

Auch die Straße führt mitten durch den Urwald. An den Straßenrändern ist er ganz gerade gestutzt. Hecken Trimmen können sie ja, die Neuseeländer. Mittlerweile wissen wir, dass dafür eine Art senkrechter Rasenmäher auf einen Traktor montiert wird.

Dieser Regenwald ist uralt. Er geht von den Hügeln bis zum Meer hinunter. Manche der Bäume sind über 1000 Jahre alt.

Kein Wunder das die Landschaft hier so pittoresk ist. Wir sind ja seit gestern auf der Southern Scenic Route unterwegs, die sich U-förmig um die Südost-, Süd- und Südwestküste legt.

Unser heutiger Campingplatz heißt Curioscape. Er liegt im Naturpark Tumu Toka in der Curio Bay. Wir haben wieder einmal das Gefühl, mitten in der Wildnis zu stehen, zugewuchert mit Yucca Palmen. Direkt vor uns, am Strand liegen versteinerte Holzstämme.

Ganz wild ist es hier nicht, denn es gibt Waschmaschine und Trockner, und das nützen wir aus.

Auf einem Wohnmobil in unserer Nähe lesen wir den Spruch: „Life is rocking, when the living room is rolling“. Der passt ganz genau auch zu uns.

170 km

 

Sa, 19. Oktober

In der Nacht hat es geschüttet und gestürmt. Nicht nur unser Life was rocking, sondern auch unser living room.

Am Morgen scheint die Sonne. Kein Lüftchen regt sich. Es ist angenehm warm- so, als wenn nichts gewesen wäre. 

Wir sind „rechts unten“ auf der neuseeländischen Südinsel ums Eck gebogen und fahren jetzt die Südküste entlang, nach Westen.

Slope Point ist der südlichste Punkt der Insel und zugleich unseres Lebens. Ein paar Kühe stehen da, und geben uns nur sehr widerwillig den Weg frei. Der Augenblick ist also nicht wirklich erhebend.

Der Waipapa Point, samt Leuchtturm, ist ganz in der Nähe. Er macht wesentlich mehr her. Es ist sonnig und windstill, aber an den Bäumen sieht man deutlich, woher es normalerweise bläst. Nur hier, in Neuseeland, gibt es übrigens ganz spezielle Palmen mit mehreren Ästen. Sie erinnern uns ein wenig an die Joshua-Trees in Kalifornien.

Unser nächstes Ziel ist Invercargill, die südlichste und westlichste Stadt Neuseelands. Sie wurde auf dem Reißbrett geplant. Uns interessiert das Museum in einem pyramidenartigen Gebäude. Leider ist es geschlossen. Also spazieren wir ein wenig durch den Park, der sich dahinter befindet. Hier blühen alle Blumen, Bäume und Büsche herrlich in allen Farben, und ein betörender Duft umgibt uns.

Wir fahren nun noch ein Stückchen nach Westen, dann legen wir uns in die Kurve, und von nun an geht’s nach Norden, vorbei an Wetlands und Schafherden. Vor uns ragen schneebedeckten Berge auf, die bis ins Meer zu reichen scheinen.

Auf dem Campingplatz von Tuatapere schlagen wir heute unser Lager auf. 

So wie fast jeden Abend kochen wir uns etwas Gutes und verschwinden dann hinter unseren Bildschirmen.

189 km

So, 20. Oktober

In der Nacht hat es geregnet. Es scheint aber heute wieder ein schöner Tag zu werden. „A  bloody great morning“, ruft uns unser Nachbar zu.

Die Südwestküste - The Western Wilderness - ist auch heute noch ziemlich unerschlossen- zerklüftet, feucht, unwirtlich, fast unbewohnt. Da gibt es kein ausgebautes Straßennetz. Man fährt dort - wenn überhaupt - mit Allradautos. Wir lassen also den Fjordland National Park links liegen und fahren nach Norden.

Leider bleibt das Wetter nicht so great. Es scheint sich einzuregnen. Die Landschaft bleibt jedenfalls großartig. Die sanften grünen Hänge, die von den unzähligen Schafen, so sorgfältig ge-„mähhh“-t wurden, dass jeden Moment die Teletubbies erscheinen könnten, gehen in ursprünglichere, naturbelassenere Hügel über, aus denen die für diese Gegend typischen gelb blühenden Büsche leuchten.

Wir fahren weiter auf der Southern Scenic Route, zunächst nach Te Anau. Die ungewöhnlichen Ortsnamen, die gar nicht englisch klingen, gehen natürlich auf die Maori zurück. Hier gibt es die letzte Möglichkeit vor dem Milford Sound zum Einkaufen und Tanken.

Die Straße bis zum Sound ist gut ausgebaut. Aber sie führt 120 km durch unbewohntes Gebiet und auch, ganz am Rand, durch den Fjordland National Park. Ein bisschen sind wir in die Wildnis eingedrungen, allerdings im warmen Auto, auf einer breiten Asphaltstraße. Mit Einbruch der Dunkelheit wird sie aber gesperrt. Die Steinschlaggefahr ist nämlich groß.

Verzweigte Flussläufe und Seen wechseln mit hohen Felswänden zu beiden Seiten ab. Die sind von Wasserfällen geradezu überzogen. So etwas haben wir noch nie gesehen. Und die Schneefelder reichen noch bis ins Tal. 

Der Regen wird stärker und geht in einen Graupelschauer über. Außerdem stürmt es ganz schön, bei 5°. Irgendwie passt das Wetter zur wilden Umgebung.

Immer wieder gibt es Rastplätze, auf denen das wilde Campen ausdrücklich erlaubt ist. Wir hoffen aber - schon allein wegen der niedrigen Temperaturen - auf einen richtigen Campingplatz mit Strom.

Zu guter Letzt müssen wir noch einen grob behauenen, einspurigen, schwach beleuchteten Tunnel passieren. Und jetzt geht es noch relativ steil über Serpentinen bergab zum Milford Sound, dem nördlichen Abschluss der Western Wilderness. Wir sind wieder am Meer. Hier ist sonniges, trockenes Wetter eine echte Seltenheit. Das haben wir ohnehin gewusst. Also brauchen wir gar nicht enttäuscht zu sein. Für morgen haben wir eine Schifffahrt gebucht. Mal sehen, wie es mir unter diesen Bedingungen gehen wird. Ich werde jedenfalls etwas gegen Seekrankheit einnehmen und für alle Fälle Plastiksäcke einpacken.

Wir haben Glück und kommen tatsächlich auf dem Campingplatz unter. Wie nicht anders zu erwarten, haben wir weder Telefonnetz noch Internet. Aber - zu unserem Erstaunen - gibt es einen Milford Sound Airport.

Wir kochen Tee und werfen sofort den Heizstrahler an. Dann holen wir unsere Bücher hervor. Und während es draußen schüttet und stürmt, haben wir es in unserer warmen Stube doch recht gemütlich.

Plötzlich hört es zu regnen auf und die Sonne blinzelt hervor. Wir stecken unsere Nasen aus dem Fenster und bemerken erst jetzt so richtig, dass wir mitten in einem unglaublich schönen Regenwald stehen. Alle Stämme sind mit Moos bewachsen und Farnbäume bilden das Unterholz. Außerdem sind wir von hohen Bergen umgeben. Es geht fast 1000m senkrecht hinauf. Da müssen wir uns einfach noch einmal aufraffen und einen kleinen Spaziergang machen. Wir schöpfen Hoffnung für die morgige Fahrt im Fjord.

222 km

 

21. Oktober

Es hat die ganze Nacht so sehr gestürmt und geschüttet, dass das oberösterreichische Vokabel „schledern“ aus meinem passiven Wortschatz heraufgespült wurde.

In der Früh - es kommt uns fast wie ein Wunder vor - scheint die Sonne. Die Berge rings um uns sind frisch „angezuckert“. Es ist eine wahre Pracht. Wir können es kaum fassen.

Um 10h30 legt unser Schiff ab.

Der Milford Sound Piopiotahi - er ist UNESCO Welt Naturerbe - ist der einzige Fjord Neuseelands, zu dem man mit dem Auto hinfahren kann. Er wird vom 1683m hohen, spitz zulaufenden, Mitre Peak beherrscht und ist umrahmt von senkrechten Steilwänden mit Wasserfällen, wie z.B. den beeindruckenden Bowen Falls. In der Anita Bay mündet er in die Tasman Sea.

Die Spiegelungen der schneebedeckten Berge im Wasser sind atemberaubend schön. 

Wir fahren mit dem kleinen Schiff so nahe an die Wasserfälle heran, dass uns das Wasser ins Gesicht sprüht. An den feuchten Felswänden zeigt sich manchmal ein Regenbogen. Die steilen - manchmal fast glatten - Felswände sind üppig bewachsen und erinnern uns an hängende Gärten. Die niedrigeren Berge sind bis zu den Gipfeln hinauf mit Regenwald bewachsen, auf den Gipfeln der höheren glitzert der Schnee. 

Auf einem flachen Felsen im Wasser sonnt sich eine Seelöwenfamilie. Es handelt sich um eine endemisch Art mit auffällig spitzen Nasen, die Newzealand Seals. Der Papa hat tatsächlich eine beeindruckende Mähne.

Wir sind einfach wieder einmal „extremely lucky“ und haben eine „most stunning cruise“. 

Nach zwei Stunden, noch ganz erfüllt uns dankbar - auch dafür, dass mein Magen ruhig geblieben ist - treten wir die Rückfahrt an. Wir müssen die ganze Strecke, die wir gestern gekommen sind, bis Te Anau zurückfahren. Die Milford Road ist nämlich eine Sackgasse.

Vor der Einfahrt in den einspurigen Tunnel müssen wir den Gegenverkehr abwarten. Dabei sehen wir doch tatsächlich unsere ersten Keas. Das ist eine vom Aussterben bedrohte, grün schimmernde Papageienart, die es nur in Neuseeland gibt. Die Vögel sitzen nicht von ungefähr hier. Sie erhoffen sich - wahrscheinlich zu Recht - Brosamen der wartenden Autofahrer.

In Te Anau sind wir zurück in der Zivilisation. Die Landschaft wird wieder lieblich, mit Schafen und den vielen süßen, kleinen Lamperln.

Der Campingplatz in Mossburn nimmt uns auf.

Das Wetter zieht sich merklich zu. Ein starker Wind zieht auf und bald beginnt es erneut stark zu regnen. Da sitzen wir aber bereits gemütlich in unserem warmen Wohnmobil. Das Sonnenfenster haben wir heute perfekt ausgenützt.

184 km

Di, 22. Oktober

Auf geht’s in den sonnigen Norden, und zwar nach Queenstown. Leider verwandelt sich der strahlend schöne Morgen sehr bald in Regenwetter. Die Stadt liegt in einem Seengebiet, in dem drei Seen praktisch zusammenstoßen. Wegen des Sauwetters können wir die Landschaft gar nicht so richtig würdigen. Die Bergkulisse der „Remarkables“ erscheint mystisch durch die tief hängenden Wolken. Dieser Anblick hat aber durchaus auch seinen Reiz. Hier endet die Southern Scenic Route. Wir haben sie in ihrer ganzen Länge befahren.

Es ist für uns ganz ungewohnt, wieder in eine Stadt zu kommen. Wir haben uns in letzter Zeit an die fast unberührte Natur gewöhnt. Queenstown scheint uns eine Stadt ohne Charakter zu sein. Sie besteht fast ausschließlich aus Ferienapartments und Hotels. Im Sommer sind die Seen Anziehungspunkte für Touristen und im Winter die Berge, die ein bekanntes Schigebiet sind. 

Wir besuchen den Kiwi Birdlife Park. Wenn wir schon in Neuseeland sind, wollen wir auch Kiwis sehen. In freier Natur ist das fast nicht möglich. Die Tiere sind nachtaktiv und sehr scheu. Tagsüber schlafen sie in Erdlöchern oder dichten Büschen. Hier kann man sie im „Darkhouse“ beobachten. Infrarot-Beleuchtung erlaubt es den Besuchern, die merkwürdigen, flugunfähigen Vögel, die es nur in Neuseeland gibt, entdecken zu können. Sie sehen fast so aus wie eine 100-fach vergrößerte Kiwifrucht mit zwei kurzen Vogelbeinen und einem sehr langen, dünnen Schnabel. Den brauchen sie, um im Boden zu stochern und Würmer und Tausendfüßler herausziehen zu können. 

Es regnet sehr stark. Wir sind zwar wetterfest gekleidet, aber wir halten uns trotzdem bei den anderen Vögeln nicht allzu lange auf. Die Volieren sind ziemlich klein. Wieder einmal haben wir ein ungutes Gefühl, wie in jedem Zoo.

Wir besuchen kurz die Keas und schenken auch den bunten Sittichen und dem Black Stilt, dem schwarzen Stelzenläufer einen kurzen Blick. Die schwarzen Parson Birds sehen lustig aus. Sie erinnern mit ihren weißen Federbüscheln vorne am Hals tatsächlich an evangelische Pfarrer mit Beffchen.

Wir fahren weiter nach Norden. Über eine Passstraße geht es auf 1100m hinauf. Wir geraten in die Wolken, und die Sicht ist sehr schlecht. Außerdem brechen wir den Kälterekord dieser Reise, 2° plus. Plötzlich reißen die Wolken auf und geben den Blick auf Berghänge frei, die bis ganz hinauf vollständig mit rötlichbraunen Grasbüscheln überzogen sind.  Es handelt sich um das winterfeste Horstgras, das hier „red tussock“ genannt wird. „Es sieht aus, als hätte der Berg Gänsehaut“, meint Klaus. Zu den Temperaturen könnte das gut passen.

Wir sind wieder im Tal, und es hat zu regnen aufgehört, also besuchen wir – wie alle Touristen - „That Wanaka Tree“, der aus unerfindlichen Gründen im Wasser des gleichnamigen Sees steht. Wir dachten ja zuerst, dass es sich um einen Stausee handelt, und der Baum überschwemmt wurde. Das ist aber nicht so. Eigentlich ist es ja ein kleines, etwas krummes Weidenbäumchen, jedenfalls ein sehr nettes Fotomotiv. Mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund macht es sich besonders gut.

Der Campingplatz in Albert Town ist sehr billig und sehr schön gelegen, in einem Pinienhain am Fluss. Aber leider bekommen wir hier keinen Strom. Wir müssen also mit den Akkus unserer Laptops gut haushalten. Unsere Handys, unsere Uhren, das iPad und die Akkus vom Fotoapparat können wir mittels USB-Stecker an der Autobatterie laden. In diesem Auto gibt es leider keinen Transformator. Außerdem müssen wir mit Gas heizen. Unsere einzige Gasflasche ist allerdings sehr klein und, wie wir schon bemerkt haben, kann man gar nicht so leicht Ersatz bekommen. Für eine Nacht ist das alles kein Problem, aber so autark, wie mit unserem eigenen Wohnmobil sind wir hier halt nicht.

187 km

Mi, 23. Oktober

Jeden Tag das gleiche Spiel: In der Nacht ist es saukalt - diesmal habe ich im Bett mehr angehabt, als tagsüber - und am Morgen strahlender Sonnenschein, gleichsam um uns zu versöhnen. Heute ist es aber ganz besonders warm und strahlend. Kaum zu glauben, dass wir gestern in dichten Wolken und strömendem Regen unterwegs waren. Der Blick auf die Berge ist jetzt wunderschön. Der Schnee glitzert. Diesen wunderbaren Anblick bezahlt man eben mit der Kälte. In zwei Monaten ist die ganze Pracht geschmolzen. Ein Stückchen weiter kommen wir zum nächsten See, sodass sich dieser traumhafte Anblick auch noch spiegelt. Durch den gestrigen Regen sind die Blätter der Bäume noch feucht und glänzen in der Sonne.

Mark Knopfler singt: „There’s always sunshine after rain. Why worry?“

Wir sind weiter nach Norden unterwegs. Die Straße führt zwischen den beiden langgestreckten Seen, dem Lake Hawea und dem Lake Wanaka hindurch. Sie kommen einander sehr nahe. An einer Stelle sind sie nur einen Kilometer von einander entfernt.

Nun passieren wir die Ausläufer der südlichen Alpen über den relativ niedrigen Haast Pass. Schon die Maori überwanden hier die Berge über Saumpfade. Der deutsche Geologe und Landvermesser Julius Haast bezwang ihn als erster Europäer. Die Straße gibt es seit den 1960er-Jahren, aber erst seit den 1990er-Jahren ist sie vollständig asphaltiert. Über den Haast River führt Neuseelands längste einspurige Brücke. Laut Reiseführer ist dieser Pass eine Wetterscheide. Es sollte uns auf der anderen Seite schlechteres Wetter erwarten, weil sich die Wolken, die von der Tasman See hereinkommen an den Bergen abregnen. Wir haben aber Glück, und es bleibt so strahlend. Wir machen einen Spaziergang zu einem der zahlreichen Wasserfälle, den Fantail Falls. Es tut gut, sich ein wenig durchlüften zu lassen. Dass der Weg durch den Regenwald führt, regt uns jetzt gar nicht mehr auf. Man gewöhnt sich halt auch an die ganz besonders tollen Dinge. Die dicken Moospolster auf den Baumstämmen und Ästen, sowie auch an Felswänden schimmern rötlich feucht.

Wir kommen wieder ans Meer, und der Küstenregenwald mit uns. Er reicht wirklich bis zum Wasser. An der Ship Creek Beach, an der angeblich Teile eines Schiffwracks von Tasmanien aus ca. 2000km bis hierher angespült wurden, machen wir eine äußerst lehrreiche kleine Wanderung. Wir treffen nämlich zwei Ranger, die uns endlich sagen können, wie die verästelten Neuseeländischen Palmen heißen: Cabbage Trees. Wir sind erstaunt. Wieso erinnern sie an Kohl? Und die Pflanzen, die wir bisher immer für Yuccas gehalten haben, sind Neuseeländer Flachs. Diese Faserpflanzen hatten einst für die Maori eine ähnlich große Bedeutung, wie der europäische Flachs für unsere Vorfahren.

Nach Mittagspause und Drohnenflug setzen wir unsere Fahrt frisch gestärkt fort. Das Thermometer zeigt sagenhaft angenehme 16°.

Wir nähern uns jetzt wieder dem Mount Cook, allerdings von der anderen Seite als vor 10 Tagen. Es war übrigens auch der bereits erwähnte Herr Haast, der seinen Hauptgletscher (den des Mt. Cook) erkundete und ihn nach Franz Josef I von Österreich benannte. Der Kaiser erhob ihn (nicht den Gletscher) daraufhin in den Adelsstand.

Wir bleiben heute Nacht aber beim Nachbargletscher, dem Fox Glacier auf 150 m Seehöhe und genießen die Annehmlichkeiten eines gut ausgestatteten Campingplatzes. Hier haben wir wieder die Gelegenheit, die Sprüche auf den grünen Mietautos der Firma „Jucy“ zu studieren. Besonders gut gefallen uns: „Always take the scenic route, especially when you’re lost.“ Oder: „The glass ist half full. And the other half was delicious.“ 

Was für ein wunderbarer Tag war das heute. Aber für morgen sind schon wieder Regenschauer bei 5° angesagt. Lassen wir uns überraschen.

256 km

Do, 24. Oktober

Wie gehabt, heftiger Gewitterregen in der Nacht, blauer Himmel am Morgen. Der Wetterbericht hat ja für heute schlechtes Wetter prophezeit. Den ganzen Tag wechselt heute Sonnenschein mit Regen. Da ja der Oktober auf der Südhalbkugel unserem April entspricht, passt das heutige Aprilwetter genau. 

Wir sind weiter nach Norden unterwegs, entlang der Westküste, die einige spektakuläre Ausblicke bietet.

Und wieder beeindruckt und begeistert uns der Küstenregenwald. Die Natur in ihrer Überfülle scheint geradezu zu explodieren. Auf jedem Baum wächst dick das Moos, was den Eindruck vermittelt, als wäre er von Pelz überzogen. Und kein Baum kommt ohne Aufsitzerpflanzen aus. An glatten, senkrechten Felswänden wachsen Moose, Farne und verschiedene andere Pflanzen, ja sogar Bäume. Klaus nennt das treffend „natürliche Fassadenbegrünung“. Die Straße wurde hier wieder einmal mitten durch die Wildnis gefräst. Bis ins Wasser scheint der Urwald zu reichen, der sicher auch Lebensraum für unzählige Tierarten bietet.

Das Städtchen Ross lebt noch heute von seiner Vergangenheit als Goldgräberstadt. In den 1860er-Jahren wurde nämlich in dieser Gegend ein ziemlich großer Goldklumpen gefunden, was einen regelrechten Goldrausch auslöste. Außerdem sind wir hier im Jade-Country. Noch bevor die ersten Europäer kamen, verwendeten bereits die Maori die grünen Steine, um Liebe und enge Freundschaft zu besiegeln. 

Berühmt und eindrucksvoll sind die Pancake Rocks in Punakaiki. Die Felsen sehen tatsächlich aus wie übereinander geschichtete Pfannkuchen. In den letzten 30 Millionen Jahren sind diese Leckereien halt leider steinhart geworden. Auf einem sehr schön angelegten Rundweg können wir die durch Wind, Meer und Regen entstandenen Felsformationen von verschiedenen Plattformen aus bewundern, und er bietet auch direkte Einblicke in die tosenden und spritzenden Brandungslöcher. Die Kombination von Sonnenschein und starkem Wind lässt alles noch spektakulärer erscheinen. Die See ist stark aufgewühlt, und die weiße Gischt der Schaumkronen wird vom Sturm erstaunlich weit ins Land getragen. Flöckchen von Badeschaum scheinen durch die Luft zu fliegen. Schon wieder etwas, was wir noch nie gesehen haben und nicht für möglich gehalten hätten.

Nun fahren wir noch ein kleines Stücken am Meer entlang. Aber bald führt unser Weg nach Osten weiter. Wir verlassen also die West Coast und kommen in die Region Tasman.

Morgen soll es nämlich dann von der Ostküste aus auf die Fähre zur Nordinsel gehen.

Die vorherrschende Palmenart hat sich verändert. Es gibt nicht mehr so viele Kohlbäume, sondern viele „Staubwedel“. Offiziell heißen sie Nikau-Palmen. Auch diese Art kommt nur in Neuseeland vor.

Unseren Campingplatz finden wir heute In Murchison am Buller River. Jetzt regnet es wieder.

383 km

 

Fr, 25. Oktober

In der Nacht war es wieder saukalt. Also haben wir gar nichts dagegen, einmal früher aufzustehen. Bereits um 8 Uhr - noch vor dem Frühstück - fahren wir los. Bei angenehm warmem Frühlingswetter sind wir zur Ostküste unterwegs. Von Picton aus fährt nämlich stündlich ein Schiff auf die Nordinsel Neuseelands hinüber.

Die Landschaft verändert sich. Den Küstenregenwald, der sich die ganze Süd- und Westküste entlang gezogen hat, haben wir hinter uns gelassen. Wir fahren an Weingärten, blühenden Obstplantagen und großen Rinder- und Schafweiden vorbei. Die Schäfchen finden sich auch am bauen Himmel als Wölkchen wieder. Die Wälder, die sich über die grünen Berge ringsum ziehen, bestehen vor allem aus Nadelbäumen. 

Die Runde, die wir auf der Südinsel gedreht haben, geht zu Ende.

Wir kommen nun in die Region Marlborough mit seinem Verwaltungssitz Blenheim

Immer wieder wird die Straße von Flüssen und Bächlein begleitet. Wenn man durch ein Land wie Neuseeland fährt, in dem kein Bach und kein Fluss reguliert ist, merkt man erst, was eigentlich in Mitteleuropa an Natur und Schönheit verloren gegangen ist. In so einer urtümlichen Landschaft können die unterschiedlichsten Tier- und Pflanzenarten überleben. Das Land ist eben sehr dünn besiedelt. Man fährt viele Kilometer bis zur nächsten Ansiedlung. Ganz anders als bei uns, wo meistens eine Ortschaft in die nächste übergeht. 

Kurz nach 11h erreichen wir den Fährhafen von Picton, der am Südende des Queen Charlotte Sound in einem Talkessel liegt, eingebettet zwischen grünen, bewaldeten Bergen. 

Die Stadt lebt ausschließlich von ihrem Hafen, über den der gesamte Personen- und Güterverkehr zwischen den beiden neuseeländischen Inseln abgewickelt wird.

Zu unserer Überraschung sind alle Fähren für heute „fully booked“. Wir buchen also das erste Schiff, das morgen ablegt und haben einen unerwarteten Ruhetag erworben. Die nette Dame am Ticket-Schalter empfiehlt uns einen Gratis-Stellplatz für die Nacht. Wir genießen zunächst einen Brunch im Wohnmobil und setzen uns ein wenig an unsere Laptops. 

Gerade hat Klaus ein E-Mail von einer Bekannten bekommen. Sie braucht Fotos für das Kinder-Sprachbuch, das sie gerade schreibt. Also machen wir einen Spaziergang auf der Suche nach Fotomotiven. Es macht Spaß, alles mit einer völlig anderen Intention zu betrachten. Wir brauchen z.B. einen Postkasten, ein Stoppschild, usw. In einem Supermarkt finden wir Bananen, Karotten, Zitronen, usw. Klaus hat ja auch einen großen Fundus an Fotos in dem er stöbern kann. Wie gut sich das trifft, dass wir heute gar nichts anderes vorhaben. Und schon sind Bilder vom kleinen neuseeländischen Städtchen Picton mit seinen Gänseblümchen und anderen Details auf dem Weg nach Europa.

191 km

Sa, 26. Oktober

Um 8h müssen wir im Hafen sein. Kurz nach 9h legt die Fähre ab. Die Überfahrt auf die Nordinsel dauert über drei Stunden.

In Wellington, Neuseelands Hauptstadt - benannt nach dem 1. Duke of Wellington, der in der Schlacht von Waterloo über Napoleon siegte - haben wir einen Platz auf dem Campingplatz für zwei Nächte gemietet. Heute ist wieder einmal Wäsche waschen angesagt.

Es ist um einiges wärmer, als in den letzten Tagen, 18°. Sollten wir jetzt wirklich im sonnigen Norden angekommen sein?

Heute liegt das Land im Rugby-Fieber. Die neuseeländischen „All Blacks“ spielen im WM-Semifinale gegen England. Das kann sich Klaus nicht entgehen lassen. Die Engländer gewinnen. „Sie haben einfach besser gespielt“, meint mein persönlicher Kommentator. Wird das Land jetzt in Schockstarre verfallen, weil die „Schwarzen“ raus sind?

10 km + 102,3 km Fähre

 

So, 27. Oktober

Zeitumstellung zu Hause, Ende der Sommerzeit. Das heißt: 12 Stunden Unterschied zu uns. Hier ist es also jetzt „genauso spät“ wie in Österreich.

Wir erkunden heute die Stadt, die für neuseeländische Verhältnisse ziemlich groß ist. Sie hat immerhin 191.000 Einwohner. 

Mit dem Bus fahren wir ins Zentrum. Postmoderne und ältere Gebäude stehen bunt gemischt nebeneinander und sind teilweise miteinander verbunden. Ein Flügel des Parlamentsgebäudes wird wegen seiner Form nicht zu Unrecht „Bienenstock“ genannt. 

Über die Jahre hinweg hat sich Wellington von einer kleinen, verschlafenen Landeshauptstadt zu einer wichtigen Kultur- und Lifestyle-Metropole des Landes entwickelt.

Dazu trägt nicht zuletzt das Te Papa Museum bei, das Nationalmuseum von Neuseeland. Der Name „Te Papa“ stammt aus der Maori-Sprache und bedeutet „Unser Ort“. Alles in diesem Gebäude ist zweisprachig angeschrieben, auf Maori und auf Englisch.

Das futuristische Gebäude aus den 1990er-Jahren ist zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Es steht an der Waterfront zur Tasman See. Das engagierte Ziel des Museums ist es, das Erbe seiner Kulturen und das Wissen über die Natur des Landes zu präsentieren, zu erforschen und zu erhalten. Es möchte die Geschichte Neuseelands verständlich machen und wertschätzen. So trägt es auch zur Bereicherung der Gegenwart bei und hilft mit, die Herausforderungen der Zukunft bestehen zu können. 

Das Haus ist Ausdruck der gemeinsamen Geschichte der Maori und der Einwanderer, bis heute. Z.B. gibt es äußerst kunstvolle Maori-Schnitzereien und Kunsthandwerk zu sehen, so wie auch das Original eines Maori-Versammlungshauses. Es ist so heilig, dass man es nur ohne Schuhe betreten darf, und dass das Fotografieren hier verboten ist.

Ein großer Schwerpunkt liegt auch auf Natur und Wissenschaft. Besonderen Wert legt das Museum auf Bildung und Wissensvermittlung und setzt im Hause in besonderer Weise digitale Medien ein. 

In diesem wunderbaren Museum könnte man Tage verbringen. Alles ist sehr interessant und vieles interaktiv aufbereitet, u.a. mit fantasievollen Computeranimationen und Videos.

Noch tief beeindruckt vn den vielfältigen Eindrücken des Museums, flanieren wir nun ein wenig durch belebte Geschäftsstraßen, wo wir überraschend die Talstation des traditionellen Cable Car finden. Diese Standseilbahn ist eines der Wahrzeichen Wellingtons. Die 610 Meter lange Strecke verbindet den rund 120m höher gelegenen Stadtteil Kelburn mit der Hauptgeschäftsstraße der Stadt. Ursprünglich war sie ein ganz normaler Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes. Heute dient sie fast nur noch dem Tourismus. 

Natürlich fahren wir hinauf und genießen die Aussicht auf die Stadt und den Hafen, sowie ein köstliches Mittagessen in der urigen Cable Top Eatery.

Den steilen Weg bergab machen wir zu Fuß, durch den Botanischen Garten und ein nobles Villenviertel. Der Autobus bringt uns wieder zurück zu unserem Campingplatz.

Heute ist Filmabend angesagt: „High Noon“, der Western-Klassiker mit Gary Cooper und Grace Kelly. Zur Spannung passt gut der Gewittersturm, der an unserem Wohnmobil rüttelt.

 

Mo, 28. Oktober

In der Früh ist das Wetter wieder ganz friedlich. Die Reise geht nach Nordwesten weiter. Unser heutiges Ziel ist der Vulkan Mount Taranaki, der sich im Egmont-Nationalpark in der nach ihm benannten Region befindet. Den Maori ist der Berg heilig. Kein Wunder, auch wir sind von seinem Anblick verzaubert. Ganz allein steht er da, weit entfernt von seinen Vulkankollegen. Einst standen sie alle beisammen im Zentrum der Nordinsel. Dann gab es leider Streit zwischen den Berggöttern. Es ging um eine Frau- eine Waldgöttin. Die Rivalen spuckten Feuer, und während des erbitterten Kampfes bebte die Erde. Schwer getroffen zog sich der unterlegene Taranaki hierher in die Einsamkeit zurück. Er weinte bittere Tränen, aus denen der Whanganui-Fluss entstanden ist.

Die perfekte Spitzkegelform des Vulkans ist faszinierend. Sie ist sogar im Film „der letzte Samurai“ als Fujiyama zu sehen. Jetzt im Frühling ist der Berg besonders schön, weil er schneebedeckt ist. Allerdings hüllt er sich sehr oft in Wolken. Nur selten zeigt er seine Krone. Wir haben Glück und können sie einigermaßen gut sehen. 2519m ist dieser Vulkan hoch. 1854 ist er zuletzt ausgebrochen. Der Berg-Jüngling ist erst ca. 10.000 Jahre alt.

In Kaponga finden wir einen legalen Gratis-Stellplatz in einem Park und richten uns ein. Bei unseren Internet-Recherchen entdecken wir, dass es einen besonders schönen View Point am Lake Mangamahoe gibt. Dorthin ist es gar nicht weit. Also packen wir alles zusammen und machen uns nochmals auf den Weg. Wir finden den Idyllischen See samt Aussichtspunkt. Leider hat sich der Berg in der Zwischenzeit vollständig in einen Wolkenumhang gehüllt, sodass man ihn kaum noch erahnen kann. Wir beschließen, hier über Nacht zu bleiben, und hoffen, dass niemand etwas dagegen hat. 

In aller Frühe wird Klaus noch einmal das ultimative Foto versuchen.

380 km

 

Di, 29. Oktober

Regen in der Nacht, Sonnenschein am Morgen. Wir eilen durch den Wald hinauf zum Aussichtspunkt. Der Blick ist wunderbar, aber der Berg ist ganz in Wolken eingehüllt. Wie es aussieht, wird es noch weiter zuziehen. Es hat also keinen Sinn, noch länger zu warten. Mit ein bisschen Fotomontage - aus zwei Fotos mach eins - kann Klaus mithilfe der gestrigen Aufnahme vom wolkenfreien Gipfel das ultimative Foto doch noch kreieren.

Wir machen uns auf den Weg ins Zentrum der Nordinsel, vorbei an intensiv lila blühenden Büschen. Ganze Hügel sind davon übersät. Diese vorherrschende Farbe hat das leuchtende Gelb der Südinsel abgelöst. Die sternförmigen Blüten erinnern uns stark an Astern. Passt das zum Frühlingsmonat Oktober?

Bald biegen wir in den „Forgotten World Highway“ ein und hoffen, dass wir nicht ganz vergessen sein werden. Den Namen hat die ca. 155 km lange Straße wohl wegen ihrer Abgeschiedenheit. Sie liegt in einem weitgehend unberührten Gebiet. Vor allem für Touristen hat sie einen besonderen Reiz. Der Highway windet sich über vier Bergsättel, durch einen einspurigen Tunnel und entlang eines mäandernden Flusses. Etwa elf Kilometer Streckenlänge sind nicht asphaltierte Schotterfahrbahn. Kaum Autos, einige Schafe, ganz selten einmal ein Haus und streckenweise fährt man durch den Dschungel. Luis Armstrong singt „What a wonderful World“- also ist sie doch noch nicht ganz vergessen.

Auf der Strecke liegt Whangamomona, ein Dorf das mittlerweile eigentlich schon eine Geisterstadt ist. 1989 gab es einen Protest gegen eine Verwaltungsreform. Die Siedlung sollte geteilt und zwei verschiedenen Bezirken zugeordnet werden. Es wurde prompt die Republic of Whangamomona ausgerufen. Mit großer Begeisterung wird das alle zwei Jahre mit einem großen Volksfest gefeiert. Viele Leute kommen zum Feiern her, aber so richtig wohnt keiner mehr hier.

Als wir am frühen Nachmittag in Taumarunui wieder in die Zivilisation eintauchen, sind wir froh. Die Fahrt durch die Wildnis war für Klaus doch ziemlich anstrengend. Hier gibt es jedenfalls eine Tankstelle und einen Campingplatz.

Wir machen heute wieder einen Filmabend: „Mein Mann Picasso“, über sein Leben mit Françoise Gilot. Wir haben ja erst vor ca. einer Woche ein Gemälde von ihr in Melbourne gesehen.

204 km

 

Mi, 30. Oktober

Bei Sonnenschein fahren wir jetzt dem „Schicksalsberg“ entgegen. Der „Mount Doom“ kommt in Tolkiens Trilogie „Herr der Ringe“ vor. Dort wirkt er schwarz und schicksalsträchtig. Uns erscheint er heute in seinem schneeweißen Kleid. Wunderschön und ganz ebenmäßig ist er ein perfekter Vulkankegel. „Feschak“ nennt ihn Klaus. Schließlich hat sich einst die junge Göttin für ihn entschieden, und nicht für den Mount Taranaki, den wir vorgestern und gestern so bewundert haben.

Der Ngauruhoe (2291m), wie er wirklich heißt, steht hier nicht allein. Er wird von zwei mächtigen Kollegen flankiert. Der Tongariro (1967m) ist ein älterer Vulkan, der schon ziemlich abgewittert ist. Der hiesige Nationalpark ist nach ihm benannt. Der höchste der drei ist der Ruapehu (2797m), auf dem offenbar heftig Wintersport betrieben wird. Wahrscheinlich war das den Maori nicht wirklich recht, dass die Europäer begonnen haben, auf ihre heiligen Berge zu steigen und Schilifte zu bauen. Immerhin haben sie 1887 dieses Gebiet der neuseeländischen Regierung mit der Auflage überlassen, dass hier ein Schutzgebiet errichtet wird. Seit damals gibt es den Nationalpark, den ältesten des Landes.

Die drei Vulkane stehen in einer Linie im Zentrum der Nordinsel auf dem „Ring of Fire“, dem pazifischen Feuerring, den ich ja schon in Christchurch erwähnt habe. Man kann  auf den Ruapehu ziemlich weit hinauf fahren, bis auf eine Höhe von 1600m. Hier liegen auch die großen, schwarzen Lavabrocken von „Mordor“ herum, wo im Film Sauron, der Böse herrschte.   

Die Bergkulisse ist gewaltig. Und wir haben schon wieder so ein Glück, dass die Gipfel wolkenfrei sind, und wir sie so gut sehen können. Außerdem ist die Straße hierher erst seit kurzem nach der Wintersperre offen. Daher sind auch noch kaum Touristen hier. Während der Saison soll es sehr überlaufen sein.

Wir fahren weiter zum Lake Taupo. Die Straße führt an diesem großen, idyllischen, blau glitzernden See entlang. Man sieht ihm nicht an, dass er aus einer Caldera entstanden ist. Heftige Eruptionen schufen einen Hohlkörper, in den der Vulkan schließlich stürzte. Welche Naturgewalten sich einst hier abgespielt haben, lässt sich heute nicht mehr erahnen.

In dieser geothermalen Zone wird die Erdwärme auch zur Energiegewinnung genutzt. Wir fahren an einem solchen Kraftwerk vorbei.

Die Huka-Falls schimmern grünlich. Die Wasser drängen sich durch eine enge Schlucht aus hartem Vulkangestein. Ihr Name bedeutet in der Maorisprache „schäumend“. Er passt perfekt.

Nun machen wir den „Thermal Walk“ in Wairakei. Sehr nett, die kleine Rundwanderung, aber wenig aufregend. An manchen Stellen raucht es ein wenig aus dem Boden.

Die Thermal Wonderlands von Wai-O-Tapu haben da einiges mehr zu bieten. Wir sehen kollabierte Krater, Fumarolen, heiße Quelle und Teiche, die durch Minerale gefärbt sind und in allen Farben spiegeln. Die „Malerpalette“ ist dafür ein besonders eindrucksvolles Beispiel. Und einer der Pools ist knallgrün. Aus Schlammteichen steigen Gase vulkanischen Ursprungs auf, die in großen Blasen zerplatzen. Und, „es riecht schon kräftiger“. Aus der Tiefe ertönen plötzlich furchterregende, grollende Blubbergeräusche. Auf der Tafel daneben lesen wir, dass dieses Geräusch auch beim „Herr der Ringe“ verwendet wurde, um Szenen in Mordor zu unterlegen.

Und nebenbei kommen wir noch ganz zufällig drauf, dass wir genau hier am östlichsten Punkt unserer Reise und unseres Lebens angekommen sind, ca. am 176. Längengrad.

Wir haben nun unser Tagwerk vollbracht und suchen uns einen Platz für die Nacht. In Rotorua finden wir einen schönen Campingplatz. Er hat auch ein Thermalbecken- sehr angenehm, wie in der Badewanne.

261 km

 

Do, 31. Oktober

Rotorua ist ein nettes, kleines Städtchen. Uns interessiert besonders das Maori-Dorf Ohinemutu, das eine Art Enklave mitten in der Stadt darstellt. Hier leben Maori in ganz normalen Häusern, und es gibt einige kunstvoll dekorierte Gebäude, z.B. das Versammlungshaus. Es wurde 1887 errichtet, aber einige Schnitzereien stammen noch aus voreuropäischer Zeit. Auch eine Kirche samt Friedhof gehört dazu. In den Schnitzereien und Glasmalereien wird hier die biblische Geschichte mit der Maori-Tradition verwoben. Das Ganze ist kein Freilichtmuseum, sondern eine lebendige Gemeinde. Und überall dampft und brodelt es. Kochend heißes Wasser tritt an die Oberfläche. Jedes Haus hat sein eigenes Thermalbad im Garten. Der Dorfteich ist heiß. Rauchschwaden ziehen über ihn hinweg. Und im ganzen Dorf riecht es nach Schwefel.

Nun fahren wir ins Maori-Zentrum Te Puia. Eine der Attraktionen ist das Kiwi-Haus, in dem es wieder ganz dunkel ist. Es dauert eine Weile, bis wir den Bewohner zu sehen bekommen, aber dann kann ihn Klaus sehr schön filmen. Natürlich verwendet er keinenBlitz, um die Tiere nicht zu stören. Die Kiwis haben in Neuseeland für alle Kulturen eine hohe Bedeutung, ganz besonders aber für die Maori. Sie werden „The Hidden Birds of Tane“ genannt. „Hidden“, weil sie nachtaktiv sind, und „Tane“ ist der Waldgott. Aus den Federn des Vogels wurde in früheren Zeiten Schmuck für hochgestellte Persönlichkeiten hergestellt. Eine sehr streitbare Security-Dame erklärt Klaus, dass das Fotografieren im Dark House verboten ist, und dass er sofort alle Bilder löschen muss. Flugs schaltet er auf seiner Kamera auf die zweite Speicherkarte um. Die ist leer. Er zeigt sie der Dame und alle sind zufrieden.

Vor allem handelt es sich hier um einen Geothermie-Park und weniger um die Kultur der Maori, wie wir feststellen müssen. Immerhin sehen wir Mud-Pools, in denen große Schlammblasen zutage geschleudert werden. Die Maori benutzten den heißen Schlamm zu Heilzwecken. Er wurde bei Hautkrankheiten, Rheumatismus und Arthritis eigesetzt. Außerdem heilten sie Schnitt- und Brandwunden damit. Heute erleben die Schlammpackungen mit den vielen Mineralien in den Kuranstalten eine Renaissance.

Auf silbern glänzenden Sinterterrassen thronen mehrere Geysire, die mehrmals pro Stunde spucken. Der Pohutu ist der größte aktive Geysir in der südlichen Hemisphäre. Sein Name bedeutet „Big splash“. Bis zu 30m soll er hoch spritzen. Wir warten und erfreuen uns an den Wasserfontänen. Die angekündigte Höhe erreichen sie allerdings nicht. 

Zum Schluss können wir doch noch einige traditionelle Bauten sehen, z.B. ein Versammlungshaus. Man kann auch bei traditionellen Handwerksarbeiten zuschauen, z.B. bei Flechtarbeiten.

Unser Campingplatz ist ja gleich nebenan. Er bietet übrigens ein Kräuterbeet zum selbst Pflücken. Das nutzen wir gleich für unseren Mittagssalat. Wie herrlich das duftet.

Den Abschluss unseres heutigen Maori-Schwerpunkts bildet eine Maori Touristen-ShowUm 17h30 werden wir abgeholt. Wir werden mit Haere mai = Willkommen begrüßt. Kia Ora ist der wichtigste Gruß. Er bedeutet „Mögest du gesund sein.“ Oder „Möge es dir gut gehen“. Wir werden Zeuge einer höchst professionellen Veranstaltung. Alles ist sehr gut durchorganisiert. Vier Autobusse voller Touristen aus aller Herren Länder werden in ein Waldstück gebracht, in dem ein Maori-Dorf in traditioneller Weise nachgebaut wurde. Maori in traditionellen Gewändern und aufgemalten Gesichtstattoos singen und tanzen und strecken die Zunge heraus. Wir durchlaufen einzelne Stationen, in denen uns manches erklärt wird, z.B. Begrüßungszeremonien, die Bedeutung der Tätowierungen, das Schnitzen, das Bearbeiten von Flachs und die Zubereitung eines traditionellen Hangi-Essens. Bei dieser Art der Zubereitung wird ein Loch in den Boden gegraben, in das heiße Steine gelegt werden. In große Blätter eingewickelte Gemüse- und Fleischstücke werden hineingelegt und mit Blättern bedeckt. Das Loch wird mit Erde zugeschüttet. Nach einigen Stunden sind die Speisen gegart.

Bevor wir das Essen genießen dürfen, lernen wir noch einiges über die Entdeckung Neuseelands durch Kupe aus Polynesien um 925, also lange vor Captain Cook. Er kehrte nach seiner abenteuerlichen Reise nach Hause zurück und überredete einige seiner Landsleute, mit ihm auszuwandern. Alle Maori in Neuseeland stammen von diesen Polynesiern ab, die mit ihren einfachen Booten übers offene Meer fuhren. 

Aotearoa heißt Neuseeland in ihrer Sprache. Das heißt: „Land der langen weiße Wolke“.

Die Veranstaltung war natürlich ganz auf die Unterhaltung von Touristen ausgelegt. Trotzdem  hat’s uns gefallen.

Auf der Nordinsel sind die Maori grundsätzlich sehr präsent. Fast alle Namen für Orte, Flüsse und Berge und viele Straßennamen stammen aus ihrer Sprache. Wir haben keine Ahnung, wie man die alle ausspricht. Und man kann sich diese Namen so schwer merken- eigentlich gar nicht.

Wir sind zwar immer noch in Neuseeland, aber seit wir auf die Nordinsel gekommen sind, haben wir das Gefühl in einem anderen Land zu sein.

10 km

 

Fr, 1. November, Allerheiligen

Wir sind auf dem Weg nach Nordwesten. Der gelbe Ginster hat jetzt wieder das Farbregiment übernommen.

Heute freuen wir uns ganz besonders auf Hobbingen. Das Filmset von „Herr der Ringe“ liegt ca. 70km weiter im Nordwesten in Matamata.  Auf einem kleinen Teil einer riesengroßen Farm wurde das Dorf der Hobbits aufgebaut. Man meint wirklich im Auenland zu sein, mitten in den „rolling green hills“, und das bei strahlendem Frühlingswetter. Zum ersten Mal seit langem tragen wir kurze Ärmel und Sandalen.

Der große Touristenparkplatz ist voll. Hunderte von Besuchern haben den gleichen Wunsch wie wir, nämlich die Behausungen von Frodo, Bilbo, Sam, usw. zu sehen. Unter diesen Umständen rechnen wir kaum damit, für heute noch Tickets zu bekommen. Aber zu unserer Freude können wir gleich an der nächsten Tour teilnehmen, die in einer Viertelstunde losgeht. Offenbar ist die Logistik perfekt, und es können sehr viele Personen in relativ kurzer Zeit abgefertigt werden. Vier Gruppen zu je ca. 50 Personen sind jeweils zu gleicher Zeit auf dem Gelände. Wir sind begeistert, mit wieviel Liebe zum Detail jede einzelne der 44 Wohnhöhlen gebaut und dekoriert ist- einfach süß. Und alles ist voller bunter Blumen. So toll haben wir uns das gar nicht vorgestellt- „absolutely lovely“. Über 300 Handwerker und Gärtner sind für die Instandhaltung zuständig. Unser Guide weist uns auf die Filmszenen hin, die in den jeweiligen Bereichen des Sets gedreht wurden. Wir müssen uns die unbedingt die unbedingt nochmals zu Hause anschauen. Für Das Filmteam musste extra eine Straße gebaut werden. Und ein Sumpf musste trocken gelegt werden, um den Festplatz für Bilbos Geburtstagsfeier entstehen zu lassen. Die neuseeländische Armee führte diese Arbeiten durch, und durfte dann auch die Armee der Orks spielen. Einer der großen Bäume in der Anlage besteht aus Stahl und Silikon. 200.000 Plastikblätter wurden einzeln an die Zweige genäht.  Aus der Fernesieht alles ganz natürlich aus.

Wir wandern über die kleine Steinbrücke, vorbei an der Mühle und trinken zuletzt einen Becher Bier im Green Dragon Inn. Dieses Lokal kommt genauso im Film vor, wie es jetzt aussieht. Der Besuch in Hobbingen war auf jeden Fall eines der Highlights unserer Reise.

Wir fahren nun zum nächstgelegenen Campingplatz, der neben der üblichen Ausstattung auch wieder ein Thermalbecken zu bieten hat.

113 km

Sa, 2. November

Unsere Reise geht weiter nach Norden, auf die Coromandel Peninsula. Die Berglandschaft und die Strände am Südpazifik sind besonders schön. Wir fahren immer weiter in den Frühling hinein. Jetzt blühen sogar schon die Palmen, die Cabbage Trees und der Flachs. Wir singen Loblieder auf den „Wonnemonat November“.

Zunächst geht es durch die Karangahake Gorge. Wir schauen auf den Wanderweg am Fluss hinunter, der auf der ehemaligen Bahntrasse angelegt wurde, die in der Zeit des Goldrausches eine große Bedeutung hatte.

In der Nähe der Ortschaft Tairua entdecken wir die „Twin Kauri“, zwei besonders schöne und große Kauri Bäume. Früher gab es auf der Nordinsel viele von den sogenannten „Giants of the Coromandel“, die 30 bis 50m hoch werden und einen Durchmesser von bis zu 4m erreichen können. Leider eignet sich ihr Holz besonders gut für den Schiffsbau und den Bau von Häusern, daher wurde der Bestand dieser immergrünen Bäume bereits seit der Zeit der ersten Siedler stark dezimiert. Die noch verbliebenen Exemplare stehen mittlerweile unter Naturschutz und es gibt auch Aufforstungsprogramme. Leider sind viele stolze Exemplare von einer bösen Baumkrankheit befallen.

Unseren heutigen Campingplatz finden wir in Whitianga. Genau hier soll im 10. Jhd. der polynesische Seefahrer und Entdecker Kupe gelandet sein.

Am Abend dieses wunderbaren Frühsommertags - Wir hatten heute 23° - schauen wir uns wieder einmal einen Film an, den wir von zu Haus mitgebracht haben: „Westwärts zieht der Wind“. Offenbar haben wir unsere USA-Reise immer noch nicht ganz aufgearbeitet. Allerdings, einen Goldrausch gab es in Neuseeland ja auch.

Und Klaus muss im Fernsehraum des Campingplatzes noch eine Spätschicht einlegen, denn heute findet das Finale der Rugby- Weltmeisterschaft statt. Südafrika hat gewonnen.

184 km

 

So, 3. November

Weiter geht es auf der Coromandel-Halbinsel nach Norden. Wir sind in den Regenwald zurückgekehrt. Die Farnbäume sind so groß wie Palmen. Viele weiße Callas blühen wild am Waldrand. 

In Simpsons Beach spazieren wir barfuß durch den warmen Sand, lassen unsere Beine vom Meer umspülen und sammeln Muscheln. Am blauen Himmel ist kein Wölkchen zu sehen. Das hat etwas von Sommerurlaub. Das Reizvolle an den Buchten hier ist, dass sie Felsküste und Sandstrand zugleich bieten. Sie wirken völlig unberührt.

Wir wechseln nun auf die Westküste der Halbinsel hinüber, nach Coromandel Town, dem Hauptort. Sie benannte sich nach einem britischen Segelschiff, das 1820 in die Bucht einlief, um Kauriholz zu laden. Während des Goldrausches hatte die Stadt große Bedeutung. Mittlerweile lebt sie vom Fremdenverkehr und von ihren Fischgründen und Austernbänken.

Die Driving Creek Railway ist sehr süß. Die Fahrt mit der ca. 3 km langen Schmalspurbahn hinauf und wieder zurück dauert ca. eine Stunde. Sie wird mit Diesel betrieben. Die Strecke führt über eine steile und schmale Trasse, über ein paar Holzbrücken und durch drei kurze Tunnel mitten durch den Regenwald- richtig romantisch. Immer wieder stehen Kunstwerke aus Ton neben den Schienen. Wir befinden uns auf der Fahrt durch einen Märchenwald. Die Silberfarne glänzen. Junge Kauribäume lassen für den Fortbestand der Art hoffen. Es handelt sich nicht um eine Zahnradbahn, daher fährt die Bahn Spiralen und große Kurven, um die Steilheit zu überwinden. Außerdem gibt es fünf Umkehrpunkte, an denen sie sozusagen reversiert. Der Zugführer steigt jeweils aus, stellt die Weiche auf ein Nebengleis, steigt hinten wieder ein, und weiter geht es in die andere Richtung bergauf. Von oben, dem Eyefull Tower, hat man eine tolle Aussicht über die Halbinsel und übers Meer.

Barry Brickell, der Erbauer der Bahn, kam in den frühen 1960er-Jahren aus Auckland als Lehrer in diese Gegend. Er entdeckte seine Leidenschaft fürs Töpfern. Die hiesige Landschaft hatte es ihm sosehr angetan, dass er 22 Hektar dieses hügeligen und mit Gestrüpp bewachsenen Landes kaufte. 1973 kam ihm die Idee, eine Eisenbahnlinie zu bauen, um seine hoch auf dem Hügel gelegene Töpferei zu versorgen. Das unwegsame und steile Gelände erschwerte die Landvermessung und Planung sehr. Den größten Teil seines Projekts verwirklichte er allein in Handarbeit. Nur für größere Erdarbeiten schaltete er örtliche Firmen ein. Über 17 Jahre dauerte der Bau, und die Instandhaltungsarbeiten nehmen natürlich - bis heute - kein Ende. Immer wieder fragten Wanderer den Künstler, ob sie mitfahren dürften. Schließlich öffnete er seine Bahn für das Publikum. Heute werden ca. 60.000 Passagiere im Jahr befördert. Kurz vor seinem Tod, im Jahre 2016, wandelte er sein Lebenswerk in eine Stiftung um. Es ging ihm ja nicht nur um die Eisenbahn, sondern auch um die Förderung junger Künstler aus aller Welt, die für eine bestimmte Zeit in der Driving Creek Pottery lernen, arbeiten und ausstellen können. Der Shop bietet die schönen und interessanten Werke zum Kauf an.

Ein weiteres engagiertes Projekt ist die Wiederaufforstung des ursprünglichen Waldes. Seit den 1970er-Jahren wird kontinuierlich gepflanzt und gehegt. Die Kauris habe ich ja schon erwähnt. Es gibt entlang der Strecke aber auch Rimus - zu deutsch Steineiben - deren Nadeln in großen Büscheln hinunterhängen, Kanukas und andere einheimische Bäume.

Wir steigen wieder ins Wohnmobil um und fahren noch ein Stückchen an der Westküste der Halbinsel nach Norden, teilweise über unbefestigte Straßen, die von knorrigen Riesenbäumen flankiert sind. Die Pohutukawa - zu deutsch Eisenholzbäume - werden auch „Newzealand Christmas Trees“ genannt, weil sie zu Weihnachten herrlich rot blühen. Das werden wir nicht mehr kontrollieren können. Uns erinnern sie an die „Ents“, baumartige Wesen, die in Tolkiens Romanen vorkommen. Einer von ihnen ist wahrscheinlich Baumbart.

Kurz vor dem nördlichsten Punkt der Halbinsel lassen wir uns in der Fantail Bay auf einem einfachen Stellplatz nieder - ohne Strom - und verbringen den Abend in der netten Gesellschaft von California Quilts, hendelartigen Vögeln mit wippenden Schwanzerln auf den Köpfen. Wir sitzen auf schwarzen Felsen am Wasser und freuen uns an einem romantischen Sonnenuntergang.

90 km + 3 km Schmalspurbahn

 

Mo, 4. November

Und wieder herrliches Sommerwetter.

Wir müssen nun die schmale unbefestigte Straße, auf der wir hierher gekommen sind, wieder zurückfahren. So schön es hier auch war, wir sind doch froh, als wir wieder festen Asphaltboden unter den Rädern haben. Wir lassen die Coromandel-Halbinsel hinter uns und halten zügig auf unser heutiges Tagesziel zu, Auckland

Am Nachmittag erreichen wir den letzten Campingplatz auf dieser Reise, die sich nun unaufhaltsam ihrem Ende zuneigt.

217 km

Di, 5. November

Wir nehmen den Bus und fahren ins Stadtzentrum.

Auckland ist die größte Stadt Neuseelands mit 1,4 Mio Einwohnern. Sie ist die mit Abstand multikulturellste Stadt des Landes. Die Maori stellen neben den Einwohnern mit europäischen Vorfahren eine relativ große Bevölkerungsgruppe dar, und es gibt auch sehr viele Asiaten. Benannt ist die Großstadt nach dem britischen Admiral Lord Auckland

Sie erstreckt sich zwischen 53 inaktiven - immerhin - Vulkanen, dem Auckland Volcanic Field. Ihnen verdankt die Stadt weitläufige Parkanlagen. 

Das eigentliche Stadtzentrum liegt entlang der Queen Street. Sehenswürdigkeiten, die uns interessieren, können wir keine entdecken. Wir haben nämlich keine Lust den Sky Tower zu erklimmen, obwohl er das höchste Bauwerk der südlichen Hemisphäre ist. Das klassizistische Ferry Building aus 1912 ist auch nicht wirklich nach unserem Geschmack.

Das Flair, dass es möglicherweise hier geben könnte, wird momentan im wahrsten Sinne des Wortes durch den ausgedehnten U-Bahn-Bau untergraben. 

Da hilft nur eins, die Art Gallery. Wir entdecken mit Freude die Malerin Louise Henderson (1902-1994). Beeindruckend sind auch die Portraits von Maori-Oberhäuptern des böhmischen Malers Gottfried Lindauer (1839-1926). 

Wir machen nun noch einen Spaziergang durch den Myers Park, in dem auch der Myers Kindergarten liegt. Beides hat die Stadt Arthur Myer zur verdanken, der Anfang des 20. Jhd. Bürgermeister von Auckland war. Er setzte sich sehr dafür ein, dass die Kinder hier die modernste Erziehung erhielten. Bemerkenswert ist, dass in diesem Park der Moses von Michelangelo rumsitzt. Diese Kopie entstand 1971 und ist aus Marmor, wie das Original.

Stimmungsvoll und ein bisschen morbid ist der Symonds Street Cemetery. Inmitten eines verwilderten Parks mit großen, knorrigen Bäumen stehen verwitterte, moosbewachsene Grabmonumente und schiefe oder zerbrochene Kreuze. Über das Grab von William Hobson, dem Gründer der Stadt stolpern wir nicht.

Wir steigen in den nächsten Bus und fahren nach Hause.

Klaus hat heute wieder einige sehr originelle Fotos gemacht. Es ist durchaus überraschend, wie positiv man diese Stadt sehen kann.

Was bleibt uns jetzt noch zu tun? Unsere Koffer packen und den Kühlschrank leer essen. Morgen müssen wir das Auto zurückbringen.

Mi, 6. November

„Zu unserer Verabschiedung“ wurde gestern Nacht ein großes Feuerwerk gezündet.

Das war unsere letzte Nacht im Wohnmobil.

Den Vormittag verbringen wir im Auckland-Museum, einem „antiken“ Tempel mit „dorischen“ Säulen, der sich mit der „Laokoongruppe“, dem „Diskuswerfer“ und dem „Sterbenden Gallier“ schmückt- Na ja. 

Unter einem großen Portrait des berühmtesten Neuseeländers, Sir Edmund Hillary, ist sein Eispickel ausgestellt, mit dem er 1953 den Mount Everest bestiegen hat.

Die Ausstellung zum Thema Natur, Geschichte und Kultur ist wirklich sehr interessant und gut zusammengestellt:

Eine Abteilung befasst sich mit den Maori, ihrer Kunst und den Entdeckungsfahrten ihrer Vorfahren in den kleinen reich geschnitzten Auslegerbooten. In solchen Booten ruderten und segelten jeweils ungefähr 50 Männer und Frauen über den Pazifik. Die Polynesier richteten sich in ihrem ausgeklügelten Navigationssystem nach den Sternen. 

Auch die Reisen von Captain Cook in seiner „Endeavour“ werden beschrieben (1768-1771). Auf Tahiti lernte er den Polynesier Tupaia kennen, der ihn schließlich auf seine Reise begleitete. In Neuseeland stellten sie erstaunt fest, dass sich der Navigator-Priester mit den dortigen Bewohnern  verständigen konnte. Man wusste ja damals noch nicht, dass alle Maori aus Polynesien gekommen waren. In Indonesien starb Tupaia leider - wie auch viele europäische Besatzungsmitglieder - an der Ruhr. Captain Cook kehrte als Held nach Hause zurück, und Tupaia versank für lange Zeit in Vergessenheit.

Ein Raum befasst sich mit Vulkanen. Anhand einer Computer-Simulation sehen wir im Zeitraffer die Entstehung des „Mini-Kontinents“ Neuseeland - der ja vor 70 Millionen Jahren von Australien wegedriftet ist - samt dem Auftauchen und wieder Verschwinden von feuerspuckenden Bergen. In einem kleinen abgeschlossenen Zimmer erleben wir einen fiktiven Vulkanausbruch im Hafen von Auckland mit. Zuerst wird in den Nachrichten von der Evakuierung berichtet. Ein Filmbericht zeigt, wie Polizeikräfte und die Feuerwehr die Räumung aller Häuser durchsetzen. Ein Wissenschaftler wird interviewt. Die Sendung bricht plötzlich ab, und wir schauen sozusagen aus dem Fenster und sehen mit an, wie ein Vulkan aus dem Wasser steigt und ausbricht. Wir spüren ein Erdbeben. Es rüttelt ganz ordentlich. Eine Tsunami-Welle rollt auf uns zu. Es wird finster und still. Unglaublich, wie schnell das ganze vor sich gegangen ist. Nun sehen wir in Fernseh-Nachrichten das Ausmaß der Verwüstung. Die Kinder, die mit uns im Raum sind, fürchten sich, obwohl ihre Lehrer ihnen natürlich vorher erklärt haben, dass das nicht echt ist. Aber auch uns hat diese Erfahrung nicht kalt gelassen.

Unser „Schicksalsberg“ Ngauruhoe ist zuletzt 1974 ausgebrochen und sein Nachbar mit den viele Schiliften Ruapehu erst 1995 und 1996. Durch Neuseelands Lage auf der Berührungsgrenze zweier Kontinentalplatten spielen Vulkanausbrüche und Erdbeben eine große Rolle in der Geschichte des Landes. Irgendwie scheinen die Neuseeländer tatsächlich auf ihren Vulkanen zu tanzen.

Die Abteilung über die Tiere und Pflanze des Landes betrachten wir mit besonders großem Interesse. Wir freuen uns, dass wir uns das alles am Ende unserer Reise anschauen. Wir kennen ja vieles bereits, und können hier unsere Erfahrungen beziehungsweise unser Wissen vertiefen.

Im 2. Stock wird der Opfer aller Kriege gedacht, an denen Neuseeländer teilgenommen haben.

Und alte Fotografien zeigen Straßenecken von Auckland aus den 1860er-Jahren. Zum Vergleich sieht man, wie es dort heute aussieht. An manchen dieser Stellen waren wir erst gestern.

Nun wird es Zeit, in unserem Hotel einzuchecken. Auf dem Weg dorthin fahren wir durch einige der großen Parks der Stadt mit ihren grünen, wohlgeformten Hügeln, auf denen man tatsächlich Vulkankrater erkennen kann. Hier ist es eigentlich ganz nett. Auckland ist ja vielleicht doch ganz lebenswert- besonders an diesem warmen sonnigen Tag. Es hat heute 26°.

Bei der Fahrt durch die Stadt ist uns aufgefallen, dass es bereits überall Weihnachtswerbung gibt - mit Weihnachtsmann im Pelz, Rentieren und Christbäumen mit künstlichem Schnee - obwohl das Fest doch hier im Hochsommer gefeiert wird. Uns kommt das ziemlich schräg vor. Für die Leute, die hier und in Australien leben, ist das wahrscheinlich ganz normal.

Und nun folgt unsere letzte Fahrt mit dem Wohnmobil auf dieser Reise- zu „Apollo Motorhome“, wo wir das Auto zurückgeben. Zu Fuß spazieren wir zum Hotel zurück. 

Nach Computerarbeit und Umpacken für den morgigen Flug gönnen wir uns heute Abend einen Restaurantbesuch.

43 km

Do, 7. November

Um 7h30 steigen wir in den Hotel-Shuttle zum Flughafen.

Unser Flug dauert 10 Stunden und 40 Minuten. Wir fliegen mit der Sonne und machen so 5 Stunden des Zeitunterschieds zu Europa wieder wett. Heute haben wir also einen 29 Stunden-Tag. 

Das In-flight Entertainment bietet den Film „The Hobbit, An Unexpected Journey“ an. Das ist doch die Gelegenheit, das reizende Hobbingen wiederzusehen.

Obwohl es bei der Landung in HONGKONG erst Nachmittag ist, sind wir schon recht müde. Wir nehmen den Airport Train von der Insel Chek Lap Kok, die eigens für den riesigen Flughafen künstlich eingeebnet und vergrößert wurde, ins Stadtzentrum, auf Hong Kong Island. Von dort gehen Hotel-Shuttlebusse weg. Erfreulicherweise fährt einer davon auch zu unserem Hotel. Auch hier herrscht natürlich Linksverkehr.

Wir richten uns im 21. Stock ein und gehen bereits um 20h schlafen. In unseren Knochen ist es ja schon 1h früh.

 

Fr, 8. November

Um 7h sind wir ausgeschlafen und munter.

Der Blick aus unserem Hotelzimmer-Fenster ist gewaltig. Ganz tief schauen wir in die Häuserschluchten hinab. Zwischen zwei der schmalen und sehr hohen Wolkenkratzer hindurch können wir einen Blick aufs Meer erhaschen, auf dem viele Schiffe und Boote unterwegs sind. 

Das Frühstücksbuffet ist ganz nach unserem Geschmack. Unter anderem wird viel Gemüse und Obst angeboten.

Solchermaßen gestärkt und mit einer wieder aufladbaren „Octopus“-Karte für die Öffentlichen Verkehrsmittel ausgestattet beginnen wir unsere Erkundungstour durch die Stadt. Die Insel, auf der die City liegt, ist ja ziemlich hügelig. Daher gibt es für Fußgänger viele Stiegen und die Autostraßen verlaufen in großen Schleifen, sodass es manchmal so aussieht, als wären sie zweistöckig.

Wirklich zweistöckig sind die Busse und Straßenbahnen. Wenn sie so schmal und hoch auf uns zukommen, erinnern sie mich jedes Mal frappant an den „Knight Bus“ in Harry Potter, der sich ja ganz schmal machen konnte.

Nahezu alle Aufschriften sind chinesisch und englisch. Wir finden uns also gut zurecht.

Fast ist es so, als wären wir zum Beginn unserer Reise zurückgekehrt- zwischen Wolkenkratzer, große Menschenmengen und Lärm in den Straßen. Der Kontrast zur unberührten Natur von Neuseeland könnte kaum größer sein.

Was uns in dieser Stadt sehr gut gefällt, sind die vielen kleinen Läden und Märkte, die zwischen den Häusertürmen immer wieder auftauchen. 

Gemüseläden, Ramschläden, Souvenirläden. Besonders interessant finden wir die chinesischen Apotheken. Sie bieten z.B. Fischblasen an, die wie überdimensionierte Chips aussehen, und gekocht werden. Aber auch in dünne Scheiben geschnittene Hirschgeweihe, getrocknete Seepferdchen, Antilopenhörner, usw. kann man hier kaufen. Dazu kann ich nur sage: „Vegan ist das nicht“, nicht einmal die Vogelnester.

Über steile Stufen steigen wir die Ladder Street hinauf zum taoistischen Man Mo Tempel. Ein kurzes Innehalten in dieser Atmosphäre sorgt für einen angenehmen Kontrast zum nahe gelegenen Bankenviertel. Der „heilige Smog“ der Räucherstäbchen ist allerdings ziemlich heftig.

Wir stöbern ein wenig bei den Devotionalien-Standeln herum und kaufen Anhänger mit chinesischen Sternzeichen aus Jade. Wir hätten hier aber auch eine große Auswahl an Buddhas, Mao Zedongs und pausbäckigen Engerln gehabt. Wie überall auf der Welt ernten wir auch hier begeisterte Ohs und Ahs, wenn wir erzählen, dass wir aus Österreich kommen- aus „Àodili“, wie wir lernen. 

Bei einem Spaziergang durch einen Park beobachten wir immer wieder Leute beim Fitness-Training und beim Tai-Chi.

Wir sitzen nun im ersten Stock der Straßenbahn und fahren durch das sehr belebte Geschäftsviertel Sheung Wan bis zum Western Market. Die schmalen Hochhäuser stehen sehr nahe bei einandern. Sie sind in sehr unterschiedlichem Zustand. Manche sind ganz modern, manche ziemlich heruntergekommen. Einige werden renoviert. Die Baugerüste sind aus Bambus. Wie wir im Internet erfahren, sind sie in ganz Asien weit verbreitet, weil sie ebenso belastbar wie Stahl sind, aber viel billiger und natürlich umweltfreundlicher, weil das Material ja nachwächst. Zur „Fassadengestaltung“ gehören fast überall die Auslässe der Klimaanlagen.

Unser nächster Besichtigungspunkt ist der Victoria Peak. Mit der Peak Tram, der frisch renovierten historischen Standseilbahn fahren wir zusammen mit unzähligen anderen Touristen hinauf. Von oben hat man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt und den Hafen. Der markante aus mehreren dreieckigen Elementen zusammengesetzte Bank of China Tower - liebevoll „Tobleroneschachtel“ genannt - sticht besonders ins Auge. Alles ist allerdings in einen blauen Dunst gehüllt. Das ist wohl der Smog, der in Hongkong ein ernstes Problem darstellt. Der Sky Tower, auf den wir wegen der Aussicht hinauffahren, ist zugleich ein Kauf- und Fresstempel. 

Wir lunchen aber lieber in einer der vielen Garküchen, nachdem wir wieder im Tal angekommen sind. Hier essen vor allem Einheimische und die Preise sind erstaunlich niedrig. Die beiden Kellnerinnen beratschlagen ausgiebig untereinander, was sie mir Veganes bringen könnten, und wir bekommen schließlich eine köstliche Nudelsuppe mit Gemüse und dazu einen kleinen Sprachkurs: „Dōze“ heißt „Danke“. Unsere Aussprache wird von den fröhlichen Damen so lange korrigiert, bis sie stimmt. 

Wir haben heute bereits wieder einige Kilometer in den Beinen und machen daher ein wenig Siesta in unserem Hotel. Es gibt auch einiges zu recherchieren: Hongkong ist eine ehemalige britische Kronkolonie und seit 1997 Sonderverwaltungszone Chinas.

Es gehört mit 16.000 Menschen pro km2 zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Welt. Hongkong ist etwa halb so groß wie Vorarlberg und hat über 7 Millionen Einwohner. Im Westen wird die Metropole meist sehr positiv als liberale Marktwirtschaft gesehen. Was man als Tourist allerdings überhaupt nicht zu sehen bekommt, sind die Behausungen der „Cage People“, die buchstäblich in Käfigen wohnen- illegal vermietet von Leuten, die an diesen Ärmsten verdienen. Nirgendwo auf der Welt sind die Wohnungskosten so hoch wie hier.

Am Abend ziehen wir nochmals los. Der Fotograf möchte „Hongkong by night“ fotografieren. Wir fahren zum Central Pier. An den historischen Bau mit dem Uhrturm wurden mittlerweile viele moderne Gebäude angebaut. Hier schauen wir den grün-weißen Booten der legendären „Star Ferry“ zu, die seit 1888 von Hong Kong Island nach Kowloon, also zum Festland, pendeln. Obwohl die beiden Ufer des Victoria Harbour mittlerweile durch ein hochmodernes Straßen- und Eisenbahntunnelsystem verbunden sind, erfreut sich die traditionelle Art, den Hafen zu überqueren, nach wie vor großer Beliebtheit. Zu unserer Freude sehen wir auch zwei klassische, chinesische Dschunken mit roten Segeln. Wir haben zwar den Verdacht, dass sie nicht so alt sind, wie sie aussehen - sondern eher für Touristen nachgebaut, aber ein attraktives Fotomotiv geben sie allemal ab.

Diesen netten Abendspaziergang haben wir sehr genossen, auch deshalb, weil wir entdeckt haben, dass viele Gehwege hoch über dem Straßenniveau verlaufen. Die Fußgänger sind also vom Autoverkehr getrennt, und dort oben ist die Luft um einiges besser.

Die Temperaturen waren heute den ganzen Tag über sehr angenehm, zwischen 23° und 25°. Wir haben ja mit unserem gestrigen Flug den Äquator überquert und sind jetzt in den nördlichen Subtropen. Und weil wir jetzt wieder auf der Nordhalbkugel sind, hat sich auch das Mondkipferl „umgedreht“, und der zunehmende Mond zeigt sich uns im vertrauten rechts gewölbten Bogen.

Von den Unruhen und Protesten gegen die chinesische Zentralregierung, die bereits seit Juni regelmäßig stattfinden, haben wir gar nichts bemerkt, obwohl gerade heute - wie wir in orf.at lesen - ein Student dabei ums Leben gekommen ist. Der Gesetzesentwurf zur Auslieferung von flüchtigen Straftätern in die Volksrepublik wurde ja bereits gekippt. Das unabhängige Rechtssystem Hongkongs wäre dadurch ausgehöhlt worden. Die Demonstrationen gehen aber weiter. Wir können die Anliegen der jungen Menschen durchaus verstehen. Es ist ja nicht ganz klar, was 2047 - 50 Jahre nach der Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik China - geschehen wird. Der relativ hohe Grad an Autonomie, der jetzt noch herrscht, ist wohl gefährdet.

Sa, 9. November

Den heutigen Vormittag verbringen wir am Schreibtisch. Wir haben einiges aufzuarbeiten.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg zum Central Pier und setzen mit der altmodischen Star Ferry - sie erinnert uns an ein überdimensioniertes venezianisches Vaporetto - aufs Festland, nach Kowloon, über. Dort begrüßt uns der Uhrturm, eines der Wahrzeichen der Stadt. Er ist das einzige Überbleibsel eines ehemaligen Bahnhofs der Kowloon-Kanton Bahn, der mittlerweile verlegt worden ist.

Wir fahren mit der U-Bahn weiter, ein Stückchen nach Norden. Der Öffentliche Verkehr in Hong Kong funktioniert sehr gut. Eine Fahrt kostet nur ganz wenig, und die Wartezeiten sind kurz. Der Autoverkehr in der Stadt ist ziemlich moderat. 

Und jetzt kriegen wir doch etwas von den Protesten mit. Die Passagen in den U-Bahn-Stationen sind gepflastert von Transparenten und Flyern. Wir lesen: „Every move matters“, „Ideas are bulletproof“, usw. Die chinesischen Texte verstehen wir natürlich nicht. Aber an den Zeichnungen erkennen wir, dass vieles gegen die Polizei gerichtet ist. Wir kommen sogar an einer kleinen Gedenkstätte vorbei. Ein Foto zeigt den Studenten, der gestern ums Leben kam. Die vielen Blumen und unzähligen Origami-Kraniche lassen uns vermuten, dass das Unglück an dieser Stelle passiert ist. Wie viele andere Passanten auch, halten auch wir betroffen ein wenig inne.

Unser erster Programmpunkt ist das Chi Lin Nunnery. Der große buddhistische Tempelkomplex in Diamond Hill wurde erst 2001 in der traditionellen Architektur der Tang-Dynastie gebaut. Der große Holzkomplex besteht aus sieben Hallen und wirkt sehr edel. Wunderschön ist der blühende Garten, der ihn umgibt. Wenn er nicht chinesisch wäre, könnte man ihn als „Japanischen Garten“ bezeichnen. Die Bäume, die hier wachsen, erinnern mich an übergroße Bonsais. Kaum habe ich diesen Gedanken geäußert, sehen wir auch schon Gärtner, die buchstäblich mit der Nagelschere an den Pflanzen schnipseln. Wir fühlen uns hier wie in einer angenehmen Oase der Ruhe, umgeben von den Wohntürmen und vom Trubel der Stadt. Hier herrscht eine sehr wohltuende Stimmung. Auch einige Nonnen bekommen wir zu Gesicht. Sie sind kahl geschoren und tragen graue oder dunkelblaue, sackartige Gewänder.

Noch einen weiteren Tempel wollen wir uns heute anschauen. Der Tempel der 10.000 Buddhas liegt noch weiter im Norden in den New Territories, abseits der brodelnden Metropole.

Der Weg dorthin ist gar nicht so einfach zu finden. Wir spulen einige Kilometer in U-Bahnschächten ab und müssen oft umsteigen. Wenn man die stark befahrenen Autostraßen und den Shing Mun River überqueren möchte, muss man lange Umwege machen, bis man eine Unterführung oder einen Übergang findet. Immer wieder helfen uns freundliche Menschen weiter, wenn wir ratlos herumstehen.

Bevor wir den Weg hinauf zum Kloster finden, müssen wir ein Slum-Viertel und den Vergnügungspark „Snoopy’s World“ mit großen Figuren der Peanuts durchqueren- was für ein Gegensatz.

Der lange, steile Weg, der über viele Stufen führt, ist von unzähligen Buddhas gesäumt. Sie sind alle verschieden. Jeder erzählt wohl seine eigene Geschichte.

Beim Rückweg geraten wir in eine Shopping Mall und müssen feststellen: Auch vor Hongkong macht die Weihnachtsdeko nicht halt. Das ist wohl von den Briten übrig geblieben oder von Amerika herübergeschwappt. Zur chinesischen Kultur scheint es ja gar nicht zu passen.

Als wir endlich müde in unser Zimmer zurückkehren, kommt es uns vor, als würden wir von einer langen Reise heimkehren.

So, 10. November

Nach dem Frühstück checken wir aus. Das Gepäck lassen wir im Hotel.

Unser Flug nach Bangkok geht erst am Abend. Also haben wir noch viel Zeit.

Wir fahren mit U-Bahn und Autobus nach Aberdeen im Süden von Hong Kong Island, im Southern District. Hier war traditionell ein Fischereihafen. Auch heute noch liegen viele Dschunken und andere Boote an der Uferpromenade. Schwimmende Restaurants, die nur per Fährboot erreichbar sind, sind weitere Touristenattraktionen. Wir machen eine Rundfahrt mit einem motorisierten Sampan. Früher dienten solche flachen Holzboote als Zubringerfähren zu größeren Schiffen. Floating City wird das hiesige Hafenbecken auch genannt, wegen der vielen Hausboote, von denen viele so aussehen, als wären sie gar nicht mehr manövrierfähig. Rund 3000 Familien leben und arbeiten auch heute noch fast ausschließlich auf dem Wasser. Mit der Kamera in der Hand erscheint alles sehr bunt und sehr malerisch, aber eigentlich ist es armselig. Und im Hintergrund ragen die allgegenwärtigen Wolkenkratzer in den Himmel.

Für den Rückweg zum Hotel nehmen wir uns viel Zeit und gehen eine große Strecke zu Fuß.

Auf diese Weise entdecken wir einige Ecken der Stadt, die wir noch nicht kennen. Vieles erscheint uns künstlich und wenig ansprechend. Aber manches gefällt uns. Z.B. die Parks, in denen die Menschen ihre Mittagspause genießen. Sie sitzen oder liegen unter ihren Schirmen. Ein Springbrunnen mit Ein- und Ausgang hat es uns angetan. Wenn man es geschickt anstellt, wird man nur wenig nass. Natürlich probieren wir das aus.

Man könnte also sagen, dass Hongkong eine „schrecklich nette“ Stadt ist, aber länger als zweieinhalb Tage wollen wir hier nicht leben. 

Und dann sitzen wir wieder einmal auf einem Flughafen, auf einem riesengroßen sogar, mit hunderten von Gates.

Um 20h30 fliegen wir los. Wir werfen nochmals einen Blick auf die Hochhäuser hinunter. In ihrer nächtlichen Beleuchtung sehen sie toll aus. Und da liegt uns ja Hongkong Disneyland zu Füßen, haben wir das jetzt doch auch noch in unser Besichtigungsprogramm aufgenommen.

Nach ca. drei Stunden landen wir in Bangkok. Eine Stunde ziehen wir wieder ab. Hier haben wir nun wieder drei Tage Zeit, um die nächste Portion Jetlag zu verarbeiten. 

Ein Taxi bringt uns ins Hotel. Sehr edel ist das und erstaunlich preiswert. Das Gepäck wird uns von einem livrierten Pagen aufs Zimmer gebracht. Es liegt im 28. Stock. Beim Blick aus dem Fenster schauen wir von unserem „hohen Ross“ aus auf einen Kanal und viele kleine, niedrige Häuser. Im Hintergrund entdecken wir dann auch noch Wolkenkratzer. Jetzt wollen wir aber nur noch schlafen.

 

Mo, 11. November

Wir schlafen aus und tun uns am herrlichen Frühstücksbuffet gütlich- die „Obstschnitzereien“ sind fast künstlerisch.

Bis zur Abfahrtstelle des Hop-on Hop-off Busses, den wir gebucht haben, ist es nicht weit. Da gehen wir nur ein wenig den Kanal entlang .... Unbeschreiblich, in welche Slums wir dabei eintauchen. Schmutzstarrende und beengte Behausungen, kleine Läden und Mini-Garküchen, abenteuerliche elektrische Leitungen. Und dann plötzlich, gleich daneben, reich mit Gold verzierte Tempel, was für ein Kontrast. Immer wieder geraten wir in Sackgassen, und wir müssen umkehren. Aufschriften und Hinweisschilder sind nur manchmal auch auf Englisch. Die Thailändische Schrift ist zwar sehr hübsch anzusehen, aber zur Orientierung hilft sie uns leider nicht weiter.

Schließlich nehmen wir eine Autorikscha, ein sogenanntes Tuk Tuk und lassen uns zum vergleichsweise „fancy“ Einkaufszentrum, zur Bushaltestelle bringen. Bei der Sightseeing-Tour wird uns jetzt das touristische Bangkok gezeigt, ein Tempel nach dem anderen. „Tempelhupfen“ nennt das Klaus. Es ist Tradition, dass jeder neue König einen Tempel bauen lässt, und natürlich will er seine Vorgänger übertreffen. Wir hätten nach unserem morgendlichen "Spaziergang" andere Ideen, wofür man das Geld sinnvoller ausgeben könnte.

Wir interessieren uns für den Wat Traimit mit dem weltgrößten Buddha aus massivem Gold. Die Statue ist ca. 700 Jahre alt und wiegt über fünf Tonnen.

Am besten gefällt uns aber eindeutig die riesige Tempelanlage von Wat Pho. Hier liegt ein 46 Meter langer und 15 Meter hoher, vergoldeter Buddha ganz entspannt auf der Seite. Im Garten stehen einige sehr hübsche Chedis - in anderen buddhistischen Ländern werden sie Stupas genannt - die mit bunten glasierten Keramikplättchen verziert sind. Auch ein Trinkwasserbrunnen trägt dazu bei, dass  man sich hier unter schattigen Bäumen ein wenig erholen kann, inmitten vieler Figuren in Yogaposen, die offenbar von humorvollen Künstlern gestaltet wurden.

In Chinatown schlendern wir ein wenig herum, aber den großen Palast, die Reste der Festung Phra Sumen, die Reste der Stadtmauern und den Marmortempel Wat Banchamabophit nehmen wir nur im Vorüberfahren zur Kenntnis.

Die Königsfamilie ist äußerst präsent in den Straßen. In protzigen, goldfarbenen Rahmen hängen und stehen ihre großen Fotos überall in der Stadt.

Auf dem Heimweg müssen wir wieder feststellen, dass man, wenn man nur ein wenig von der Hauptstraße abzweigt, bereits wieder im finstersten Elend landet. Und die Luft ist sehr schlecht. Auf den Fotos wird das alles wahrscheinlich wieder „malerisch“ wirken.

Ziemlich geschlaucht kommen wir ins Hotel zurück, werfen unsere Laptops an und schmökern ein wenig in der Wikipedia:

Bangkok ist die Hauptstadt THAILANDS. Sie wurde im späten 18. Jhd. gegründet.

Bis 1939 hieß das Land Siam. „The King and I“ spielt in den 1860er-Jahren unter König Mongkut als Rama IV.

König Bhumibol saß 70 Jahre lang auf dem thailändischen Thron, bis zu seinem Tod 2016. Seine Gattin Sirikit lebt noch.

Der neue König Maha Vajiralongkorn, Rama X, ist lange nicht so beliebt wie seine Eltern. Die neue Königin heißt Suthida.

Die Stadt selbst hat ca. 5 Millionen Einwohner, aber in der Metropolregion leben rund 14 Millionen Menschen.

 

Di, 12. November

Für heute hat Klaus online eine Hop-on Hop-off Tour mit Booten auf dem Fluss gebucht. Wir nehmen ein Kanalboot, das direkt bei unserem Hotel wegfährt, zur Abfahrtstelle. Leider fahren ausgerechnet heute die Flussboote nicht- wegen der Probe für eine Königsparade. Wir sind einigermaßen enttäuscht. Was machen wir jetzt? Das Nationalmuseum bietet sich an. Am Dienstag sind die Museen geschlossen. Unser Lächeln in „The City of endless Smiles“ scheint heute doch ein enden wollendes zu sein.

Wir wandern also wieder zu Fuß durch die Stadt. Der Ratchdamnoen Boulevard ist die Prachtstraße der Stadt. Rama V machte in den 1880er-Jahren eine Europareise. Die Camps-Élysées hatten es ihm so sehr angetan, dass er zu Hause auch so etwas haben wollte. Ganz so wie in Paris ist es hier nicht. Auf den Gehsteigen sitzen viele Leute, die irgendetwas verkaufen, Ramsch, Obst, gebratene Fleischstücke und vor allem Lose und nochmals Lose. Je ärmer ein Land ist, desto größer ist wohl die Hoffnung auf einen Hauptgewinn. Vielleicht ist der prachtvolle Königskult auch mit der Armut der Thailänder zu erklären. Wenn ihr Alltag schon trist ist, so haben sie wenigstens einen Märchenkönig. Und die vielen goldstrotzenden Tempel erfüllen wohl denselben Zweck. Da könnte man sich die Buddhismus-Affinität glatt wieder abgewöhnen.

Weil wir gerade von Tempeln sprechen. Wir schauen uns noch den Wat Thepthidaram, den „Tempel der Göttlichen Tochter“ an, weil wir gerade vorbeikommen. Wir steigen ihm sogar aufs Dach.

In der Gegend um den großen Palast wimmelt es nur so von unzähligen Reisegruppen. Jetzt denken wir nur mehr an Flucht.

Bangkok ist nicht unsere Stadt. Sie ist heiß, schmutzig, laut, es stinkt, und wir haben mit Sprachschwierigkeiten zu kämpfen.

Auch der Verkehr ist chaotisch. In Thailand wird offiziell links gefahren. Das erkennt man aber fast ausschließlich daran, dass die Fahrer auf der rechten Seite sitzen. Die meisten Autos fahren irgendwie und die unzähligen Mopeds sowieso. Wenn man als Fußgänger auf die andere Seite will, tritt man beherzt auf die Straße und hofft, dass die Fahrzeuge stehen bleiben und man heil auf der anderen Seite ankommt.

Das alles finden wir sehr ermüdend, und wir beschließen, den einzigen ruhigen und kühlen Rückzugsort aufzusuchen, den wir in dieser Stadt haben, unser Hotel. Tuk Tuk und Kanalboot bringen uns nach Hause.

Mi, 13. November

Der letzte Tag unserer langen und vielfältigen Reise ist angebrochen.

Wir nehmen uns die Nationalgalerie vor. In wenigen Räumen gibt es wenige Bilder, die man nicht fotografieren darf. Die Themen der Kunstwerke sagen uns mit unserem westlichen Hintergrund wenig. Dass es fast alle Erklärungen und Beschriftungen nur in Thai gibt, hilft uns auch nicht weiter. Sie haben sich hier eh bemüht...

Ich finde ja die kleine Ausstellung der Gemälde, die der verstorbene König Bhumibol gemalt hat, ziemlich nett. 

Der letzte Punkt auf unserem Besichtigungsprogramm ist für uns eine positive Überraschung und bietet einen versöhnlichen Ausklang: Der Tempel Wat Saket. Er wird auch The Golden Mount genannt. Über einen 79 Meter hohen, künstlich aufgeschütteten Berg - eine Art Kalvarienberg - steigt man über 318 Stufen zur glockenförmigen, goldenen Chedi hinauf. Die ist gerade mit roten Tüchern „liturgisch verhüllt“. Die einzelnen „Kreuzwegstationen“ sind kleine Tempelchen mit reizenden Buddhadarstellungen, meist in einem plätschernden Brunnen. Natürlich schauen wir uns auch den „Fußabdruck Buddhas“ an, zu dem viele Gläubigen pilgern. Der Hochverehrte hat offensichtlich Schuhgröße 82 gehabt.

Zur Zeit seiner Erbauung im späten 18. Jhd. diente der Tempel zunächst als Verbrennungsstätte für verstorbene Prinzen und Würdenträger, später für alle Verstorbenen. Die Armen der Stadt konnten sich die Einäscherung nicht leisten und wurden daher hier einfach verscharrt- ein Fressen für Geier und wilde Hunde. Die Bewohner der Stadt eilten so schnell, wie möglich an diesem Hügel vorbei, um nicht den Gestank einatmen zu müssen.

Rama I ließ den Tempel anlässlich seiner Thronbesteigung 1801 restaurieren und reinigen und gab ihm seinen heutigen Namen, Wat Saket = Tempel der Reinigung.

Wir kehren verschwitzt ein letztes Mal in unser Hotelzimmer zurück und reinigen uns auch.

Nach dem Auschecken um 14h setzen wir uns mit unseren Laptops in die Lobby. Unser Flieger geht erst um ca. 23h.

Morgen früh werden wir hoffentlich wohlbehalten in Wien landen. Die sechs Stunden Zeitunterschied, die wir aus Bangkok mitnehmen, werden wir einfach verschlafen. 

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