BALKAN 2023 (Drei Wochen im Herbst)
Fr, 29. Sept.
Abfahrt ca. 16h
Besuch bei den Pribis in FISCHAMEND.
Wir können unmöglich wegfahren, ohne Klaus’ Enkelin Sarah an ihrem 13. Geburtstag zu beglückwünschen.
Wir verbringen einen netten Abend und übernachten in bewährter Weise auf dem Parkplatz beim Kriegerdenkmal.
20 km
Sa, 30. Sept.
Nach einem Großeinkauf im Eurospar und einem Abschiedsfrühstück bei den Pribis fängt unsere Reise nun erst wirklich an.
Das Wetter ist wunderbar warm und sonnig, aber der Herbst beginnt langsam anzuklopfen.
Heute geht es nach UNGARN.
Direkt an der Grenze endet die Asphaltstraße, und unser Weg führt auf einer schmalen Schotterstraße weiter- erfreulicherweise nur kurz. Dann können wir uns wieder über gute Straßen freuen.
SOPRON (Ödenburg), eine der ältesten Städte des Landes, gefällt uns sehr gut. Die Stadt hat sich so richtig gemausert, seit ich vor über 20 Jahren das letzte Mal hier war. Die verkehrsberuhigte Altstadt ist sehr hübsch.
Unter anderem besichtigen wir den Feuerturm, das Wahrzeichen der Stadt. Er wurde auf römischen Mauerresten errichtet. Gleich daneben steht das Rathaus.
Vieles ist auf deutsch angeschrieben, auch Straßennamen.
Wir hoppeln mit unseren Klapprädern, über das Kopfsteinpflaster. Seit ganz kurzer Zeit sind unsere Bromptons elektrifiziert. Die Form unsere Akkus lassen einen Raketenantrieb vermuten, oder sind das da vorne doch nur überdimensionierte Thermosflaschen?
Jedenfalls haben sie beim bergauf Fahren über eine sehr steile und holprigen Straße ihre erste Feuerprobe mit Bravour bestanden.
Eine weitere Neuerung auf dieser Reise ist das neue GPS-System im Auto. Wir arbeiten jetzt mit Apple CarPlay. Es bewährt sich sehr.
Auch SZOBATHELY (Steinamanger) ist recht hübsch.
Wir radeln an der Kathedrale Mariä Heimsuchung und an der Synagoge vorbei. Etwas ganz besonderes ist das Iseum, ein Isis-Heiligtum aus dem 1. Jhd.n.Chr. Über die berühmte Bersteinstraße, die ganz in der Nähe verlief, gelangte der ägyptische Kult so weit in den Norden. Das ist einzigartig in Europa. Zu sehen ist nicht viel. Ein Tempel wurde rekonstruiert.
Unser heutiges Tagesziel liegt in KÖRMEND, am idyllischen Mühlensee, der bei Anglern sehr beliebt ist. Ohne unser bewährtes App „Park4Night“ hätten wir den Platz nie gefunden.
Die Sonne versinkt blutrot im glitzernden Wasser. Wir sind in unserem Reisemodus angekommen.
178 km
So, 1. Okt.
Nach dem Ausschlafen machen wir uns auf den Weg nach ZALAEGERSZEG (Egersee).
Frühstück gibt es auf dem Parkplatz vor dem Freilichtmuseum. Als Besichtigung begnügen wir uns mit einem Blick über den Zaun. Er bietet uns nichts Neues.
Wir gleiten durch eine ansprechende, hügelige Landschaft. Die Sonnenblumen- und Kukuruzfelder scheinen allerdings verdorrt zu sein. Google informiert uns über die beispiellose Dürre im Land. 200.000 Hektar Sonnenblumen und 300.000 Hektar Mais sind völlig vertrocknet- ein sehr trauriger Anblick.
Wir, als Urlauber, genießen die angenehmen Temperaturen. Die Sonne wärmt uns.
Reklametafeln vertrauter Marken begleiten uns: Lidl, Obi, Interspar, Erste Bank, Hofer, Media Markt, usw.
Die Straßendörfer wirken sehr ärmlich. Die Häuser erinnern uns an die 1960er-Jahre.
Die Strecke führt weiter durch den Donau-Drau-Nationalpark mit seinen Laubwäldern. Er wurde 1996 gegründet, um vor allem die Flusslandschaften zu schützen.
Wir sind auf dem Weg nach KROATIEN, in die REPUBLIKA HRVATSKA.
Die Grenze in BARCS wird durch die Drau gebildet. Sie ist hier verhältnismäßig breit, führt aber nur wenig Wasser.
Diesmal passieren wir immerhin Grenzgebäude, die aber unbesetzt sind.
Der Anblick der Ortschaften ändert sich kaum.
Unser heutiges Tagesziel is VIROVITICA in der Region SLAVONIEN. Gleich in der Nähe unsere Stellplatzes steht ein hübsches Schloss aus dem frühen 20. Jhd. Es liegt in einem gepflegten Park. In dem ganz frisch restaurierten Gebäude ist das Städtische Museum untergebracht.
Wir radeln hin, bevor wir uns unserer allabendlichen Schreibtischarbeit widmen.
199 km
Mo, 2. Okt.
Ca. um 7h Früh klopft jemand erbost an unser WoMo. Hier ist offenbar ein Park&Ride-Platz. Am Abend war alles leer, aber in der Früh füllt er sich zusehends. Wie nehmen wohl zu viel Raum ein.
Also legen wir einen Blitzstart hin und hauen ab.
Es hat 12°. Die Sonne geht gerade auf. Nebel liegt in den Niederungen. Wir genießen die Morgenstimmung.
Leider sind die Sonnenblumenfelder auch hier verdorrt.
Auf einem Damm geht es zwischen großen Wasserflächen dahin. Das scheinen künstlich angelegte Fischteiche zu sein.
Die Fischer wollen uns hier jedenfalls nicht haben. Also suchen wir uns für Morgentoilette und Frühstück ein lauschiges Plätzchen am Waldrand.
Die Gebäude entlang unserer Strecke sind in einem erbärmlichen Zustand. Viele sind verlassen.
Wir entdecken bald auch Häuser mit Einschusslöchern und eine zerschossene Kirche, die völlig verfällt. Wahrscheinlich haben die vielen verlassenen Häuser mit den ethnischen Säuberungen in den 1990er-Jahren zu tun. Viele Menschen sind wohl auch geflüchtet und nicht wieder zurückgekehrt.
Zweisprachige Ortsschilder fallen uns auf. Das ist ja zur Zeit ein heftig umstrittenes Thema in ganz Ex-Jugoslawien.
Nun heißt es, alle "Mobilen Daten" in unseren Handys ausschalten. Wir nähern uns nämlich einer EU-Außengrenze und reisen über die Save-Brücke nach BOSNIEN UND HERZEGOWINA ein. Unsere Pässe werden kontrolliert und abgestempelt. Die Formalitäten gehen aber flott und problemlos vor sich.
Hier fängt erst richtig der BALKAN an. Die Donau-Save-Linie wird üblicherweise als Grenze angenommen.
Seit dem 1995 geschlossenen Friedensvertrag von Dayton existieren in dem Staat, in den wir gerade eingereist sind, unter einem Dach zwei Entitäten: die muslimisch-kroatische Föderation Bosnien und Herzegowina und die weitgehend selbst verwaltete REPUBLIK SRPSKA, in der wir uns jetzt befinden, was man nicht zuletzt an den vielen serbischen Fahnen unschwer erkennen kann. Die Serben halten ungefähr ein Drittel des Landes.
Schon zu Hause haben wir uns ein wenig mit der kyrillischen Schrift beschäftigt. Dieses Wissen kramen wir jetzt hervor, obwohl vieles auch in lateinischen Buchstaben angeschrieben ist.
Auch an eine neue Währung müssen wir uns gewöhnen. Hier zahlt man mit BAM (=Konvertierbare Mark).
BANJA LUKA ist unser heutiges Tagesziel. Kurz vorher peilen wir einen Stellplatz an, der alle Stückeln spielt. Sogar ein Badezimmer steht uns zur Verfügung. Dafür zahlen wir gerne ein paar Euro. Er gehört zu einem tollen, modernen Haus mit Terrasse und Grillplatz.
Das Ehepaar, das hier alles managt, hat über 30 Jahre lang in der Schweiz gelebt und gearbeitet und ist in der Pension in die Heimat zurückgekehrt. Beide sprechen schwyzerdütsch mit serbischem Akzent. Das klingt recht witzig. Aber wir können uns gut verständigen.
Die Stadt selbst spricht uns nicht sehr an. Wir sind bei sommerlich heißen Temperaturen auf unseren Rädern unterwegs und wurschteln uns wie alle anderen Verkehrsteilnehmer auch irgendwie durch. Verkehrskonzept ist keines zu erkennen.
Wir klappern die vom Reiseführer empfohlenen Sehenswürdigkeiten ab.
Die moderne Christophorus-Kirche reckt ihren Turm mit „Drehverschluss“ in den Himmel. Der hochgelobte Stadtpark mit Springbrunnen entlockt uns ein anerkennendes „Na ja“. Die Ferhadija-Moschee aus dem 16. Jhd. wurde während des Bosnienkriegs von serbischen Nationalisten zerstört. Auch gegen den Wiederaufbau wurde von serbischer Seite demonstriert.
Schließlich wurde sie 2016 neu eröffnet.
Das Kastell wurde von den Osmanen auf den Resten eines römischen Militärlagers erbaut. Es ist frei zugänglich und dient heute als beliebtes Ausflugsziel mit Park, Amphitheater, Spielplatz und Restaurant.
Auf unseren Stellplatz zurückgekehrt bleibt für heute noch eine letzte Amtshandlung. Das BIH-Pickerl muss auf die Rückwand vom WoMo geklebt werden.
171 km
Di, 3. Okt.
Nach einer angenehmen Nacht leeren wir das Klo und füllen den Wassertank.
Es geht weiter nach Südosten.
Vor uns tauchen hohe Berge auf. BANJA LUKA liegt ja am Südrand der Pannonischen Tiefebene, und wir nähern uns jetzt den „Schluchten des Balkans“.
Die Balkanhalbinsel verdankt ihren Namen ja einem Geographen, der am Beginn des 19. Jhd. irrtümlich geglaubt hat, dass das Balkangebirge bis zur Adria reicht. Davon kann keine Rede sein. Hier ist es aber auch recht gebirgig. Ein hoher Bergrücken folgt dem nächsten. In den tiefen Tälern dazwischen liegen kleine Dörfer.
Auf unserer Fahrt Richtung SARAJEVO sehen wir wieder verlassene und verfallende Dörfer. Das sieht schon sehr nach Vertreibung aus. Hinter jedem dieser Häuser steht sicherlich eine dramatische Familiengeschichte. Traurig, dass wir uns auch an diesen Anblick gewöhnen.
Es wird aber auch sehr viel gebaut.
In einem winzigen Geschäft wollen wir Obst kaufen. Die Inhaberin deutet uns, dass sie gerade keinen Strom hat, und die Waage daher nicht funktioniert. Aus diesem Grund verkauft sie uns nichts. Diese Art von Geschäftstüchtigkeit durchschauen wir nicht. Sie hätte uns doch irgendwie einschätzen können.
Irgendwo im Nirgendwo machen wir Halt und starten unsere erste richtige Radtour mit Motor.
Wir sind hier ungefähr auf einer Höhe von 900m. Kurz vor 11h düsen wir - im wahrsten Sinn des Wortes - los. Teilweise führt unser Weg über schmale, steile Schotterstraßen mit großen, spitzen Steinen. Es geht vorbei an einzelnen Gehöften und an einem großen Friedhof voller Plastikblumen. „Wie in Mexiko“, meint Klaus. Wir sind halt hier im tiefsten Hinterland. Über jeden Meter Asphalt freuen wir uns. Streckenweise müssen wir schieben, weil es gar so unwegsam ist. Aber dabei hilft der Motor ja auch. Das letzte Stück können wir uns auf einer Asphaltstraße austoben. Das macht so richtig Spaß. Alles in allem ist dieser Ausflug ein richtiges Abenteuer.
Nach ca. einer Stunde fahren wir wieder mit unserem WoMo weiter, mehr oder weniger durch unberührte Natur. Die Autostraßen sind bis jetzt überall sehr gut gewesen.
Eine große Tafel mit Wappen und allem Drum und Dran zeigt uns, dass wir jetzt in die FÖDERATION BOSNIEN UND HERZEGOWINA einreisen.
TRAVNIK ist unser nächstes Zwischenziel. Wir wandern zu den Resten der mittelalterlichen Festung mit ihrem hohen Minarett hinauf. Der Palas bekam erst vor Kurzem wieder ein Dach. Er beherbergt ein Heimatmuseum. Vom Turm aus genießen wir die Aussicht und zählen auf die Schnelle zehn Minarette. Spätestens jetzt wird klar, dass wir im muslimischen Teil des Landes sind.
Allerdings tragen die allermeisten Frauen hier kein Kopftuch.
Es wird weiterhin dieselbe Währung verwendet. Die Konvertierbare Mark wird allerdings hier mit KM abgekürzt.
Ca. 15km weiter in STARA BILA finden wir unseren Stellplatz für die Nacht. Für kleines Geld gibt es hier, neben einem kleinen Hotel, wieder Dusche, WC und Trinkwasser.
145 km
Mi, 4. Okt.
Kühl ist des heute früh. Alles ist feucht vom Tau und nebelverhangen. Es herbstelt ganz eindeutig.
Gestern Abend sind ja auch am Himmel die Plejaden aufgetaucht, die den Winter ankündigen.
Im Laufe des Vormittags kommt aber die Sonne heraus, und es wird wird wieder angenehm warm.
Bei einem Gemüsestandl am Straßenrand kaufen wir ein. Die Verkäufer nähern sich schüchtern und fast ehrfürchtig und fragen, ob sie in unser WoMo hineinschauen dürfen. Na, es ist ja auch sehenswert.
Das Land hat einen Antrag auf Aufnahme in die EU gestellt. Bis dahin ist aber wohl noch ein recht langer Weg. Die Infrastruktur wirkt eher wie in einem Entwicklungsland. Überall liegt enorm viel Müll herum. Von Trennen kann überhaupt keine Rede sein. Allerdings sehen wir schicke Autos und Handys.
Die Entwicklung geht nur langsam voran. Korruption ist ein großes Problem.
Wir fahren durch ein eher schmales Tal. Eine Ortschaft folgt auf die andere. Zu beiden Seiten erhebt sich das Dinarische Gebirge.
Dort, wo es ein wenig breiter wird, liegt zu beiden Seiten des Flusses Miljacka unser heutiges Ziel, SARAJEWO.
Diese Stadt hat ja auch noch in der jüngsten Vergangenheit enorm viel mitgemacht.
Als in der weltoffenen, toleranten Multi-Kulti-Stadt 1984 die Olympischen Winterspiele stattfanden, konnte man nicht erahnen, welches Leid ihr bevorstand.
Nur 10 Jahre später wurde sie von den bosnischen Serben eingekesselt und fast vier Jahre lang belagert und terrorisiert. Immer wieder fielen von den umliegenden Bergen Granaten auf die Stadt und Scharfschützen schossen auf Zivilisten. Die Menschen hungerten und hatten nur wenig Wasser. Der Westen brachte - zu wenige - Hilfsgüter über eine Luftbrücke.
Nach dieser langen Zeit griff dann endlich die Nato ein und bewog 1995 endlich die Serben zum Einlenken.
Das schon erwähnte Abkommen von Dayton wurde geschlossen.
SARAJEWO wurde zum Sinnbild für die brutale Sinnlosigkeit des Balkankrieges.
Jugoslawien hatte sich ja selbst als das Land der Brüderlichkeit und Einheit bezeichnet. Aber 1980, nach Titos Tod, traten tiefe Risse zwischen den sechs Teilrepubliken - Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Mazedonien - zutage.
Als Slowenen und Kroaten im Juni 1991 ihre Unabhängigkeit erklärten, begann der Kampf um das Erbe des Vielvölkerstaats. Besonders brutal war der Konflikt in Bosnien-Herzegowina, das sich 1992 von Belgrad lossagte. Ein Brennpunkt des aufflammenden Krieges war eben die Hauptstadt SARAJEWO.
Heute leben hier vor allem Moslems. Multi-Kulti war einmal.
Die Geschichte der Stadt war aber auch schon in früheren Zeiten sehr bewegt.
Im 15. Jhd. eroberten die Osmanen Bosnien. Unter Gazi Gusrev Beg wurde sie im 16. Jhd. zur Großstadt. Wir besichtigen seine große Moschee mit dem stimmungsvollen Friedhof. In dieser Zeit wurden Volksschulen, Armenküchen, Bibliotheken, Warenhäuser, Unterkünfte und Bäder gebaut. Handel und Handwerk brachten der Stadt Wohlstand.
Und dann kam im 17. Jhd unser Prinz Eugen und zerstörte alles. 200 Jahre brauchte die Stadt, um sich von diesem Schlag zu erholen.
1878 kam Bosnien unter österreichische Verwaltung. Auf 400 Jahre osmanische Herrschaft folgten nun 40 Jahre österreichische.
Begeistert waren die Bosnier davon nicht. Im Juni 1914 erschoss Gavrilo Princip den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie an der alten Lateiner-Brücke, was ja bekanntlich der Auslöser für den Ersten Weltkrieg war.
Wir besuchen diese Stelle. Hier prangen große Fotos und eine Tafel. Man kann auch den offenen Wagen, in dem das Paar saß, bewundern. Das Orignal-Fahrzeug ist das allerdings nicht. Das wird nämlich in Wien, im Heeresgeschichtlichen Museum ausgestellt.
Unser Auto steht auf einem bewachten Parkplatz im Stadtzentrum. Unsere Klappis leisten uns bei der Besichtigung wieder einmal gute Dienste. Wir radeln durch die belebte Ulica Ferhadija, eine Art Fußgängerzone.
Immer wieder entdecken wir ältere Gebäude mit Einschusslöchern, aber es gibt auch moderne Glasbauten, und in der kommunistischen Zeit hat auch der Brutalistische Baustiel zugeschlagen.
Das älteste Viertel Sarajevos, die Baščaršija stammt noch aus dem 15. Jhd. Hier liegt auch der Basar mit viel Gewusel. Den Mittelpunkt bildet der hölzerne Sebilj-Brunnen auf dem Altem Marktplatz. Der Stil ist pseudomaurisch, denn er stammt erst aus dem 19. Jhd. Offenbar dient er als Treffpunkt der Jugend.
Nun steht der türkische Uhrturm Salat Kula aus dem 17.Jhd. auf unserem Programm. Lange Zeit zeigte er die Uhrzeit „a al turca“. Bei Sonnenuntergang standen beide Zeiger genau auf 12h. Während des Tages musste sie ständig nachjustiert werden. Das war sehr mühsam. Im 19. Jhd. bekam der Turm eine neue Uhr.
Das alte Warenhaus Brusa bezistan aus 1551 verkaufte früher feines Tuch aus der Stadt Brusa. Heute sind hier Souvenierläden untergebracht.
Alles mutet sehr orientalisch an. Auch der Muezzin singt. Nur ganz selten sieht man allerdings tief verschleierte Frauen und einige tragen ein Kopftuch.
Wir radeln zurück zum Auto, um nach einer gemütlichen Mittagspause noch einmal loszuziehen.
Wir besuchen den belebten Markale-Markt, auf dem im Februar 1994 eine Granate zwischen den Markständen inmitten einer Menschenmenge einschlug. Das war ein unbeschreibliches Massaker, das 86 Tote und über 200 meist schwer Verletzte und Verstümmelte forderte. Heute erinnert eine Gedenkstätte an diesen schrecklichen Tag. Blutrotes Harz wie zerstreute Blütenblätter in die Löcher im Gehweg gegossen, genau dort, wo das tödliche Geschoss das Pflaster zersplitterte.
Weitere 200 solcher Einschlagstellen, „Rosen von Sarajewo“ genannt, befinden sich noch in der Stadt.
Wir sind tief bewegt. Aber das Leben rundherum wurlt weiter, und auch wir wenden uns bald wieder anderen Dingen zu.
Es zieht uns uns nochmals in die Altstadt. Wir wollen noch die ehemalige Karawanserei Morića han sehen, eine Herberge für Kaufleute mit Ställen und Lagerräumen. Heute ist das ein großes orientalisch anmutendes Restaurant, in dem man auch Wasserpfeife rauchen kann.
Gleich daneben in einer sehr schmalen Nebengasse entdecken wir ein winziges Falafel-Lokal.
Wir speisen vorzüglich: Falafel mit verschiedenen Saucen, Fladenbrot und Salat. Danach gibt es noch einen Čaj, einen starken, schwarzen Tee.
Zurück beim WoMo beschließen wir, nicht über Nacht auf diesem Platz zu bleiben. Man bezahlt nämlich pro Stunde, und das wird uns für die ganze Nacht zu teuer.
Park4Night macht uns einen anderen Vorschlag.
Wir fahren zur weißen Festungsruine hinauf. Hier gibt es tatsächlich ebene Gratis-Parkplätze.
Von hier oben hat man eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt und die umliegenden Berge.
Das hier war in den 1990-er Jahren einer der Standorte der bosnischen Serben, von wo aus sie die Stadt beschossen. Heute ist das hier ein beliebtes Ausflugsziel.
Wir lassen die Blicke schweifen und entdecken zu unseren Füßen ein riesiges Gebäude, das völlig zerbombt uns ausgebrannt ist- eine ehemalige Kaserne.
Es ist 19h, und es wird bereits dunkel.
Heute Abend gibt es viel nachzulesen und zu recherchieren.
Schließlich singen uns die Muezzin in den Schlaf.
85 km
Do, 5. Okt.
Wir haben sehr gut geschlafen.
Kaum verlassen wir SARAJEWO, beginnt gleich wieder die REPUBLIK SRPSKA. Sogar ein Stück der Stadt gehört noch dazu.
Auf unserem heutigen Besichtigungsprogramm stehen die Piaskowe piramidy, interessante Sandpyramiden. Die Straße dorthin ist allerdings recht schmal und holprig. Gott sei Dank kommt uns außer Schafherden und einer Kuh niemand entgegen.
Wunderhübsch sind sie- Vermillion, wie der viel größere Bruder, der Bryce Canyon. Wir kommen ganz nahe heran.
Durch den Erosionsprozess im Laufe der Jahrhunderte wurden sie aus sandigem Ton geformt. Regen, Wind, Frost und Sommerhitze trugen einen Teil des Bodens ab, während die stärkeren Klippen widerstanden. Durch die partielle Erosion entstand dieses geomorphologische Phänomen mit interessanten Formen. Die pyramidenförmigen Felsen ragen aus breiten Fundamenten und werden nach oben hin dünner. Einige von ihnen sind bis zu 20 Meter hoch. Der Erosionsprozess ist immer noch im Gange.
Für uns geht es weiter entlang des Flusses Tara, an dem Rafting betrieben wird. Hier gibt es auch einige Feriendörfer. Bei einem der Rafting-Camps soll man mit dem WoMo gratis übernachten dürfen. Da gefällt es uns aber überhaupt nicht.
Schließlich ist es erst 13h. Also fahren wir noch ein Stückchen weiter.
Und schon sind wir an der Grenze zu MONTENEGRO = CRNA GORA.
Unmittelbar danach lacht uns ein sehr kleiner Campingplatz an. Die freundliche Inhaberin verrechnet uns € 10,00 für die Nacht und bietet Klo, Dusche, WLAN und sogar eine Waschmaschine.
Trockner hat sie keinen. So spannen wir halt nach alter Manier Wäscheleinen.
Zur EU gehört das Land nicht, aber die offizielle Währung ist dennoch der EURO.
Wir sind sehr zufrieden und verbringen hier einen sonnigen Nachmittag.
Am Abend serviert uns die fesche Montenegrinern Gemüse mit Reis und Kartoffeln- weil wir doch partout keine Cevapcici wollen.
120 km
Fr, 6. Okt.
Wir sind schon um 7h munter und nützen die Zeit, um noch ein wenig mit dem hiesigen WLAN zu kämpfen. Letztlich schaffen wir es doch noch, den aktuellen Reiseblog auf unsere Homepage zu stellen und ein paar Fotos zu verschicken.
Um 8h30 fahren wir los, zunächst entlang des Flusses Piva. Auch hier wird Rafting betrieben. Daher stehen an der Straße immer wieder kleine Kioske, die Getränke, Snacks und WLAN anbieten. Da könnte man überall übernachten.
Der erste Eindruck des Landes ist toll- bewaldete Berge, vereinzelte Gehöfte, tiefe Schluchten. und kaum Müll. Die Morgennebel fügen noch einen Hauch Romantik dazu.
MONTENEGRO ist ja ein ziemlich kleines Land- sogar kleiner als Niederösterreich - und ein Großteil davon ist gebirgig.
Die gut ausgebaute Bergstraße führt immer wieder durch grob behauene Tunnel und über Brücken. Die Felswände gehen senkrecht in die Tiefe.
Dieses Gebiet muss früher unpassierbar gewesen sein.
Die Piva wird durch eine hohe Staumauer aufgestaut. Der große See, der dadurch entstanden ist, führt erschreckend wenig Wasser.
Weiter fahren wir auf ca. 1000m Höhe durch ein Hochtal mit grünen Hügeln. Das Laub färbt sich herbstlich- wunderschön.
Wir sind unterwegs nach NIKŠIĆ, der zweitgrößten Stadt des Landes. Die hiesige Brauerei ist berühmt. Klaus hat gestern ein köstliches Bier von hier getrunken.
Noch mehr interessiert uns die kleine römische Brücke. Sie ist sehr schmal. Man konnte sie nur mit einem kleinen Karren befahren. Heute ist hier kein Fluss mehr. Die Brücke steht funktionslos dekorativ in der Landschaft rum.
Bei der Weiterfahrt müssen wir erkennen, dass wir wieder in der Zivilisation gelandet sind. Zugemüllte Straßenränder werden wieder zu einem vertrauten Anblick.
Nun ruft uns die Hauptstadt PODGORICA. In Jugoslawiens Zeiten war ihr Name TITOGRAD. Inzwischen hat sie längst wieder ihren alten Namen angenommen. Er bedeutet „Unter dem Berglein“
Wir parken in der Nähe der kühnen Schrägseilbrücke aus 2015, satteln unsere Drahtesel, und werfen uns in den chaotischen Straßenverkehr, um das Stadtzentrum zu erkunden. Das löst bei uns keine Begeisterung aus. Sogar im Reiseführer steht, dass die Stadt für Touristen „allerhöchstens verkehrstechnische Bedeutung“ hat, und dass man beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg „auf ästhetische Überlegungen keine Zeit verschwendet“ hat.
Wir finden den Platz der Republik mit dem Springbrunnen und immerhin einem Hard Rock Café.
Daneben findet gerade ein netter kleiner Antiquitäten-Ramsch-Flohmarkt statt.
Ein besonderes „Highlight“ der Stadt ist der Uhrturm Sat Kula- ohne Uhr.
Wir kehren zum WoMo zurück, und nach der Mittagspause geht unsere Reise weiter nach Südosten.
Nach dem kühlen Morgen ist es wieder ziemlich heiß geworden- 28°.
Unseren heutigen Schlafplatz finden wir in der Wildnis am Skadar-See, auch Skutari-See genannt. Nachdem wir den Müll mit Schaufel und Arbeitshandschuhen aus unserem Blickfeld entfernt haben, ist das ein richtig schöner Platz.
Der See ist ungefähr so groß wie der Bodensee aber ein völlig unberührtes Ökosystem mit enormer Artenvielfalt.. Dafür sorgt auch sein Nationalpark-Status. Ein Drittel der Fläche liegt in Albanien. Wir machen einen kleinen Spaziergang zum Ufer und kommen gerade zum Sonnenuntergang zurecht..
Wir sind nun eine Woche unterwegs, aber es kommt uns schon viel länger vor. Vor sind total im Reisemodus.
168 km
Sa, 7. Okt.
Wir haben gut geschlafen und machen uns auf ins nächste Land. ALBANIEN wartet schon auf uns.
Die Morgenstimmung am See ist wunderbar.
An der Grenze fällt uns einmal mehr auf, dass die Autokennzeichen der Balkanstaaten, die wir bis jetzt bereist haben, bereits den europäisch anmutenden blauen Streifen links neben der Nummer haben. Sie wollen alle in die EU.
Wir hoffen jedenfalls, dass wir hier keine Opfer der Blutrache werden. Zu diesem Thema gibt es ja wilde Schauergeschichten.
Die Grenzformalitäten sind unproblematisch.
Wir fahren nach SHKODER. Ein Stückchen davor steht an einem uralten Handelsweg die alte Brücke von Mes aus osmanischer Zeit. Sie ist 130m lang und ca. 2m breit. Dreizehn teils orientalisch anmutende Bögen überspannen den Fluss Kir, der jetzt nur ein Rinnsal ist. Durch die Winterregen und die Schneeschmelze schwillt er jedes Jahr zu einem mächtigen Strom an.
Eine Gruppe Buben mit einheitlich blauen Leiberln sind mit Arbeitshandschuhen und großen Müllsäcken unterwegs und sammeln Müll auf. Wir entdecken auch ganz neue Mistkübel. Was für ein Lichtblick. Obwohl das natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.
Bei der Einfahrt in die Stadt fallen uns enorme Kontraste auf. Grundsätzlich ist alles sehr ärmlich.
Aber immer wieder tauchen 5-Sterne-Hotels und Luxus-Ferienresorts, auf- übertrieben verziert nach Disneyland-Manier. Davor sitzt dann eine alte verhutzelte Frau auf dem Boden und verkauft ein paar Paprika, und auf der Hauptstraße kommt uns eine Kuhherde entgegen.
Immer wieder sehen wir Fuhrwerke.
Die einfachen Häuser haben oft Wassertanks auf dem Dach, eine nachhaltige Methode zur Warmwasserbereitung, die wir auch aus anderen südlichen Ländern kennen.
Wir kaufen in einem winzigen Laden ein, Brot und ein wenig Gemüse. Das kostet uns gerade einmal € 2,00. Sie nehmen hier tatsächlich überall Euro. Sogar in ganz kleinen Geschäften gibt es in den Kassen eigene Fächer dafür. Die allgemeine Umrechnung ist 100 LEK für 1 Euro.
Wir peilen heute einen richtigen Campingplatz an. Camping Legjenda mit Blick auf die Burg ist sehr gepflegt und entspricht mitteleuropäischem Standard. Wir sind positiv überrascht. Dusche und WLAN erfreuen uns besonders. Außerdem müssen wir unser Klo ausleeren und den Wassertank füllen, bevor wir wieder für ein paar Tage in die Wildnis verschwinden.
Nach einer kurzen Erholungsphase stürzen wir uns mit den Klappis ins Verkehrsgewühl. Überraschend viele Radfahrer sind hier unterwegs. Mit diesen Gefährten wird auch alles transportiert.
Dass wir in einem islamischen Land sind, merkt man kaum. Ganz selten sieht man eine alte Frau mit Kopftuch.
Wir suchen als erstes die Bleimoschee aus dem 18. Jhd, die mitten in den Feldern steht.
Sie hat bis jetzt alles überstanden, häufige Überschwemmungen, Erdbeben, Diebstahl der Bleiplatten auf den Kuppeln und, als einzige Moschee der Stadt, die Zeit der Kommunisten mit ihrer Atheismuskampagne.
Im Reiseführer wird sie als äußerst baufällig beschrieben. Für Restaurierungsarbeiten wird ein Geldgeber gesucht. Es scheint so, als wäre der gefunden. Wir finden nämlich eine große, mit einer Mauer umgebene, Baustelle vor. Nur einen kurzen Blick darüber können wir erhaschen.
Das Stadtzentrum selbst ist sehr bunt mit kleinen Läden und Lokalen.
Hier steht auch die neue Hauptmoschee Abu Bekir, mit saudi-arabischen Geldern in den 1990er-Jahren gebaut.
Wir kommen an einem modernen Denkmal für die Opfer der kommunistischen Diktatur vorbei. Als Klaus mir die englische Inschrift vorliest, antwortet ein Passant: „Jawohl“.
Auch die Bronzestatue der Mutter Teresa ist nicht zu übersehen.
Nun wenden wir uns der katholischen Kathedrale, „dem Leuchtturm des Glaubens“ zu. Als sie im 19. Jhd. gebaut wurde, war sie das größte katholische Gotteshaus auf dem Balkan.
In der kommunistischen Zeit wurde sie als Sporthalle verwendet.
Wir beenden unsere Stadtrundfahrt und kehren zum Campingplatz zurück, der uns wie eine Oase erscheint.
58 km
So, 8. Okt.
Abfahrt in Richtung Südwesten. Ein Schild verkündet uns: VIENE 1202 km- far from home.
Das Hotel „Illyria“ schmückt ein riesiger „antiker“ Streitwagen. In dieser Gegend befand sich einst ILLYRIEN.
Wir kommen an vielen schneeweißen, neuen Moscheen vorbei. Sie haben hübsch verzierte, schmale Minarette. Die wurden natürlich alle erst nach 1991, nach dem Sturz der Kommunisten, gebaut.
Kurz bevor wir das Land verlassen, sehen wir noch einen kleinen Bunker. Davon soll es ja 173.000 im Land geben. Enver Hoxha wähnte sich von Feinden umzingelt, und wollte sein Land vor Invasoren schützen.
Und schon stehen wir wieder an einer Grenze, sehr lila diesmal. Wir kehren nach MONTENEGRO zurück.
Wir planen ja noch einen zweiten Teil „Balkanreise“. Da werden wir uns Albanien genauer widmen. Diesmal war es nur ein kurzer Besuch.
Wir haben den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht - ungefähr auf der Höhe von Rom - und fahren nun auf einer schmalen Straße durchs Hinterland in die Berge, bis uns dann in ca. 500m Tiefe der Skutari-See zu Füßen liegt. Die Straße ist schmal, und bei den Ausweichmanövern geht es oft um Zentimeterarbeit. Klaus’ Autofahrer-Können ist wieder einmal gefragt.
Die gewaltige Aussicht entschädigt für die Mühe. Auf kleinen Inselchen im See soll es Klöster geben. Wir entdecken zwar keines, aber wir können einige Mauerreste und ein paar Häuser ausmachen. Auf jeden Fall nennt sich die Straße zurecht „Panoramic Road“.
Schließlich können wir sogar über den See hinüberschauen und erahnen, wo wir vor zwei Tagen geschlafen haben.
Wir schauen nun zur Brücke von VIRPAZAR hinunter, die nach PODGORICA hinüberführt.
Der See ist hier ganz schmal.
Er ist übrigens völlig unberührt. Es gibt keine Schifffahrt. Aber zu den kleinen Inseln muss es ja doch eine Verbindung geben…
Für kurze Zeit haben wir Gesellschaft. Wir nehmen ein junges Anhalterpaar aus Frankreich mit.
Die „Scenic Road“ endet in einem kleinen Touristendorf. Das „Hotel Pelikan“ erinnert uns daran, dass hier am Skutari-See tatsächlich der nördlichste Punkt der Erde ist, an dem diese Vögel leben.
Beim Mündungsdelta des Flusses Crnojevića verabschieden wir uns vom See und fahren weiter nach Nordwesten.
Noch zwei Kurven bis zum angepeilten Tagesziel, aber die wehren sich. Mehrmaliges Reversieren ist nötig. Die Räder drehen sich durch. Aber Klaus schafft dieses letzte Stückchen auch noch.
Der, von unserem schlauen App empfohlene, Stellplatz entschädigt uns. Wir parken auf einer Anhöhe mit Blick auf den Fluss, das Dorf CRNOJEVIĆA und eine alte Steinbrücke. Neben uns steht das winzige orthodoxe Kloster Sveti Nikola. Ein paar sehr einfache Häuser mit wunderschönen Granatapfelbäumen bilden das Dörfchen OBOD.
Nachdem wir uns häuslich eingerichtet haben erscheint der Abt des Klosters und erklärt uns in bestem Englisch freundlich aber bestimmt, dass dieser Platz nicht zum Kampieren gedacht ist.
Eine Nacht dürfen wir bleiben, meint er schließlich. Da sind wir aber froh. Mehr wollen wir eh nicht.
97 km
Mo, 9. Okt
In der Früh hat es bereit 18°. Kommt jetzt der Sommer?
Beim Hinunterfahren ist höchste Vorsicht geboten, um gut durch die beiden heftigen Kurven zu kommen. Alles geht gut.
Und jetzt hoffen wir auf etwas bessere Straßen. Es geht aber leider weiter einspurig dahin.
Es bieten sich uns tolle Ausblicke in die „schwarzen Berge“. So stellt sich der kleine Maxi MONTENEGRO vor.
CETINJE ist heute unser erstes Ziel. Dahin führt jetzt sogar eine dreispurige Straße, und einen verhältnismäßig großen Supermarkt gibt es auch. Unter anderem will sich Klaus ein köstliches Bier aus NIKŠIĆ kaufen. Das geht nur, wenn man eine leere Flasche bringt, erfahren wir. Und wenn man noch nie eins gekauft hat? Die Verkäuferin bleibt unerbittlich: „Not my rules“, meint sie. Wahrscheinlich vererbt hier der Großvater dem Kind in der Wiege eine Bierflasche.
Da, wo die vielen Reisebusse stehen, sehen wir zum ersten Mal auf dieser Reise aufs Meer hinunter. Die Touristen stehen wie aufgefädelt mit ihren Handys im Anschlag an der Felskante. Klaus reiht sich nahtlos ein.
Die Bucht von BUDVA liegt ca. 700m unter uns. Sie zeigt vor allem vielstöckige Bettenburgen. Auch sonst scheint die Stadt nur aus modernen Hochhäusern zu bestehen. Jeder Zentimeter scheint ausgenützt zu sein. Und es wird weiter gebaut. Auf einer kleinen Halbinsel liegt die kleine Altstadt, die mit einer Mauer umgeben ist.
Es gab hier 1979 ein schweres Erdbeben, das die Stadt fast völlig zerstörte. Das erklärt das moderne Stadtbild. Die Altstadt wurde wieder aufgebaut, wobei man - wo möglich - die alten Steine verwendete.
Wir rauschen auf einer breiten Straße, die dem Berg abgerungen wurde, auf die Stadt zu.
40 Cent investieren wir in einen Parkplatz und packen unsere Räder aus.
Die Altstadt ist malerisch, die Gassen sehr schmal. Viele Touristen - wir auch - wuzeln sich durch. in jedem Haus befindet sich ein kleiner Laden für Souvenirs, Gewand und Delikatessen oder ein Restaurant.
Wir bewundern eine alte Kirche, den Bischofspalast und die Zitadelle.
Im Hafen davor liegen riesige Yachten- wie in Venedig.
BUDVA wird übrigens scherzhaft als der Stadtstrand von Belgrad bezeichnet, obwohl das über 500km entfernt liegt.
Für uns geht es weiter nach KOTOR.
Wir schwitzen. Es hat heute 30°, und das im Oktober.
Hier ist man sehr stolz darauf, dass die Stadt mit 4,5km Ringmauer sogar Dubrovnik ausstechen kann. Die Stadt hier ist um vieles kleiner als die dalmatinische Nachbarstadt, aber ihre Mauern verlaufen zu einem großen Teil weiter oben in den Bergen, um auch vor einem Überraschungsangriff von der Landseite geschützt zu sein. Die Befestigungen wurden niemals gestürmt.
Von einem Parkplatz am Stadtrand radeln wir in bewährter Weise los. In einem kleinen Laden wagt Klaus einen neuen Vorstoß in Richtung Bier- vergebens.
Wieder ist die Altstadt malerisch und wuselig. Neben dem Uhrturm, der mittelalterlichen Kathedrale, die dem uns völlig unbekannten Stadtheiligen Sveti Trifun geweiht ist, sind noch einige Paläste der städtischen Oberschicht aus dem 14. bis 16. Jhd. bemerkenswert. Die wirken fast ein wenig venezianisch.
Auch hier hat das Erdbeben gewütet, und die alten Gebäude wurden wieder aufgebaut.
Wir setzen uns unter den Sonnenschirm eines Restaurants auf dem Hauptplatz und essen Salat. Der Kellner fragt Klaus, ob er ein Flaschenbier oder ein gezapftes möchte. Er will natürlich letzteres. Während wir es genießen, kommt mir die geniale Idee, eine ungeöffnete Flasche des guten Biers zu bestellen. Hurra, wir haben eine „Eintrittskarte“ in den nächsten Supermarkt.
Wir radeln zum Auto zurück und bewundern bei der Weiterfahrt mit dem WoMo den ganzen Stolz des Landes, die Bucht von KOTOR, die sogar Weltkulturerbe ist. Der Fjord mit seinen steilen, hohen Felswänden ist wirklich eindrucksvoll.
Besonders hübsch sind die beiden kleinen Inseln, die dem Städtchen PERAST vorgelagert sind.
Auf der einen liegt der Friedhof des Ortes, die andere ist mit ihrer Kapelle ein bekannter Wallfahrtsort.
Es ist erst früher Nachmittag, daher wir fahren ein Stückchen weiter als geplant.
Um 15h30 reisen wir nach KROATIEN ein, und damit in die EU mit all ihren Segnungen. Besonders genießen wir es, die „Mobilen Daten" unserer Handys wieder einschalten und das Internet nutzen zu können.
Unsere „heilige“ Bierflasche werden wir aufheben. Wir planen ja ohnehin noch einen zweiten Teil "Balkanreise".
Neben den üblichen Olivenbäumen begrüßen uns auffällig viele Zypressen. Diese schönen Bäume werden uns auch heute Nacht beschirmen. Wir haben hier an der südlichsten Spitze des Landes einen hübschen wilden Schlafplatz gefunden.
131 km
Di, 10. Okt.
Diese Nacht hatten wieder einmal einen besonders stimmungsvollen Platz, dessen Stimmung noch deutlich gewonnen hat, weil Klaus wieder einmal mit Arbeitshandschuhen und großem Sack den Müll entfernt hat.
Heute wird es bestimmt wieder heiß. Es ist 10h, und es hat bereits 22°.
Auf der Weiterfahrt fällt uns auf, dass Kroatien reicher ist, als Albanien und Montenegro. Die Häuser und Gärten sind sehr gepflegt.
Pinien und Zypressen lassen uns ein wenig an die Toskana denken.
Die „Scenic Road“ bietet wunderbare Ausblicke aufs Meer, bis schließlich, ganz unverkennbar, die Halbinsel von DUBROVNIK vor uns auftaucht.
Ein riesiges Kreuzfahrtschiff „parkt“ davor. Die „Kreuzfahrer“ steigen in Reisebusse um und machen Ausflüge. Schließlich ergießen sie sich in die Altstadt.
Das haben wir auch vor. Als Stellplatz für den Tag empfiehlt uns unser schlaues App den Parkplatz vom Konzum-Market. Der Weg dorthin ist eng und verwinkelt. Der Fahrer Klaus kann einmal mehr sein Können zeigen.
Und wieder bewähren sich unsere Räder mit „Düsenantrieb“. Die Anfahrt zum Sightseeing wäre sonst viel zu weit und steil für uns.
Vor dem östlichen Stadttor stellen wir die Klappis ab und versperren sie gut.
Sveti Vlaho, der Stadtheilige, der alle Stadttore bewacht, begrüßt uns.
DUBROVNIK, das bis 1918 RAGUSA hieß, wurden von den Arabern, den Mazedoniern und schließlich von Venedig belagert. Die Befestigungsanlagen hielten, aber mit geschickter Diplomatie erreichte die Republik noch mehr.
Der Papst erteilte ihr schließlich die Erlaubnis mit den Ungläubigen - dem Osmanischen Reich - Handel zu treiben. Zwischen dem 15. und dem 17. Jhd. blühte diese Geschäftsbeziehung.
Um besser expandieren zu können, war bereits im 12. Jhd. der Graben zugeschüttet worden, der die Insel Lausa vom Festland getrennt hatte. An seiner Stelle war die heutige Prachtstraße Placa, von den Einheimischen Stradun genannt, entstanden.
Ab dem 16. Jhd. begann schleichend der Niedergang. Man versäumte es, rechtzeitig in modernere Schiffe zu investieren. Franzosen, Engländer und Niederländer hatten nun die Nase vorn.
Hinzu kam das große Erdbeben um 1667, das fast die ganz Stadt verwüstete. Ein ganzes Jahrhundert dauerte es, ums sich davon zu erholen.
Napoleon machte dem Stadtstaat am Anfang des 19. Jhd. schließlich den Garaus.
Nach dem Wiener Kongress fiel Dubrovnik an Österreich.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte es zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen- SHS und nach dem Zweiten Weltkrieg zu Jugoslawien.
Im Krieg von1991-95 stand DUBROVNIK unter schwerem Beschuss. Es gab auch in der Altstadt viele Tote, und die Schäden der Zerstörung gingen in die Milliarden.
Heute blüht der Tourismus mehr denn je, wovon wir uns überzeugen können.
Wir spazieren inmitten Toristengewusel über die Placa bis zum prachtvollen Rektorenpalast mit dem hohen Uhrturm, vorbei an alten Kirchen und Palästen, deren Baustiel uns sehr venezianisch angehaucht erscheint.
Die Rolandstatue wird gerade restauriert.
Die Seitengassen sind extrem schmal und steil.
Natürlich gibt es zahlreiche Restaurants und Souvenirläden. Dazu kommen hier noch „offizielle Merchadize“-Läden für „Game of Thrones“-Fanartikel. Die Stadt war ja Drehort für die Serie und stellte die Hauptstadt „Kings Landing“ dar.
Auf dem Luža-Platz ist Markttag. Die bunten Stände bieten gute Fotomotive.
Um etwas Schatten zu bekommen, biegen wir auch in immer wieder in Nebengassen ab. Hier sind die Hintereingänge der Läden und Lokale und wesentlich weniger Touristen.
Es scheinen sogar „ganz normale Leute“ da zu wohnen. Wir entdecken auch eine Schule.
Auf keinen Fall wollen wir den Rundgang auf der ca. 2km langen Stadtmauer versäumen, obwohl dafür der stolze Preis von € 35,00 pro Person verlangt wird.
Für die tollen Ausblicke auf das Meer und das rote Dächermeer der Stadt lohnt sich das aber allemal. Es ist wohl nicht erlaubt, dass sich irgendjemand eine andere Farbe für sein Dach einfallen lässt.
Einige Kirchtürme ragen daraus empor und auch die Kuppel des Doms Velika Gospa, einer Stiftung von Richard Löwenherz.
Auf vielen Dachgärten grünt und blüht es üppig. Wir entdecken hier oben sogar einen Sportplatz.
Nachdem wir wieder von der Mauer heruntergestiegen sind, haben wir Hunger. Klaus ist nach Pizza. Wahrscheinlich, weil wir uns hier vorkommen, wie in Italien.
In einem der Restaurants lassen wir uns also kulinarisch verwöhnen.
Erfreulicherweise finden wir nach dem Verlassen der Altstadt unsere Fahrräder unversehrt vor, und radeln mit Unterstützung unserer Raketen zum WoMo zurück.
Wir sind froh, dem Gewühl wieder entkommen zu sein und fahren weiter, die wunderschöne dalmatinische Küste entlang nach Nordwesten. Immer wieder sind bewaldete Inseln vorgelagert. Das Meer glitzert.
Nach ca. 40km erreichen wir in SLANO den Gratis-Stellplatz, den wir uns für heute nacht ausgesucht haben. Hier stehen wir ganz allein am Rand einer Nebenstraße bei einem Trafohäuschen.
Laut Park4Night könnten wir hier Besuch von Wildschweinen bekommen. „Hoffentlich“ meint Klaus.
Tatsächlich hören wir am späten Abend ein verdächtiges Grunzen. Es ist stockdunkel, und unsere Taschenlampen reichen nicht aus, um etwas zu sehen. Wir versuchen es mit den Scheinwerfern, aber leider erfolglos. Hinaus trauen wir uns heute nicht mehr.
94 km
Mi, 11. Okt
Wir haben ungeachtet dessen, was sich nächtens vor unserer Tür abgespielt haben mag, friedlich geschlafen.
Es wird Zeit, wieder unsere „Mobilen Daten“ auszuschalten, denn wir werden das Land bald wieder verlassen.
Das Wetter ist, wie gewohnt, strahlend, und die Ausblicke aufs Meer sind wunderschön.
Der Grenzübergang nach BOSNIEN UND HERZEGOWINA ist wenig frequentiert. Wieder bekommen wir einen Stempel. Auf dieser Reise haben wir schon viele gesammelt.
Wir fahren jetzt durch eine bergige, steinige Karstlandschaft. Das hat auch seinen Reiz. Allerdings macht es hier den Eindruck, dass es selbst den Dornbüschen, die ja einiges gewohnt sind, zu trocken ist.
Für einige Kilometer durchqueren wir einen Zipfel der REPUBLIK SRBSKA, was durch Fahnen angezeigt wird.
An einer Tankstelle verbraten wir unser letztes bosnisches Bargeld.
Unser Ziel ist die Buna-Quelle. Bei dieser typischen Karst-Quelle sprudelt das Wasser aus einer höhlenähnlichen Felsenöffnung. Der Fluss Buna ist sofort ziemlich breit aber sehr flach. Er hat zahlreiche kleine Wasserfälle, die früher Mühlräder antrieben.
Das weiße ehemalige Derwischkloster aus dem 15./ 16. Jhd, das bis 1952 bestand, wirkt wie an den Felsen geklebt.
Mit Tüchern umwickelt dürfen wir es betreten. Für die damaligen Verhältnisse war es luxuriös ausgestattet, mit hauseigener Mühle, Bad, Fußbodenheizung und Teppichen.
Zahlreiche Souvenierläden und Restaurants säumen den Anmarschweg hierher.
Nun wartet einer der nächsten Höhepunkte dieser Reise auf uns, MOSTAR, die Hauptstadt der HERZEGOWINA.
Unser heutiger Stellplatz ist der Parkplatz eines kleinen Hotels. Für die Nacht ohne jeden Service bezahlen wir € 15,00. Das ist für diesen touristischen Hotspot vergleichsweise wohlfeil.
Wir verbringen hier einen entspannten Nachmittag.
Außerdem können wir gratis mehrstimmige Muezzin-Gesänge genießen. Einer der Lautsprecher der benachbarten Moschee ist direkt auf uns gerichtet.
Am Abend machen wir uns zu Fuß auf in die Altstadt.
Dabei entdecken wir ein Lokal, das vegane Speisen anbietet. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Nachdem „der Imam vor Entzücken in Ohnmacht gefallen“ ist - das ist die Übersetzung des Gerichts "Imam Bayildi" - spazieren wir zur berühmten Stari Most, der alten Brücke über die Neretva. Ihr hoher halbkreisförmiger Bogen überspannt den Fluss.
Leider wurde das Meisterwerk osmanischer Ingenieurskunst 1993 im Bosnienkrieg, bei dem tausende Menschen ums Leben kamen oder fliehen mussten, völlig zerstört. Bis dahin hatte sie 427 Jahre den Brückenschlag zwischen Christentum und Islam symbolisiert.
Die Brücke ist zwar wieder aufgebaut worden, aber ihr altes Flair hat sie verloren. Sie sieht so „abgeschleckt“ aus.
Seit diesem Krieg ist MOSTAR eine geteilte Stadt, wenn auch ohne sichtbare Mauer.
Im Westen der Stadt leben fast ausschließlich bosnische Kroaten, im Osten Bosniaken. Es gibt zwei Schulsysteme, zwei Busbahnhöfe, zwei Verwaltungen, zwei Universitäten.
Bei unserem Rundgang entdecken wir einige völlig zerschossenen Gebäude mit leeren Festerhöhlen, aus denen Bäume herauswachsen. Vielleicht sind sie absichtlich als Mahnmale stehen geblieben. Ein paar Meter weiter wuseln Touristen an den unvermeidlichen Ramsch- und Fressstandeln vorbei.
Im Juli findet in Mostar übrigens jedes Jahr das internationale Brückenspringen statt. Das hat seit Jahrhunderten Tradition, mindestens seit 1664.
115 km
Do, 12. Okt.
Nachdem wir uns von unserem Nachbarn, einem jungen Mann aus Deutschland mit eigenhändig umgebautem Feuerwehrauto verabschiedet haben, geht es für uns weiter nach Norden.
Die Straße schraubt sich in die Berge hinauf, und von oben erkennt man deutlich, dass MOSTAR in einem regelrechten Talkessel liegt.
Wir erreichen bald eine fruchtbare Ebene zwischen den Berghängen des Dinarischen Gebirges und scheinen in einer tief kroatischen Gegend zu sein. Überall hängen kroatische Fahnen herum, obwohl wir die Grenze ja noch gar nicht überschritten haben.
Im Laufe des Vormittags kehren wir dann - endgültig für diese Reise - in den Schoß der EU zurück-nach KROATIEN.
Unsere „Mobilen Daten“ sind wieder offen, es gibt Mistkübel für verschiedene Wertstoffe und Supermärkte aller bei uns bekannten Marken.
An unserem heutigen Tagesziel, in MAKARSKA am Meer, kommen wir bereits zu Mittag an. Der Campingplatz scheint ganz neu zu sein, blitzsauber und gepflegt.
Wir machen es uns gemütlich und genießen unseren „Urlaubstag“.
100 km
Fr, 13. Okt.
Wieder fahren wir auf guten Straßen durch eine wunderschöne Landschaft- die Berge, das Meer. Die Ortschaften wirken gepflegt. Kein Wunder, dass KROATIEN so ein beliebtes Urlaubsland ist.
Heute freuen wir uns besonders auf SPLIT.
Wir müssen recht lange durch Vororte und nicht so schöne Stadtteile fahren, ehe wir in die Nähe der Altstadt kommen. Wieder leisten uns unsere Klappis gute Dienste für die „last mile“.
Der römische Kaiser Diokletian hat sich dieses schöne Fleckchen Erde für seinen Ruhestand ausgesucht und ließ hier zu Beginn der 4. Jhd. seinen repräsentativen Alterssitz erbauen. Er maß 215m x 180m. An den Ecken standen hohe Türme, und an jeder Seite gab es ein Tor. Er war eine Mischung aus römischer Villa und Festungsanlage. Das architektonische Zentrum bildet das Peristyl. Hier hielt der Kaiser Audienz und empfing unter freiem Himmel Besucher.
Nach der Römerzeit wurde die Bauten zu einer bewohnten Festung umgewandelt.
Die heutige Altstadt - sie ist UNESCO-Kulturerbe - stellt ein Kuriosum dar. Sie entstand um die Reste des ehemaligen Palastes herum. Zahlreiche Gebäude oder bautechnische Veränderungen aus unterschiedlichen Epochen zeugen von der lebhaften Geschichte der Stadt.
Man findet romanische und gotische Kirchen, Renaissancepaläste und Barockfassaden.
Trotz der vielfältigen kulturellen Einflüsse über die Jahrtausende sind die antiken Relikte erstaunlich gut erhalten.
Die achteckige Domnius-Kathedrale war ursprünglich das Mausoleum Diokletians. Im 7. Jhd. wurde es zur Kirche geweiht, und im 13. zur Kathedrale umgestaltet. Der Glockenturm - eine Mischung aus Gotik und Renaissance - stammt aus dem 15. Jhd. Den Hl. Dominus, den späteren Schutzheiligen der Stadt, hatte der Kaiser im Zuge seiner brutalen Christenverfolgung hinrichten lassen. Heute sind es die Gebeine des Heiligen, die hier ruhen.
Wir beginnen unseren Rundgang beim Silbertor und fühlen uns gleich wie in einem Freilichtmuseum. Junge „alte Römer“ in Legionärsuniform stehen für Fotos zur Verfügung.
Wir spazieren durch die verwinkelten Gassen mit Privatwohnungen und natürlich den unvermeidlichen Läden und Lokalen zum schmucklosen Bronzetor und schließlich zum verzierten Goldenen Tor, das so heißt, weil es den Splitern schon immer am besten gefallen hat.
Kein Wunder, dass auch in dieser Stadt einige Szenen für „Game of Thrones“ gedreht wurden.
Natürlich kommen wir auch nicht an der monumentalen Statue des Bischofs Grgur Ninski vorbei, der um 900 wirkte. Er droht uns mit seinem spitzen Finger.
Wir verabschieden uns von der ungewöhnlichen und beeindruckenden Stadt und setzenden unsere Reise nach Nordwesten fort.
Das nächste UNESCO-Kulturerbe wollen wir uns auch nicht entgehen lassen: TROGIR.
Die Altstadt liegt auf einer künstlich angelegten Insel. Das mittelalterliche Erscheinungsbild wird zwar ein wenig durch Souvenir-Ramsch und Sonnenschirme getrübt, aber dennoch wirkt alles sehr malerisch.
Bei der Weiterfahrt werfen wir im Vorbeifahren einen kurzen Blick auf die Halbinsel PRIMOŠTEN, in der es auch eine Altstadt gibt. Das weithin sichtbare Monument der schwarzen Madonna auf einem Berg kann man nicht übersehen.
Nun suchen wir nur noch einen Platz für die Nacht. Wir finden einen der schönsten Schlafplätze dieser Reise. Der Gratis-Stellplatz in ŽABORIĆ, im Ortsteil JASENOVO liegt direkt am Meer und lädt zum Baden ein. Wir stehen unter Pinien, einige Boote schaukeln im Wasser- richtig idyllisch.
Der romantische Sonnenuntergang setzt noch eins drauf.
151 km
Sa, 14. Okt.
Laut Wetterbericht ist heute der letzte sommerlich warme Tag zu erwarten.
Den wollen wir nützen, um uns die Krka Wasserfälle anzuschauen.
1985 wurde das Flussgebiet der Krka zum Nationalpark erklärt, dessen Besuch kostenpflichtig ist.
Man darf nicht mit dem eigenen Auto hineinfahren. Entweder man geht zu Fuß oder man nimmt den Shuttlebus. Wir entscheiden uns für eine kleine Wanderung.
Zuerst geht es auf einem breiten Wege zum Fluss hinunter. Dann wandern wir über Holzstege durch eine nahezu unberührte Flusslandschaft und einen regelrechten Urwald, vorbei an vielen kleinen und einigen großen verzweigten Wasserfällen. Über mehrere Geländestufen führt unser Weg.
Wir sind hier auch in einem der wertvollsten Biotope Europas, das für seine Artenvielfalt bekannt ist.
Überall blühen die Zyklamen. Wir sehen ganze Teppiche davon.
In der vorindustriellen Zeit gab es hier auch Wassermühlen. Man kann noch einige Reste entdecken.
Es tut gut, uns zur Abwechslung einmal in der Natur und nicht nur zwischen historischen Steinen zu bewegen.
Wieder ist es recht heiß geworden, und so trifft es sich für uns gut, dass der Shuttlebus, hinauf zum Parkplatz, gerade losfahren will. Kurz entschlossen steigen wir noch ein.
Zurück im WoMo stellen wir fest, dass wir alles „abgehakt“ haben, was wir auf dieser Reise sehen wollten. Es bleibt uns eigentlich nur noch die gemütliche Heimreise.
Wir werfen uns auf die Autobahn und schrauben uns in riesigen Serpentinen über das Dinarische Gebirge, nebenbei können wir noch letzte Blicke auf das Meer erhaschen. Von beiden müssen wir uns verabschieden.
Die Fahrt geht nach Nordwesten bis GOSPIĆ. Hier finden wir einen Stellplatz für die Nacht in der Nähe eines Supermarkts.
184 km
So, 15. Okt.
Waschenregen seit 3h früh und es hat stark abgekühlt.
Wir kramen Unterleiberl, lange Hosen, Socken und Jacken hervor.
Die ganze Welt hat sich verändert. Es ist auf einmal Herbst geworden. Die Bäume sind jetzt plötzlich bunt.
Bis gestern hatten wir gefühlt Hochsommer.
Wir rollen gemütlich dahin. Erst ab ZAGREB fahren wir auf die Autobahn.
Am Nachmittag reisen wir in SLOWENIEN ein. Das ist jetzt das sechste und letzte Land, das wir auf dieser Reise besuchen.
Nach diesem Regentag übernachten wir auf dem Parkplatz eines Botanischen Gartens in RAZVANJE in der Nähe von MARIBOR.
300 km
Mo, 16. Okt.
Eine kalte Nacht, die warmen Himalaya-Gewänder und alle Decken kamen zum Einsatz.
Das passt jetzt wirklich gut, dass es heimzu geht.
Die Nebel hängen tief.
Nachdem wir die Drau überquert haben, haben wir zugleich den BALKAN verlassen.
Bewegt und betroffen nehmen wir Abschied.
Das, was Leo Trotzki (1879-1940) bereits am Anfang des 20. Jhd. geschrieben hat - er erlebte damals als Korrespondent die verheerenden Balkankriege 1912/13 mit - ist immer noch gültig: „Diese außergewöhnliche Halbinsel - von der Natur so verwöhnt und von der Geschichte so zugerichtet.“
Bis heute gibt es Spannungen und tiefe Zerwürfnisse.
Ich summe das Lied von John Lennon vor mich hin:
Imagine there’s no countries
It isn`t hard to do
Nothing to kill or die for
And no religion too_
Wir haben nun noch die letzte Grenze dieser Reise passieret, die nach ÖSTERREICH.
277 km
Gesamtkilometer: 2593 km